Helmstedt. Eine große Überraschung gab es bei der Hauptversammlung des Vereins helmstedt aktuell/Stadtmarketing am Donnerstagabend im Pferdestall in Helmstedt.
Nach ausführlichen Diskussionen über die zukünftige Ausrichtung des Vereines weg von einer „Eventagentur“ hin zu mehr Stadtmarketing verlas die Vorsitzende Petra Schadebrodt eine gemeinsame Erklärung des Vorstandes, dass man nicht für eine Wiederwahl zur Verfügung stehe.
Zwischen dem Vereinsvorstand und einigen Stadtratsmitgliedern sei es zu einem Konflikt gekommen. „Parteipolitischer Druck“ verhindere „die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, erklärte Schadebrodt. Zudem stehe „die Handlungsautonomie des Vorstandes im Widerspruch zum städtischen Zuschuss, der jederzeit entzogen werden kann.“
92.000 Euro sollen auch Defizite abdecken
92.000 Euro zahlt die Stadt Helmstedt jährlich an den Verein, um die Personalkosten in der Geschäftsstelle und auch Defizite bei der Veranstaltung des Altstadtfestes, der Kulturnacht sowie des Weihnachtsmarktes abdecken zu können. Es müsse dringend geklärt werden, warum diese Zuschüsse zweckgebunden sein sollen, entgegnete Schadebrodt dabei einer Erklärung des Bürgermeisters Wittich Schobert.
Der hatte in der vorherigen Diskussion eine Brandrede zum Erhalt des Helmstedter Altstadtfestes gehalten, das beim aktuell-Vorstand offenbar auf der Kippe gestanden hatte. Zwar wiegelten die Vorstandsmitglieder später ab und erklärten, dass das traditionelle Fest, das 2019 zum 44. Mal stattfinden soll, nie ganz abgeschafft werden sollte. Aber auf dem Thesenpapier, das per Beamer an die Wand geworfen wurde, stand etwas anderes. Als Perspektive für das Stadtfest wurde unter anderem vorgeschlagen, es nur noch alle zwei Jahre im Wechsel mit der Kulturnacht zu veranstalten oder es gar ab-/aufzugeben (siehe Foto).
Unterschiedliche Auffassungen gab es auch über das räumliche Tun des Vereins. So hatte Bürgermeister Schobert beispielsweise auch gesagt: „Helmstedt aktuell ist mehr als nur die Innenstadt, schließlich haben wir rundherum Betriebe und Gewerbe. Auf den Dörfern wie in den Randbereichen der Stadt gibt es Mitglieder und sie alle gehören zur Stadt und zum Verein.“
Schadebrodts Herz schlägt für die Innenstadt
Petra Schadebrodt gab darauf zu, dass ihr Herz für die Innenstadt schlage. Ihr sei aber bewusst, dass Helmstedt sich als ganze Stadt weiterentwickeln müsse. Dennoch: „Die Innenstadt ist die Visitenkarte einer Stadt“, unterstrich sie und wollte damit auch den gewünschten Wandel von der Eventagentur zu mehr Stadtmarketing erklären. Es sei wichtiger, die ehrenamtlichen Ressourcen des Vorstandes in eine erweiterte Imagekampagne sowie in ein Zusammenrücken des Handels und der Gastronomie in der Innenstadt zu setzen. Allein die Sicherheits- und Haftungsauflagen bei Großveranstaltungen seien so gestiegen, dass dafür viel Arbeit investiert werden müsse, die für die in der Satzung festgesetzte Aufgabe des Stadtmarketings verloren gehe.
Am Ende einer langen Diskussion sagte der rücktrittswillige Vorstand zu, dass alle Veranstaltungen, die 2019 geplant sind, gesichert seien. Das nächste ist dabei der verkaufsoffene Sonntag am 7. April unter dem Motto „Helmstedt entdecken“.
Bis dahin wird auch der „alte“ Vorstand auf jeden Fall noch im Amt sein. Denn da der Rücktritt überraschend kam, gab es aus den Reihen der Mitglieder keine Vorschläge für einen neuen Vorstand. Wahlleiter Schobert wandte daher unter dem Tagesordnungspunkt Wahlen die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches an. Demnach muss der bisherige Vorstand für mindestens drei Monate im Amt und so lange, bis ein neuer gefunden oder ein Notvorstand vom Amtsgericht bestellt wurde.
Altstadtfest bleibt erhalten – der Vorstand auch (zunächst)
Also versprachen am Ende des Abends Petra Schadebrodt und ihre Mitstreiter, mit voller Kraft weiter machen zu wollen, bis neue Vorstandsmitglieder gefunden sind. Demnach soll auch über das Zukunftskonzept weiter diskutiert werden, „wobei wir heute mitnehmen, dass das Altstadtfest nicht sterben soll“, so Schadebrodt in ihrem Schlusswort.
Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.