Helmstedt. Sehr gut besucht war der Helmstedter Marktplatz zur Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am 1. Mai 2019. Hauptredner war VW-Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh.
Osterloh hielt vor mehreren hundert Zuhörern die Hauptrede der Maiveranstaltung. Die immer stärkere Digitalisierung der Industrie darf nach Ansicht des VW-Betriebsratsvorsitzenden nicht zu pauschalen Stellenkürzungen in den Betrieben führen. „Die Transformation kann nur zusammen mit den Belegschaften gelingen. Darum müssen die Unternehmen mehr in Aus- und Weiterbildung investieren, damit die Kollegen diesen Weg mitgehen können“, sagte Osterloh in Helmstedt.
Der VW-Betriebsratsvorsitzende machte klar, dass Personalanpassungen nur sozialverträglich stattfinden dürfen: „Betriebsräte und IG Metall sehen genau hin, wie die Industrie diese großen Herausforderungen umsetzt. Wenn Vorstände diese Veränderungen zu einem planlosen Personalabbau missbrauchen wollen, müssen sie mit dem entschlossenen Widerstand von uns Metallerinnen und Metallern rechnen.“
Die Jahrgänge 1962 und 1963 gehen auf die Rente zu
Osterloh erinnerte daran, dass die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer auf die Rente zugehen und es so eine gute Chance zu sozialverträglichen Lösungen gebe.
Zur aktuellen Situation bei Volkswagen sagte der Betriebsratsvorsitzende: „Für uns gilt ganz klar: Eine Stelle fällt nur weg, wenn auch die Arbeit wegfällt. Das Unternehmen muss nachweisen, dass tatsächlich die bisherige Tätigkeit entfällt, damit ein Arbeitsplatz nicht wiederbesetzt wird. Solange das nicht der Fall ist, wird jede Stelle nachbesetzt, sonst gibt es von uns keine Mehrarbeit mehr genehmigt.“
Osterloh äußerte sich in der Mairede auch zu Europawahl am 26. Mai: „Für uns als Beschäftigte bedeutete Europa in den vergangenen 70 Jahren Frieden, Wachstum und Wohlstand. Dieses Wachstum und dieser Wohlstand setzten jedoch leistungsfähige Industrien voraus.“
„Die Industrie in Europa muss wieder zu einem Motor für positiven sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandel werden“, sagte er.
In diesem Zusammenhang fordert Osterloh erneut die Unterstützung der Europäischen Kommission und der Bundesregierung beim Bau einer Zellfertigung im VW-Werk Salzgitter. „Denn sonst bekommen wir dort ein Beschäftigungsproblem, für das bisher keiner eine andere Lösung kennt“, sagte der Vorsitzende des Konzern- und Gesamtbetriebsrats von Volkswagen.
„Europa. Jetzt aber richtig!“
Europa war auch das Motto der diesjährigen Maikundgebungen in ganz Deutschland. Zum Tag der Arbeit rief der Deutsche Gewerkschaftsbund dazu auf, die EU sozialverträglicher zu gestalten, sie auf jeden Fall zu erhalten und zu stärken. Die Menschen müssten im Mittelpunkt der Europapolitik stehen, sagte deshalb auch Helmstedts DGB-Kreisvorsitzender Michael Franke. Es müsse europaweite Standards für gute Arbeitsbedingungen geben, bei denen Frauen und Männer völlig gleichberechtigt sind.
Zusammen mit Helmstedts Bürgermeister Wittich Schobert, der ebenfalls eine Ansprache hielt, sowie Bernd Osterloh rief Michael Franke dazu auf, an der Europawahl teilzunehmen und dafür zu werben, demokratisch wählen zu gehen am 26. Mai 2019.
Buntes Familienfest im Anschluss
Nach den traditionellen Reden startete das bunte Familien- und Kulturfest des DGB auf dem Helmstedter Marktplatz. Es gab Aktionen für Kinder, Infostände, Speisen und Getränke sowie Livemusik der „Freight Train Hobos“, sodass es ein gelungener, sonniger Feiertag war.
Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.