Helmstedt. Mit einer beeindruckenden Protestaktion wurde am Montag, 15. April 2019, ein Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Helmstedter Rathaus unterzeichnet, der sich für Gleichberechtigung im Strukturwandel stark macht.
Hier der Brief von voller Länge, einschließlich aller „offiziellen“ Unterzeichner:
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,
die Menschen im Helmstedter Braunkohlerevier bitten Sie und die Bundesregierung um Hilfe und Unterstützung in einer entscheidenden Phase des Strukturwandels.
Das durch die Braunkohlewirtschaft geprägte Helmstedter Revier ist durch die Einstellung der Braunkohleförderung und -verstromung in besonderer Weise betroffen. Was in den anderen vom schrittweisen Kohleausstieg betroffenen Regionen durch die Vorschläge der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ verhindert werden soll, ist hier bereits eingetreten.
Durch den Verlust der unmittelbar und mittelbar von der Braunkohle abhängigen Arbeitsplätze liegt die Wirtschaftskraft des Landkreises Helmstedt nur noch bei knapp 50 Prozent des Bundesdurchschnittes. Die Gewerbesteuereinnahmen sind sogar auf nur noch 35 Prozent des Bundesdurchschnittes gesunken. Viele Menschen wandern aus dem Revier in die benachbarten Oberzentren ab, weil sie hier keine Zukunft mehr sehen. Den betroffenen Kommunen ist jegliche Gestaltungskraft genommen, zumal sie die Kofinanzierungsmittel für klassische Förderprogramme nicht aufbringen können. Die Folgelasten in der vom Braunkohletagebau geprägten Landschaft übersteigen unsere Kräfte.
Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat in ihrem Abschlussbericht deshalb das Helmstedter Revier aus guten Gründen in den Kreis der vier betroffenen Reviere aufgenommen und gefordert, dass in allen Revieren Strukturbrüche sowie soziale und demographische Verwerfungen für die Menschen vor Ort dringend vermieden werden müssen. Vorschläge für Sofortmaßnahmen sowie mittel- und langfristige Projekte für die Strukturentwicklung im Helmstedter Revier sind als Anlage dem Bericht beigefügt worden.
In einem breiten Konsens zwischen Wirtschaft, Gewerkschaften, gesellschaftlichen Gruppen sowie kommunalen und regionalen Verantwortungsträgern ist Einvernehmen über Weg und Inhalte des Strukturwandels in der „Modellregion Helmstedter Revier“ erzielt worden. Zur Umsetzung sind wir dringend auf die Unterstützung des Bundes angewiesen.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, wir bitten Sie eindringlich, das Helmstedter Revier sowohl in das Sofortprogramm für strukturwirksame Projekte in den Braunkohleregionen als auch in das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen gemeinsam mit den drei anderen Revieren aufzunehmen.
Die Menschen im Helmstedter Revier haben seit dem Beginn der Industrialisierung die Lasten des großflächigen Abbaus der Braunkohle und ihrer Verstromung getragen. Sie dürfen jetzt nicht mit den dauerhaften ökologischen und wirtschaftlichen Folgen des Ausstiegs aus der Kohle alleine gelassen werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Landrat Gerhard Radeck
Bürgermeister Wittich Schobert
Bürgermeister Henry Bäsecke
Bürgermeister Andreas Busch
Bürgermeister Alexander Hoppe
Samtgemeindebürgermeister Martin Hartmann
Samtgemeindebürgermeister i.V. Volker Klisch
Samtgemeindebürgermeister Rüdiger Fricke
Samtgemeindebürgermeister i.V. Kai-Stephan Schulz
Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil
Bundestagsabgeordneter Falko Mohrs
Bundestagsabgeordneter Carsten Müller (digital)
Landtagsabgeordnete Veronika Koch
Landtagsabgeordneter Jörn Domeier
HRM-Geschäftsführer Dr. Alexander Goebel
Helmstedter Revier-Geschäftsführer Lutz Strumpf
Kaufmännischer Leiter EEW Energy from Waste GmbH Rüdiger Bösing
Technischer Vorstand EEW Energy from Waste GmbH Karl-Heinz Müller
Acavon AG-Vorstandsmitglied Frank Aigner
Fördervereinsvorsitzender „Wahrung des bergmännischen Brauchtums im Helmstedter Revier“ Rainer Polk
Harbkes Bürgermeister Werner Müller
Keestagsvorsitzender Gregor Nitschke
Kreistagsmitglied Hans-Jürgen Schünemann
Schöningens Stadtratsmitglied Markus Sobotta
Ministerin aD. und Vorsitzende des HRM-Betriebsausschusses Elisabeth Heister-Neumann
IHK-Ehrenpräsident Dr. Wolf-Michael Schmid
Geschäftsführer Politische Bildungsstätte Helmstedt André Lindner
Sport Thieme-Geschäftsführer Maximilian Hohe
BLSK-Bankdirektor Mathias Grote
Volksbank-Vorstandsmitglied Matthias Gericke (digital)
Kreishandwerksmeister Martin Bauermeister
Domina Mechthild von Veltheim
Solida-Geschäftsführer Stefan Ahrens
IG BCE-Jörg Liebermann
DGB-Regionsgeschäftsführer Michael Kleber
Frank Dolny
Sprecher der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Volker Meier
herd Gerüstbau-Prokuristin Stefanie Buttler
Diedecke Innovation-Geschäftsführer Jens Diedecke
Kreissportbund-Vorsitzender Jürgen Nitsche
ELSA-Geschäftsführer Rainer Rilke
Kai Rückbrodt
Weizenbrennerei-Inhaber Johannes Dieckmann
DGB-Kreisverbandsvporsitzender Michael Franke
stellvertretender DGB-Kreisverbandsvorsitzender Wolfgang Höppner
Duckstein-Geschäftsführer Christian Duckstein
AK Regionaltechnik-Geschäftsführer Axel Knopff
IHK-Vizepräsident Lorenz Flatt
Günter Till GmbH-Geschäftsführer Gerd-Dieter Dymke
Kunststoff-Technik Helmstedt-Geschäftsführer Gerold Franz Keil
Invitel-Geschäftsleitung Andreas Hartwig
Kunow Holding GmbH & Co. KG Jörg Kunow
Pameko GmbH Peter-René Paulisch
LT Trans-Logstik Lutz Thormeyer
IGBCE-Ortsgruppenvorsitzender „Büddenstedt-Kohledörfer“ Klaus Raabe
Rolf-Dieter Backhauß
Joachim Lauterbach
IGBCE-Ortsgruppenvorsitzender Helmstedt Fred Gronde
Helmstedter Revier GmbH Ulf Rossmanit
EEW-Betriebsrat Frank Zimmermann
Fotos: Katja Weber-Diedrich
Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.