Was ist Emanzipation und braucht es dafür eine politische Regulation? Das Monatsthema beleuchtet das „(Selbst-)Bild der Frau“.

Haushalt, Ehe und Familie, Karriere und und und? Wie viele Rollen passen in die moderne Frau? Eben genau so viele, wie es das individuelle Bestreben der Frau verlangt.

Frauen sind die fleißigeren Arbeitnehmer

Diesen Anspruch hat zumindest das „Team Starke Frauen“ aus Königslutter. Die neun Frauen aus Kirche, Kultur, Politik, Verwaltung und Sport haben es sich als Gemeinschaft zum Ziel gesetzt, Frauen aus Königslutter sichtbar zu machen – „historische Frauengestalten ebenso wie Frauen, die sich den vielfältigen Herausforderungen des Lebens im Hier und Jetzt stellen“, heißt es auf der Webseite der „Starken Frauen“.

Starke Frauen – was verbirgt sich hinter diesem kämpferisch anmutenden Anspruch? Hat die moderne Frau nicht schon längst die Maske des vermeintlich schwachen Geschlechts abgegeben und eigentlich alles erreicht, was es zu ereichen gilt? Und braucht Emanzipation wirklich staatliche Kontrollen, wie eine Frauenquote oder regulierte Gehaltsstaffelungen?

Noch ein langer Weg zur Chancengleichheit

„Unbedingt“, sagt beispielsweise  Christine M. Kaiser, Vorsitzende der ASF im Landkreis Helmstedt. „In punkto Gleichstellung und Gleichberechtigung wurde viel erreicht. Aber noch ist es ein langer Weg, bis Frauen die gleichen Chancen wie Männern offen stehen“. 

Denn zwar werden Frauen in der Belegschaft nach aktuellen Studien zunehmend präsenter (die Erwerbstätigkeit von Frauen lag laut dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut – WSI – der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung im Jahr 2018 bei 72 Prozent, bei Männern bei rund 80 Prozent; vor 20 Jahren klaffte zwischen den Geschlechtern noch ein Unterschied von 26 Prozentpunkten). Und auch der Anteil von Frauen in Führungspositionen steigt deutlich an. Allerdings erhalten sie nicht dieselben Gehälter wie ihre männlichen Kollegen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Einkommen von Frauen in Deutschland um 23 Prozent niedriger ist als das von Männern. Und dass obwohl Frauen nach den Umfrageergebnissen des HELMSTEDTER SONNTAG Frauen als die „fleißigeren“ Arbeitnehmer bewertet werden. 

In Deutschland lebende Männer in leitenden Positionen erhalten durchschnittlich 16 Prozent mehr Lohn als ihre Kolleginnen auf den gleichen Positionen. Hinsichtlich der Altersabsicherung konstatiert der WSI-Bericht daher eine „gravierende Lücke“. Bei gemeinsamer Betrachtung sowohl der gesetzlichen Rente als auch betrieblicher und privater Alterssicherung beziehen Frauen im Schnitt ein um 53 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer.

„Gerade in diesem Bereich bedarf es noch weiterer Anstrengungen“, betonte Kaiser auf Nachfrage unserer Zeitung. 

Staatliche Regeln nötig

Für eine Veränderung seien staatliche Regularien notwendig, ebenso wie die innere Einstellung jeder Frau. Das bestätigte auch Nuray Sahin. Die Leiterin der türkisch-islamischen Gemeine Königslutter war auf Einladung vom „Team Starke Frauen“ passend zum Wochenmotto „Starke Frauen überwinden Grenzen“ vergangene Woche in den Gemeindesaal der Stadtkirche gekommen, um in ehrlichen Worten über ihren Werdegang bis an die Spitze einer islamischen Gemeinde, ihre Einstellung zur Religion, kulturelle Unterschiede und Vorurteile sowie letztendlich über Emanzipation zu berichten (mehr zum Thema auf Seite 21). 

Sahin kann in mehrfacher Hinsicht als emanzipatorisches Vorbild bezeichnet werden: Nicht nur, dass sie sich als Industriemechanikerin in einem Männerberuf behauptete, auch nimmt sie als Vorsitzende ihrer türkisch-islamischen Gemeinschaft eine Position ein, die fast ausschließlich in männlicher Hand liegt. Von den aktuell 1.100 türkischen Moscheen in Deutschland werden nur fünf von Frauen geleitet. 

„Diese Macho-Einstellung nervt mich“, urteilte Sahin während ihrer Erzählungen über das Alphatier-Gehabe von Männern in Führungspositionen. „Die mei-s-ten Männer kommen mit selbstbewussten, fachlich kompetenten Frauen nicht klar.“ Und damit meint die 35-Jährige nicht etwa ihre männlichen Gemeindemitglieder, sondern auch nicht-türkische Arbeitskollegen. 

„Erst in der Moschee habe ich die Wertschätzung erhalten, die ich bei meiner Arbeit trotz guter Leistung nicht bekommen habe.“ Auch durch das Tragen des Kopftuches, für welches sie sich vor knapp einem Jahr entschied, fühle sie sich endlich als Frau statt als Objekt gesehen. 

„Für diesen Schritt braucht es Stärke und Selbstbewusstsein“, erklärte Sahin. Beides sei notwendig für eine echte Emanzipation. „Die Einstellung muss von innen kommen.“ 

Frau erfindet sich neu

Sie sind öfter und intensiver als Frauen krank, viel häufiger von Volksleiden wie Diabetes oder Herz-Kreislaufstörungen betroffen und sie tragen ein doppelt so hohes Risiko einen Schlaganfall zu erleiden  wie das weibliche Geschlecht. Mehr noch: Männer leben ungesünder, rauchen und trinken vermehrt, gehen weitaus seltener zu einer Vorsorgeuntersuchung und schieben Arztbesuche ohnehin auf die lange Bank. Zudem leben sie risikobereiter und unvernünftiger (ein Paradoxon, gilt doch das männliche Geschlecht gemeinhin als das rational handelndere). In der Konsequenz sind sie eher an Unfällen beteiligt und sterben im Durchschnitt fünf Jahre früher als die Frau.

Der Mann! Das vermeintlich starke Geschlecht? 

Was bereits in der Steinzeit seinen Anfang nahm und sich über die vergangenen Jahrtausende im gesellschaftlichen Rollenbild als unumstrittene Tatsache manifestierte – der Mann als Ernährer, als Kämpfer, als das Familienoberhaupt, als nicht selten der Inbegriff von wirtschaftlicher und politischer Macht – wurde erstmals Ende des 18. Jahrhunderts in Frage gestellt.  

Im Strudel der Französischen Revolution war es die Schriftstellerin und Revolutionärin Olympe de Gouges, die die Forderung „Gleichheit für alle Menschen“, der Grundgedanke der Revolution, wörtlich nahm und 1791 dieselben Rechte und Pflichten auch für Frauen einforderte. Das war in der Tat revolutionär, galten die Menschenrechte bis dahin ausschließlich für Männer. 

Doch obwohl sich im Zuge zahlreiche Frauenvereine bildeten, war ihr Ansehen und ihr Erfolg gering. Es sollte knapp 160 Jahre dauern, bis die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in das Deutsche Grundgesetz aufgenommen wurde. 

Ehe und Mutterschaft blieben bis in die 1950er Jahre die zentralen Aufgaben der Frau, jedes weitere Engagement galt als „wider der Natur“. Zwar wurden Frauen 1893 zum Abitur und zur Jahrhundertwende auch zum Studium zugelassen, doch war eine berufstätige Frau bis weit ins 20 Jahrhundert nicht gerne gesehen und hatte spätestens mit dem Eintritt in die Ehe sich nur noch der Familie zu widmen. Erst die Weltkriege bescherten der Frau (gezwungener Maßen) ein bleibendes Selbstbewusstsein; vor allem der Mythos der Trümmerfrau wurde von der auflebenden Frauenbewegung als Vorbild genutzt. 

Nach der Aufhebung des Beschäftigungsverbotes von Ehefrauen im öffentlichen Dienst, eroberte die Emanzipation in den 1960er Jahren immer mehr Bereiche: Gepuscht durch couragierte Studentinnen folgten die Aufhebung des Fußballverbots für Frauen, die sexuelle Selbstbestimmung, ein überarbeitetes Ehegesetz, die freie Wahl des Familiennamens, die Gründung der Frauenzeitschrift „Emma“, der Girl‘s Day und die weibliche Eroberung der politischen Führungsebene, die 2005 mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin gipfelte. 

„Wann ist der Mann ein Mann“ fragte sich schon 1984 Herbert Grönemeyer 

Doch während für das weibliche Geschlecht noch viele Kapitel der andauernden Erfolgsgeschichte offen sind, scheint der Mann nicht zu wissen, wie es für ihn weiter geht. Manche sehen sich gar ihrer Identität beraubt und gründen Männerhilfsgrupppen, die sich mit der Herausforderung befassen, wie sich der frühere Posten des Alphatieres zurück erobern lasse.

Vielleicht durch eine Männerquote (eine Stellenausschreibung der Staatsanwaltschaft Hamburg sorgte vor knapp zwei Jahren für Aufsehen, weil mit Verweis auf das Gleichstellungsgesetz darauf hingewiesen wurde, dass aufgrund einer männlichen Unterpräsentation „männliche Bewerber bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig berücksichtigt werden“)? 

Die Krise des Mannes wird heiß diskutiert. Schon im Mutterleib gilt der Junge als das risikoreichere Geschlecht und mehr von Fehlgeburten bedroht. Nach der Geburt gehen die Sorge weiter: Jungen gelten in ihrer Entwicklung als langsamer, sogar als eher negativ auffällig, leiden eher an neurologischen Krankheiten, tendieren zu Aggressionen, sind die schlechteren Schüler, anfälliger für Alkoholmissbrauch und harte Drogen, verdaddeln mehr Zeit am Computer und stehen  generell im Verdacht, entscheidungsscheu zu sein. Das ziehe sich bis ins Erwachsenenalter fort. In der Folge sind Männer öfter von Arbeitslosigkeit betroffen und auch eher mit dem Gesetz im Konflikt. 

Gründe für das männliche Versagen suchten Soziologen, Psychotherapeuten und Mediziner während eines internationalen Männerkongresses, welcher vor zehn Jahren zum ersten mal und seit dem alle zwei Jahre an der Universität Düsseldorf stattfindet (der nächste Kongress findet am 11. und 12. September zum Thema „Männer. Macht. Therapie“ statt) und fanden diese in den weiblichen Bezugspersonen. 

Das neue Rollenverständnis würde verlangsamt beim Mann ankommen, weil Mütter, auch wenn sie sich selbst als emanzipiert ansehen, den männlichen Nachwuchs immer noch als jungen Prinzen und ohne eine Heranführung an Regeln aufwachsen lassen. Selbst die meist weiblichen Lehrkräfte würden dieses Muster unterstützen. Mit dieser fehlenden Erziehung wäre ein Scheitern vorprogrammiert, da die verankerten Erwartungen an die männliche (Lebens-)Rolle nicht mit der Realität übereinstimmen könnten. 

Die Folgen seien ein gebrochenes Ego sowie eine zerrissene Identität. Immer noch würde sich der Mann als Leistungsmaschine betrachten, der in seiner Stärke und seinem Schaffen alleine seine Daseinsberechtigung sehe. Doch Männlichkeit, so der Lehransatz, sei auch ohne starre Muster möglich und selbst erkannte Schwäche erwünscht.

Das Gehalt bleibt der größte Unterschied im Geschlechtervergleich

Emanzipation. Feminismus. Alleine beim Klang der Wörter scheint es manchen Menschen übel zu werden. Kaum andere Begriffe sind so negativ behaftet wie die der Frauenbewegung und werden im besten Fall belächelt.

Meistens ist die Reaktion auf Anhänger dieser und ähnlicher Bewegungen eine heimliche Abneigung bis hin zu einer offenen Feindseligkeit. Wer will schon als Emanze oder als Feministin betitelt werden? Versteht man doch unter den Bezeichnungen eher eine pauschal männerhassende Zunft als die Forderung nach  Solidarität zwischen den Geschlechtern.

Dabei betonen Feministinnen der Öffentlichkeit vehement, es gehe nicht um eine Frontenbildung, sondern um Gleichberechtigung.

Und von dieser sehen sich die betroffenen Frauen immer noch weit entfernt – vor allem wirtschaftlich. Denn zwar haben Frauen in den vergangenen Jahren bei der Erwerbstätigkeit zu den Männern aufgeschlossen, doch die wirtschaftliche und auch soziale Situation von Frauen ist nach wie vor schlechter als die der Männer, dies geht aus einem Bericht der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Laut dem Report ist die Erwerbstätigkeit von Frauen jährlich angestiegen und kommt beinahe an die der Männer heran: Die Lücke betrug im vergangenen Jahr nur noch sieben Prozent (73 Prozent der Frauen waren in 2019 erwerbstätig, bei Männern betrug sie knapp 80 Prozent). Zum Vergleich: 1991 hatte der Unterschied zwischen den Geschlechtern noch 26 Prozentpunkte betragen, was einen stolzen Anstieg von über 300 Prozent ausmacht. Beide Geschlechter kommen bei der Auswertung im Schnitt auf 7,5 Stunden Gesamtarbeitszeit pro Wochentag. 

Veralterte Rollenklischees führen zu unbezahlter Hausarbeit und weniger Lohn

 

Bei den Daten ist jedoch zu beachten, dass sich die Arbeitszeit von Frauen weitaus öfter auf die Abendstunden und auf die Wochenenden konzentriert, also zu den Zeiten, wenn die Betreuung der Kinder vom Partner übernommen werden kann. 

Die Kinder seien – so das einhellige Ergebnis aller sozialwirtschaftlichen Studien zum so genannten „Gender Pay Gap“, sprich zum Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen, – der Hauptgrund für die berufliche Benachteiligung der Frauen, die immer noch beruflich zurückstecken, um sich um den Haushalt und um den Nachwuchs zu kümmern. Bei Frauen macht die unbezahlte Arbeit den aktuellen Zahlen zufolge 45 Prozent der Gesamtarbeitszeit aus. Bei Männern sind dies nur 28 Prozent. 

In der Folge beginne der Karriereweg von Frauen meist später und sei zudem von Pausen geprägt, die einen beruflichen Aufstieg – trotz meist besserer schulischer und beruflicher Qualifikationen  – hinderlich gegenüber stünden. 

De Fact verdienen Frauen immer noch rund 21 Prozent weniger als Männer, der Unterschied hinsichtlich des Stundenlohnes liegt bei 4,50 Euro – ein Wert, der sich über die vergangenen zehn Jahre relativ konstant hält.  

Im Kreis Helmstedt verdienen Frauen rund 370 Euro weniger als Männer

Für den Landkreis Helmstedt bedeutet dies konkret einen Gehaltsunterschied von 370 Euro im Monat. Darauf verwies die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten zum Internationalen Frauentag am 8. März und berief sich dabei auf aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Danach liegt das durchschnittliche Vollzeiteinkommen von Frauen im Kreis Helmstedt aktuell bei 2.555 Euro im Monat – Männer mit der gleichen Arbeitszeit kommen auf 2.926 Euro. Das macht einen Unterschied von 13 Prozent.

„Es kann nicht sein, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch immer so stark benachteiligt sind. Viele Unternehmen in der Region nutzen das Lohngefälle aus, obwohl sie mehr zahlen müssten“, kritisiert Katja Derer von der NGG-Region Süd-Ost-Niedersachsen-Harz. Besonders problematisch sei die Situation in frauendominierten Berufen – etwa im Service einer Gaststätte oder im Verkauf einer Bäckerei. Wenn hier nicht nach Tarif gezahlt werde, träfen niedrige Löhne häufig auf Teilzeitjobs und befristete Stellen. „Die Folge sind geringe Einkommen und im Alter Mini-Renten, die Frauen dann beim Amt aufstocken müssen“, so Derer. 

Tatsächlich sind Frauen weitaus häufiger von Altersarmut betroffen als Männer. Laut der Hans-Böckler-Stiftung beziehen Frauen im Schnitt ein um 53 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer. 

Nach Einschätzung der Gewerkschafterin dürfte der tatsächliche „Gender Pay Gap“, die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, im Landkreis Helmstedt bei deutlich über 13 Prozent liegen. „Bezieht man Teilzeitstellen und Minijobs in die Rechnung ein, wird die Kluft noch größer.“ Das zeige sich gerade im Gastgewerbe: Nach Angaben der Arbeitsagentur werden im Kreis aktuell 65 Prozent aller Teilzeit- und Minijobs in der Branche von Frauen erledigt.

Wie lassen sich Leistungen fair messen? Welche Leistung wiegt schwerer?

Alle sind sich einig: Die Gehalts-Lücke muss geschlossen werden. Doch so einfach, wie die Forderung über die Lippen kommt, ist die Lösung der Gender-Pay-Gap-Problematik nicht, da sie von bereits tief eingefahrenen strukturellen Mustern abhängig ist. Um die Gehaltslücke schließen zu können müssten typisch weibliche Berufe im Gesundheitswesen, im Einzelhandel und im Erziehungsbereich generell besser bezahlt werden, unabhängig von dem Geschlecht des Ausübenden. Dem folgt die Frage, warum nicht mehr Frauen in Männerberufen tätig sind beziehungsweise sein wollen? Und letztendlich stellt sich die Frage, wie Leistungen fair zu messen sind. Und: geht das überhaupt?

Durch Diversität gewinnen alle

Männer oder Frauen? Wer sind denn nun die qualifizierteren Arbeitnehmer, die empathischeren Kollegen, die besseren Führungskräfte? 

Diese Fragen ließen sich nur mit einem Blick auf den Kontext beantworten, gab sich Sonja Grave, Verantwortliche für den Bereich „Human Resource“ beim Finanzportal Compeon, diplomatisch. So würde auch die Frage danach, ob Äpfel oder Birnen das bessere Obst seien, keine fruchtbaren Ergebnisse liefern, so lange sie nicht in einem bestimmten Zusammenhang, zum Beispiel der Zubereitung von Apfelkuchen, gestellt werde. 

Das erstmal besänftigte den Geschlechterkonflikt, bis Grave spezifizierte: Die Tatsache, dass lediglich ein Vierter aller Führungspositionen von Frauen besetzt sind, sei ein Fehler. Des Weiteren nannte sie sieben Gründe, warum Frauen besser als Männer in der Lage sein könnten, aktuellen und sich verändernden Ansprüchen an eine Führungskraft gerecht zu werden.

Auch das Netzwerk „Xing“ veröffentlichte eine Umfrage, laut derer die Mehrheit der 1.800 Befragten Frauen eine bessere Führungskompetenz als ihren männlichen Kollegen zusprachen. 

Allerdings, so Xing, punkteten die Männer mit einer höheren  Fachkompetenz. Das betonten zwar auch die Befragten der Umfrage des HELMSTEDTER SONNTAG.

Dennoch gab die Mehrheit an, besser mit weiblichen Kollegen und Führungskräften zurecht zukommen, da diese strukturierter, verlässlicher und empathischer agierten. 

Empathie nannte auch Grave als Pluspunkt: Tendenziell seien Frauen besser in der Lage, sich in die Bedürfnisse von Mitarbeitenden einzufühlen. „Dadurch können sie ihr Team nachhaltiger motivieren und Konflikte  frühzeitig deeskalieren.“ 

Weitere Argumente für mehr Frauen im Chefsessel seien eine bessere Integration, die Gabe, sich zurücknehmen zu können, eine kollegiale statt hierarchische Denkweise sowie eine „ganzheitlich entwickelte Persönlichkeit“, die es Frauen erlaube, klassische Rollenbilder zu hinterfragen und auch mal den Mann raushängen zu lassen. Letztendlich hätten Frauen kaum Interesse an Statussymbolen und sähen daher auch ihre Position nicht als solches, sondern als Aufgabe an. 

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.