Helmstedt/Hannover. Beinahe in ganz Niedersachsen gilt ab dem morgigen Mittwoch, 1. Dezember, die Warnstufe 2. Lediglich in fünf Regionen (Landkreise Heidekreis, Holzminden und Nienburg sowie Städte Osnabrück und Wilhelmshaven), die noch nicht fünf Tage in Folge den Wert 100 überschritten haben, kann (noch) auf diese Warnstufe verzichtet werden.
Für unsere Region, in der in den vergangenen Tagen und Wochen die Infektionszahlen ebenfalls „durch die Decke geschossen“ sind, wurde die Warnstufe 2 mit der entsprechenden Corona-Verordnung veröffentlicht. Sie tritt morgen in Kraft und steht vor allem für ein ausgedehntes 2G-plus-Modell in vielen Bereichen.
Was bedeutet das im Einzelnen?
Die Warnstufe 2 sieht in Niedersachsen vor, dass sich nur noch 15 Personen ohne Beeinträchtigungen (privat) treffen dürfen. Geht es über diese Personenzahl hinaus, gilt im Innenbereich die 2G-plus-Regel (geimpft oder genesen UND getestet) und im Außenbereich die 2G-Regel. Darüber hinaus sind dann die Kontaktdaten zu erfassen und es gilt eine FFP2-Maskenpflicht bis zur Einnahme des Platzes.
Dasselbe Prozedere gilt, unabhängig von der Personenzahl, also grundsätzlich, in der Gastronomie, in Beherbergungsbetrieben, in Kinos und im Theater, in Discos, beim Sport (2G-plus in den Duschen) sowie bei körpernahen Dienstleistungen – mit Ausnahme der medizinisch notwendigen und bei Blutspenden.
Immer, also auch im Außenbereich, 2G-plus sowie FFP2-Maskenpflicht gilt auf Weihnachtsmärkten. Und auf Wochenmärkten wird wieder eine Maskenpflicht eingeführt.
Die 2G-, 3G- und 2G-plus-Regeln gelten allerdings erst ab 18 Jahre, mit Ausnahme von Discotheken und Clubs; dort wird auch bei Jugendlichen die 2G-plus-Regel angewendet.
Viel kritisiert: Testen ohne Kapazitäten
Aus allen Bereichen ist sogleich deutliche Kritik zu hören, die insbesondere im Landkreis Helmstedt unter den Nägel brennt: Es mangelt an Testmöglichkeiten. Die meisten Teststationen wurden zurückgebaut und entstehen erst langsam wieder, die anbietenden Apotheken sind über Wochen ausgebucht. „Dies ist ja faktisch selbst für Geimpfte ein Lockdown“, schrieb dazu ein Leser des HELMSTEDTER SONNTAG. Die wenigen aktuell vorhandenen Testmöglichkeiten sind auf der Seite des Landkreises Helmstedt gelistet (www.helmstedt.de).
Dehoga ist sauer
„Wieder einmal kalt erwischt“, betitelt auch der Bezirksverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) seine Pressemitteilung zu diesem Thema. „Ab Morgen wird es spannend“, ist sich Bezirksvorsitzender Florian Hary sicher. „Denn wir fahren im Innenbereich mit 2G-plus.“
Das allein sei nicht die Herausforderung vor der Gastronomie und Hotellerie stehen, denn das könne funktionieren. Allerdings sei niemand dem Run auf die Testzentren gefeit. „Die Infrastruktur dafür wurde vor Monaten zurückgefahren und eingestampft. Nun soll über Nacht alles wieder auf Testen stehen?“
Harys Appell an die Politik ist klar: Es können keine Rahmenbedingungen geschaffen werden, die gar nicht umsetzbar sind. Auch die gut gemeinten Worte einiger Politiker, man arbeite mit Hochdruck daran oder die Testzentren würden jetzt wieder geschaffen, würden wenig helfen. Denn dann könnte es schon zu spät sein: „Die Gäste sind jetzt verärgert und bleiben der Gastronomie fern. Wenn wir für die Schaffung der Grundlagen der Verordnung nun noch ein paar Tage oder Wochen brauchen, ist das keine wirkliche Perspektive. Man kann es nicht anders sagen, aber hier wurde wieder einmal gepennt und unsere Branche steht im Regen.“
„Das Verständnis der Branche ist aufgebraucht“
Außerdem ergänzt der Helmstedter Gastronom und Hotelier, dass die Betriebe teilweise noch auf Hilfen aus dem Überbrückungsgeld III warteten, sich jetzt aber schon mit dem Überbrückungsgeld III Plus beschäftigen müssten. „Dies alles, weil unter diesen Umständen kein wirtschaftliches Arbeiten mehr nötigt ist“, ist Hary verärgert und fährt fort: „Aber auch hier liegt der Teufel im Detail, die Zugangsvoraussetzungen wurden modifiziert, sodass auch hier viele Fragezeichen bleiben.“
Am Ende könne man das Thema drehen und wenden wie man will. „Wir in unserer Branche wurden wieder einmal kalt erwischt und dürfen den Schlamassel jetzt ausbaden. Und das nur, weil nicht vorher geplant und strukturiert gehandelt wurde, sondern erst als das Chaos vor uns stand.“
Abschließend erklärt Florian Hary: „Wir fordern Bedingungen, unter denen wir wirtschaftlich arbeiten können und unter denen Gäste sicher bei uns sein können, diese haben wir aktuell nicht, das Verständnis in der Branche für solche Verordnungsritte ist aufgebraucht.“
Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.