Königslutter. Kunst über Sichtbarkeit, mentale Gesundheit und queeres Leben wurde gezeigt.

Königslutter. Kunst lebt vom Austausch, und genau dieser stand im Mittelpunkt der Ausstellungseröffnung im inklusiven Café an der Stadtmauer, dem C‘est Lavie in Königslutter. Zwar waren nur wenige der beteiligten Künstler und Künstlerinnen persönlich vor Ort, doch sie nutzten die Gelegenheit, um mit den rund zwei Dutzend Gästen ins Gespräch zu kommen. Eine kurze Lesung zur Eröffnung verlieh der Ausstellung einen sehr persönlichen Auftakt. Die Initiatoren – die Lavie Reha sowie der Verein für gemeindenahe sozialpsychiatrische Hilfen/Der Weg – hatten die Ausstellungseröffnung veranstaltet unter dem Titel ,Bunt statt Grau – Kollektive Kunst über Sichtbarkeit, mentale Gesundheit und queeres Leben‘. 

Werke lassen Raum für Interpretationen

Die großformatigen Bilder waren beim Umzug zum Christopher Street Day in Braunschweig als Gemeinschaftsarbeit entstanden. „Verschiedene Mitwirkende haben sich beteiligt“, erklärte Mitinitiatorin Kim Winkler (Lavie). Eine schöne Idee, ohne Frage. Diese Werke sind inhaltlich offen gestaltet und lassen viel Raum für Interpretationen, einige wirken dadurch aber auch etwas unfertig. Auf dem Schlossplatz in Braunschweig hatten Besucher und Besucherinnen des Christopher Street Day die Möglichkeit mitzugestalten. Die Kunstwerke sind dadurch bunt gemischt, innerhalb jedes Werkes eröffnen sich spannende Perspektiven, die auf den ersten Blick nicht gleich erkennbar sind. Wesentlich strukturierter präsentieren sich die kleineren Formate. Diese Werke stammen aus der Queeren Art Night und wurden jeweils von einer Person gefertigt.

Dem queeren Leben Raum geben

Dabei ragte die Darstellung eines zersprungenen Spiegels heraus, dessen Rahmen leer ist. Die Scherben liegen drumherum – auf jeder ist ein Teil des Gesichtes, aber auch ein Teil der Erinnerung, vielleicht auch der Werte haften geblieben. Ein Bild, so will es scheinen, das die Zerrissenheit der Persönlichkeit zum Thema hat. Natürlich wirkt der Großteil der Bilder amateurhaft, aber im besten Sinne. Die Motive sind anrührend, wirken ehrlich und sind durchweg liebevoll gestaltet. Die Grundforderung bei vielen: Man solle dem queeren Leben Raum geben. ,Respect Existance or Expect Resistance‘ heißt es an einer Stelle: Die Mainstream-Bevölkerung solle die Existenz anderer respektieren oder mit Widerstand rechnen. Einen Blick in ihr Innerstes gewährte auch die Künstlerin Krah, die aus eigenen Werken las. „Wir fühlen uns von uns selbst betrogen“, hieß es an einer Stelle. Krah berichtete von Ängsten und von Störungen. „Krankheiten haben die Menschen im Griff.“ Gleichwohl lieferte sie ein Plädoyer für Offenheit, Toleranz und – für die Kontaktaufnahme: „Manchmal besteht die Gefahr, dass wir mit dem Leben abrechnen, dass wir es abbrechen. Dann musst Du ganz besonders behutsam mit uns umgehen.“ Langer, herzlicher Applaus war der Lohn für ihren Vortrag. 

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