Königslutter. Bekannte Gesichter, die täglich für Kinder, Pflegebedürftige und Senioren kochen, vertraute Teams aus Kollegen, in Kleinküchen organisiert, die frische Zutaten aus regionalem Anbau verwenden: Alles nur Wunschvorstellung? Quasi zu schön, um wahr oder wenigstens zukunftsfähig zu sein?
Die Anforderungen an die Verpflegung in Pflegeeinrichtungen hätten sich in den vergangenen Jahren stark verändert, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Arbeiterwohlfahrt (AWO), selbst Träger von diversen dieser Einrichtungen im Landkreis Helmstedt. „KulinAWO“, das bisher für die Verpflegung zuständige Tochterunternehmen des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig und der „Apetito Catering“ aus Herne, könne den Anforderungen auf Dauer nicht mehr gerecht werden, erklären die Verantwortlichen, eine neue Struktur müsse her. Sprich: Die Belieferung (zu)vor-gefertigter Menüs soll künftig aus einem durchorganisierten Verteilerzentrum erfolgen.
Etwa 120 Arbeitsplätze werden wegfallen
Schließlich, so die Begründung, habe man nicht nur die Versorgung der Bewohnenden in den Einrichtungen zu gewährleisten, auch Ernährungsstandards müss-ten umgesetzt, die Mitarbeitenden entlastet und gleichzeitig wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Nicht einfach in einem Arbeitsumfeld, das sich durch Fachkräftemangel und demografischen Wandel ohnehin zunehmend herausgefordert sieht. Die Konsequenz: Etwa 120 von derzeit 270 Arbeitsplätzen bei der „KulinAWO“ im AWO-Bezirksverband Braunschweig werden voraussichtlich bis zum Ende des zweiten Quartals 2026 wegfallen. Grund ist die sich abzeichnende Schließung von insgesamt elf kleineren Küchen in Wohn- und Pflegeheimen. Betroffen davon, sagt ein Insider, sollen Einrichtungen in Braunschweig, Helmstedt, Königslutter, Wolfsburg, Vechelde, Salzgitter und Goslar sein. Essen erhalten die Bewohnenden dieser Einrichtungen sowie 29 Kitas in der Region dann künftig aus einer Apetito-Großküche.
„Notwendige Umstrukturierung“
Mehr als hundert Personen droht durch diese Umstrukturierung die Arbeitslosigkeit, 120 Jobs immerhin sollen in einem neuen Verteil- und Logistikzentrum in Braunschweig entstehen und somit für die derzeitigen Mitarbeitenden von KulinAWO „gerettet“ werden. „Damit übernehmen wir Verantwortung, auch in den kommenden Jahren eine verlässliche und qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellen zu können sowie weiterhin ein verlässlicher Arbeitgeber in der Region zu bleiben“, sagt „KulinAWO“-Geschäftsführer Maic Lindner. Die neue Struktur werde dafür sorgen, „dass individuelle Ernährungsbedürfnisse, Unverträglichkeiten sowie veränderte Essgewohnheiten besser berücksichtigt werden können und die Abläufe effizienter“ werden. Das klingt gut, doch wie sieht es mit den Kündigungen aus, fragen sich Beschäftigte und wie mit den künftigen Arbeitsbedingungen und der Qualität der Versorgung?
Sorge um die Zukunft groß
Alles solle so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden, verspricht die AWO und sichert den betroffenen Mitarbeitenden Unterstützung zu, entweder in Form interner Beschäftigungsmöglichkeiten oder durch „Beratung bezüglich anderer Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt“. Eine Alternative zur geplanten Umstrukturierung sieht man jedoch nicht. „Die KulinAWO will und muss diesen Wandel aktiv mitgestalten, um auch in Zukunft sicher im Markt agieren zu können“, erklärt Lindner. Der Belegschaft der betroffenen Kleinküchen ist die geplante Veränderung nach dem HELMSTEDSTER SONNTAG vorliegenden Informationen Mitte Oktober schriftlich mitgeteilt worden. Ausgleichsgespräche mit dem Betriebsrat haben Anfang November stattgefunden; bei nicht Wenigen der Beschäftigten der „KulinAWO“ ist die Sorge vor der Zukunft groß. Hinter jeder Kündigung, schreibt eine auf Wunsch anonyme Quelle, stünden „Familien, die auf das Einkommen angewiesen sind“.
Kathrin Peter-Sohr
Als Freie Redakteurin bereichert Kathrin Peter-Sohr das Team des HELMSTEDTER SONNTAG nicht nur schreibend, sondern zugleich "(be)lehrend": Als Volontärin eines früheren Helmstedter Anzeigenblattes zog sie aus in die große weite Welt. Nach über 20 Jahren als Lehrerin in Hamburg kehrte sie nun zu ihren beruflichen Wurzeln zurück nach Helmstedt. Sie erweckt sogar trockene Themen zu Leben und kennt sich mit Verwaltungsdeutsch bestens aus.
