Königslutter. Stadtrat beschließt den Haushalt 2026 und für eine Testphase die „nette“ Toilette.

Königslutter. Wer bei der Sitzung des Rates der Stadt Königslutter am Donnerstag erbitterte Diskussionen oder gar einen „Haushaltskrimi“ mit geheimer Abstimmung à la 2023 erwartet hatte, der sah sich getäuscht. Trotz spitzer und spitzzüngiger, Pfeile, die, begleitet von empörtem Kopfschütteln, zwischen den Fraktionen hin und her flogen, wurde gleichzeitig die grundsätzliche und fraktionsübergreifende Zustimmungsbereitschaft zum aktuellen Etat deutlich. Ob sich darin in Hinblick auf die kommenden Kommunalwahlen bereits eine Art „demokratischer Vernunftsehe“ abzeichnete, wie ein Zuschauender vermutete, oder ob die Abgeordneten der Domstadt ihr Pulver bereits bei den vorangegangenen Diskussionen über die Erhöhung der Gewerbesteuer und die Einführung des Konzepts der „Netten Toilette“ aufgebraucht hatten, das sei einmal dahingestellt. 

Haushaltsdefizit von 8 Millionen Euro

Im Resultat jedenfalls konnte sich der mehrfach modifizierte Verwaltungsentwurf im Rat der Domstadt mit 21 Ja-Stimmen, vier Enthaltungen und großem Lob in Richtung des neuen Kämmerers, Marvin Jenkner, durchsetzen. Zehn Prozent Einsparungen sind seit dem ersten Entwurf gelungen und das bedeute immerhin „die Sieben vor dem Minus“, im Klartext also ein Haushaltsdefizit von insgesamt „nur“ knapp acht Millionen Euro.  Schön sei das nicht, da waren sich die Fraktionen einig, aber auch darin, dass es, „besser wird‘s nicht“, angesichts anstehender Herausforderungen und der gemeinsamen Verantwortung, wenig Möglichkeiten gebe, etwas Wesentliches daran zu ändern. Oppositionsführer Marc Schneider betonte in seiner Haushaltsrede die konstruktiven Beratungen in den vorangegangenen Ausschusssitzungen und sah darin gar ein „Licht am Ende des Tunnels“ kommunalpolitischer Differenzen der vergangenen Jahre. 

„Geldverschwendung für Hypothetisches“

Überraschend versöhnliche Töne, nachdem zuvor, wie auch schon im Finanzausschuss, der Streitpunkt Gewerbesteuer die Wogen hatte hochschlagen lassen (wir berichteten). Eine Politik, die auf Unterstützung durch die Bedarfszulage des Landes spekuliere, warf die Opposition der SPD vor. „Geldverschwendung für Hypothetisches“, hatte zuvor schon Mike Hartung von der UWG dem Antrag der SPD bescheinigt, in der Domstadt das Konzept der „netten Toilette“ umsetzen zu wollen, ein Konzept, das die Schließung der derzeit betriebenen WC-Anlagen außerhalb von Stadtfesten vorsieht. Stattdessen sollen, so die Beschlussvorlage, künftig interessierte Geschäftsbetriebe ihre hauseigenen stillen Örtchen gegen eine von der Stadt übernommene Gebühr für die entstehende Mehrkosten zur allgemeinen Benutzung freigeben. Das ist für die defizitäre Kasse, so viel steht fest, deutlich günstiger als die Instandhaltung der bisherigen, oft defekten und durch Vandalismus beschädigten Anlagen.

„Nette Toilette“ kommt in die Domstadt

Den Weg zu den „netten Toiletten“, denn der Rat stimmte der Idee mit knapper Mehrheit zu, finden Stadtbesuchende mit Hilfe einer App oder entsprechender Aufkleber an den Türen der bislang vier teilnahmewilligen Betriebe. „Viel Lärm ums stille Örtchen“, ärgerte sich ein zuhörender Einwohner im Gespräch, zeigte sich aber gleichzeitig erfreut über die „verantwortungsvolle Vernunftsentscheidung“ zum Haushalt 2026. 

Kathrin Peter-Sohr
+ posts

Als Freie Redakteurin bereichert Kathrin Peter-Sohr das Team des HELMSTEDTER SONNTAG nicht nur schreibend, sondern zugleich "(be)lehrend": Als Volontärin eines früheren Helmstedter Anzeigenblattes zog sie aus in die große weite Welt. Nach über 20 Jahren als Lehrerin in Hamburg kehrte sie nun zu ihren beruflichen Wurzeln zurück nach Helmstedt. Sie erweckt sogar trockene Themen zu Leben und kennt sich mit Verwaltungsdeutsch bestens aus.