In einer neuen Online-Serie geht der HELMSTEDTER SONNTAG Mythen rund um das Coronavirus auf den Grund.

Im ersten Teil geht es um das Einkaufen – als Bewohner eines anderen Bundeslandes – in Sachsen-Anhalt.

Die kursierende Behauptung lautet: „Bewohner eines anderen Bundeslandes, die in Sachsen-Anhalt einkaufen gehen, müssen ein Bußgeld zahlen.“

Das ist so nicht (ganz) richtig. Während es seitens des Landes Niedersachsen ausdrücklich heißt, das Bürger anderer Bundesländer willkommen sind (nachzulesen in den FAQ zum Coronavirus auf den Seiten www.niedersachsen.de), hat sich Sachsen-Anhalt zu einem großen Teil von der „Außenwelt“ abgeschottet.

In der nunmehr Fünften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt, die am 12. Mai 2020 noch einmal in kleinen Passagen geändert wurde, heißt es im Paragrafen 5 „Beherbergungsbetriebe und Tourismus“, Absatz 2 wörtlich: „Reisen aus touristischem Anlass in das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt sind untersagt. Dies gilt auch für Reisen, die zu Freizeitzwecken oder zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation unternommen werden. Fahrten zum Zweitwohnsitz in Sachsen-Anhalt und der Aufenthalt dort sind zulässig.“

Zuwiderhandlungen können dabei teuer werden, wie am vergangenen Wochenende beispielsweise Zoobesucher in Magdeburg deutlich zu spüren bekamen. Denn  außerhalb von Sachsen-Anhalt wohnende Bürger werden, wenn sie „erwischt“ werden bei „Reisen zu Freizeitzwecken oder zur Entgegennahme vermeidbarer oder aufschiebbarer Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation in das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt“ mit einem Bußgeld von 250 Euro und bei Reisen aus touristischem Anlass sogar mit einem Bußgeld von 400 Euro belegt.

Einkaufen ja, Shoppingtour nein

Von einem Verbot, zum Einkaufen ins Land Sachsen-Anhalt zu fahren, ist allerdings nicht die Rede.

Die Helmstedter CDU-Landtagsabgeordnete Veronika Koch hat dazu genauer recherchiert und auch mit dem Landkreis Börde gesprochen.

Sie stellt klar: „Einkaufen zum Zwecke der Daseinsvorsorge stellt für Einwohner des Landkreises Helmstedt im benachbarten Bördekreis keinen Verstoß gegen die aktuell geltenden Landesverordnungen von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt dar und ist damit grundsätzlich nicht bußgeldbewährt. Anders zu beurteilen ist es jedoch, wenn ein Shoppingausflug nach Magdeburg-City oder ein Besuch im Zoo unternommen wird.“ Denn dafür können durchaus Bußgelder erhoben werden und tatsächlich würden entsprechende Kontrollen erfolgen. Dies stellt Veronika Koch klar, nachdem sie zahlreiche Nachfragen von Mitbürgern erreicht hatten.

In einer Pressemitteilung fährt die Landtagsabgeordnete fort: „Es ist Ausdruck des Föderalismus, dass die Bundesländer eigenständige Regelungen treffen können. Dass es dadurch gerade am Rande der Landesgrenze zu unterschiedlichen Regelungen kommt, ist unglücklich, aber nicht immer vermeidbar. So sind nach der Verordnung Sachsen-Anhalt Reisen aus touristischem Anlass in das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt untersagt. Dies gilt auch für Reisen, die zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation unternommen werden.“

Mit den Behörden im Bördekreis abgestimmt

Nach enger Abstimmung mit den Behörden im Bördekreis wird klargestellt, dass Einkäufe zum Zweck der Daseinsvorsorge von diesem Verbot ausdrücklich nicht erfasst ist.

Gleichzeitig mahnt Koch jedoch: „Die Landesverordnungen verfolgen den Zweck der Kontaktvermeidung und der Nachvollziehbarkeit von möglichen Infektionsketten. Auch wenn die Zahlen der Neuinfektionen zuletzt zurückgingen, sind wir noch mitten in der Pandemie. Daher bitte ich alle, weiterhin die hygienischen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.“

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.