Hannover. Wieder einmal ist es spät geworden bei den Bund-Länder-Beratungen über die Handhabung der Pandemiebekämpfung. Sehr spät. Dennoch hat das Land Niedersachsen direkt eine Pressemitteilung herausgegeben, die die Beschlüsse zusammenfasst.

Darin heißt es: „Ostern steht vor der Tür, das zweite Ostern in der Corona-Pandemie. Schon sehr lange müssen die Bürger in ganz Deutschland jetzt harte Einschränkungen ertragen. Dennoch steigt die Zahl der Neuinfektionen aktuell deutschlandweit wieder stark an. Verantwortlich dafür ist insbesondere die Virusmutation B1.1.7. – eine sehr ansteckende und offenbar auch im Krankheitsverlauf gefährlichere Variante des Coronavirus.“

Auch in Niedersachsen hätten viele Landkreise und kreisfreie Städte inzwischen die 100er-Marke wieder überschritten, schreibt das Land weiter. In diesen Regionen muss die Notbremse gezogen werden, bereits erfolgte Öffnungen mussten bereits oder müssen bald wieder zurückgenommen werden. „Wir hatten alle miteinander gehofft,“ so Ministerpräsident Stephan Weil, „dass unsere gemeinsamen Anstrengungen die Ausbreitung des Virus nun endlich hätte eindämmen und wieder mehr Bewegungen und Begegnungen möglich machen können. Das ist nicht geschehen. Bund und Länder haben deshalb heute ein neues Kapitel in der Pandemiebekämpfung aufgeschlagen.“

Ab Mitte April soll genug Impfstoff vorhanden sein

Auch heißt es: „Ab Mitte April wird genug Impfstoff vorhanden sein, um wöchentlich bundesweit 3,5 Millionen Menschen zu impfen. Bis zum Sommer sollen dann alle Menschen geimpft sein, die sich impfen lassen wollen.“

Nach Ostern würden konsequent 40 Prozent der Menschen zweimal wöchentlich getestet, damit verbunden ist ein deutlicher Gewinn an Sicherheit vor einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus. Durch die regelmäßigen Testungen großer Teile der Bevölkerung im Bildungswesen und im Arbeitsleben sollen Infektionen frühzeitig aufgespürt und Infektionsketten unterbrochen werden. Ein konsequentes Testregime were die Infektionszahlen nach und nach spürbar senken, schreibt die Landesregierung.

Freiheitsrechte wieder wahrnehmen

Gleichzeitig solle im Rahmen von Modellvorhaben durch gezieltes Testen der Zugang zum Einzelhandel und zur Gastronomie, zu Kultur- und Sportveranstaltungen geöffnet werden. Durch aktuelle Negativtests könnten sichere Zonen geschaffen werden, in denen Menschen Angebote angstfrei wahrnehmen sollen. „Testungen helfen so, Freiheitsrechte wieder wahrzunehmen“, heißt es aus Hannover.

Der Preis für all das sei: Fünf Tage harter Lockdown über Ostern, Geschäfte sollen von Gründonnerstag bis einschließlich Ostermontag geschlossen werden. Der Lebensmittelhandel im engeren Sinne wird am Ostersamstag geöffnet. Unternehmen sollen nicht produzieren, zur Arbeit darf nur gehen, wer absolut systemrelevant ist. Das öffentliche Leben in Deutschland und die direkten zwischenmenschlichen Kontakte sollen auf das absolute Mindestmaß zurückgefahren werden. „Eine kurze aber konsequente Phase des Stillstands kann dazu führen, die Dynamik der Infektionswelle zu brechen und zu dämpfen. Es geht darum, das Infektionsniveau zu begrenzen bis die Teststrategie greift“, ist Niedersachsens Ministerpräsident überzeugt.

Zusätzliche Wirtschaftshilfen

Vereinbart worden seien auch zusätzliche Wirtschaftshilfen des Bundes für besonders belastete Branchen, die seit langem geschlossen sind. Ministerpräsident Weil sagt dazu: „Ich gehe davon aus, dass insbesondere auch Hotels und Gaststätten davon profitieren werden.“

Und er fährt fort: „Wir werden die Ruhezeit über Ostern nutzen für den Aufbau eines ambitionierten und tragfähigen Testregimes. Wir verlangen den Menschen in Niedersachsen und in ganz Deutschland jetzt noch einmal viel ab. Aber wir haben damit die Chance, den dynamischen Anstieg der Fallzahlen zu durchbrechen, Zeit zu gewinnen und durch intensive Testangebote schrittweise zu mehr Normalität zurückzukehren.“

Niedersachsen werde vorbereitet sein: Nach Ostern sollen alle Schüler zweimal pro Woche getestet werden können. Auch in den Unternehmen werden die Testkapazitäten ausgebaut. „Ich bin zuversichtlich, dass die niedersächsische Wirtschaft sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe stellen und alles daransetzen wird, die in Präsenz arbeitenden Beschäftigten zweimal wöchentlich zu testen“, so Weil.

Ein Dank an alle Bürger

Weil bedankt sich bei allen Bürgern in Niedersachsen, die sich trotz all dieser zermürbenden Monate nach wie vor sehr konsequent an die Corona-Schutzmaßnahmen halten und ergänzt: „Wer weiß, wie die Fallzahlen sonst bei uns aussehen würden. Damit sind viele Menschenleben gerettet worden.“

Der Ministerpräsident appelliert an die Niedersachsen: „Bitte lassen Sie sich mit uns zusammen auf dieses Vorgehen ein. Bitte halten sie sich über Ostern mit direkten Begegnungen zurück, bitte verzichten sie auf jede nicht unbedingt notwendige Mobilität. Ich betrachte den harten Lockdown über Ostern als eine Durchbrechung der zermürbenden Spirale von immer neuen Schließungen und zaghaften Lockerungen.“

Der Regierungschef betont: „Es ist mir bewusst, mit wie vielen Entbehrungen und Belastungen die Pandemie für jede und jeden Einzelnen verbunden ist. Letztlich sind wir alle ‚coronamüde‘ geworden, wir alle sehnen uns nach etwas mehr Normalität und mehr direkten Begegnungen. Wir bitten Sie jetzt um eine große Anstrengung über Ostern und anschließend darum, die niedersächsischen Testangebote intensiv zu nutzen und so mehr und mehr Freiheiten zurückzugewinnen.“

Bund und Länder seien zuversichtlich, durch dieses Konzept aus Impfen, Testen und Kontaktreduzierung die Corona-Krise beenden zu können. Stephan Weil sagt abschließend: „Das ist es, wonach sich die Bürger sehnen. Das ist es, was Bund und Länder gemeinsam als ihre wichtigste Aufgabe der nächsten Monate ansehen.“

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit über 25 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor über 23 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.