Helmstedt. Welche Rolle spielt die ehemalige deutsch-deutsche Teilung heute noch, 33 Jahre nach dem Fall der Mauer? Denken Jugendliche in „Ost“ und „West“? Wie nahe ist den Eltern und Großeltern diese Zeit noch? Was haben sie von damals zu berichten?
Geschichte muss in Erinnerung gehalten, der Wert von Demokratie und Freiheit immer wieder zu Bewusstsein gebracht werden – gerade in der jungen Generation, für die Teilung und Wiedervereinigung in grauer Vorzeit liegen. Dafür sind innovative Ansätze gefragt. Michael Schmidt, der Regionalmanager der LEADER-Region „Grünes Band im Landkreis Helmstedt“ hatte die Idee, Jugendliche mit einem Filmprojekt zur Auseinandersetzung mit der deutsch-deutschen Geschichte zu begeistern. Der Verein „Grenzenlos – Wege zum Nachbarn“ in Helmstedt in Niedersachsen und die Gemeinde Hohe Börde in Sachsen-Anhalt waren bereit, das Projekt mit dem Namen „zwischen uns“ gemeinsam zu stemmen – mit Mitteln aus dem europäischen LEADER-Förderprogramm und ergänzender Finanzierung.
Mit der Umsetzung des Projekts wurde der freie Kulturmanager Dr. Thomas R. Huber aus Schwäbisch Hall beauftragt, der viel Erfahrung mit medienpädagogischen Projekten in Zusammenarbeit mit Filmprofis hat. Für „zwischen uns“ stellte er zusammen mit seinem Partner, dem Berliner Regisseur David Ruf, ein Team von sechs Dozentinnen und Dozenten sowie Dokumentarfilmern zusammen. Ab Herbst 2020 fanden mit den gut dreißig Projektteilnehmerinnen und -teilnehmern, meist Familien, aus Ost und West mehrere, vom Schauspieler und Coach David Steffen und von David Ruf moderierte Vorbereitungstreffen statt. Obwohl pandemiebedingt größtenteils online geführt, wurden diese Termine zu intensiven, teils sehr emotionalen Begegnungen, in denen viel Raum für Geschichten und persönliche Erlebnisse war.
Im August 2021, in den Sommerferien, als es endlich wieder möglich war, in Präsenz miteinander zu arbeiten, startete „zwischen uns“ mit einem eintägigen gemeinsamen Kick-Off in Offleben, direkt an der ehemaligen Grenze. Geschichten und Filmideen wurden vertieft, Drehteams gebildet. Jeweils eine Woche lang arbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann in Nordgermersleben/Sachsen-Anhalt und Helmstedt/Niedersachsen mit fachkundiger Unterstützung an ihren Filmbeiträgen. So entstanden kurze Spielfilme, Reportagen und dokumentarische Essays. Zwei professionelle Dokumentarfilmer begleiteten die Teams.
Die zwei Workshop-Wochen waren nicht nur Filmcamps, sondern immer wieder Begegnungsforen und Erzählwerkstätten: Die Jungen wollten wissen, die Älteren wollten berichten. Menschen, die sich vorher nicht kannten, entschieden sich, miteinander Filme zu drehen; Neue Freundschaften entstanden. Die Vielfalt der Filmbeiträge ist beeindruckend: kurze Spielfilme, in denen Jugendliche dem Leben in der DDR nachspüren, Reportagen über Bergbau auf der Grenze, Grenzsoldaten, neue Heimaten im Sperrgebiet und filmische Essays über das Abgeschnittensein während der Teilung und die Suche nach Frieden und Freiheit.
„zwischen uns – Der Film“ ist ein spannendes Zeugnis für die komplexe Gemengelage im ost-westdeutschen Miteinander geworden. Voller historischer Bezüge und dennoch ganz in der Gegenwart.
Für den 28. April 2022 um 19.30 Uhr lädt „Grenzenlos – Wege zum Nachbarn“ zur öffentlichen Kinopremiere ins Kino Roxy-Lichtspiele in Helmstedt ein. Eine Anmeldung zum Besuch der Veranstaltung ist unbedingt notwendig unter der Telefonnummer 05351/177777 oder per E-Mail an info@grenzdenkmaeler.de.
Der Eintritt ist kostenlos.
Nico Jäkel, geboren 1981 in Helmstedt, ist ausgebildeter Redakteur, selbstständiger Fotograf und ein leidenschaftlicher Hobbykoch mit einer gigantischen Sammlung an Kochbüchern. Seine Markenzeichen sind verschachtelte Sätze. Zusätzlich zu seinem Faible für Produkttestungen, engagiert sich der Lokalpatriot in seiner Heimatstadt Schöningen.