von Natalie Reckardt 

Teil I: Wie sich „schön“ im Laufe der Zeit wandelt – Im Monatsthema Februar werden die vielen Facetten von Schönheitstrends und ihre Gefahren beleuchtet sowie Selbstreflektion ausgeübt

(erschienen am 6. Februar 2022)

Als schön galten bei den antiken Griechen athletische Körper, die Römer hingegen präferierten mollige Bäuchlein, als Zeichen von Wohlstand. Keusche Schönheit war im Mittelalter gefragt: Hübsch waren jene, die keine Schminke, eine blasse Haut und kleine Brüste besaßen. Knallrote Wangen, weiße Mehl-Gesichter und wallende Locken-Perücken waren im Barock gefragt. Und heute? 

Im Monatsthema Februar dreht sich alles um Schönheit. Was war damals „in“ und was ist es heute? Wie kommen junge Menschen mit dem immer größer werdenden Druck auf das eigene Äußere klar? Welche Rolle spielen die sozialen Medien und vor allem: Kommen alte Schönheitstrends wieder zurück?

„Schönheit“ hat viele Facetten

Aber zunächst einmal: Wer bestimmt eigentlich, wer oder was gerade schön ist? Historisch betrachtet gilt immer das als schön, was man selbst vielleicht nicht sofort erreichen kann. In einer Gesellschaft, in der viele Hunger leiden, gilt ein fülliger Körper als ansehnlich. Im heutigen Wohlstand gilt hingegen Schlankheit als das Ideal überhaupt. Tim Wiese und die junge Selma aus dem Kinderpodcast „Kakadu“ bei Deutschlandfunk Kultur sind in der Folge „Wer bestimmt, was schön ist?“ genau dieser Frage auf den Grund gegangen und waren sich schon anfangs einig: „Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ Zu Wort kamen Kinder, die ihre ganz eigene Definition von „Schönheit“ haben. „Ich mag die Farbe von Regenbögen“, „Ich find das Geräusch von Koffern toll, wenn sie über Gehwegen rollen“, oder „Sonnenuntergänge finde ich auch schön“, waren einige der Antworten, die Tim und Selma aus den Kindern herauskitzeln konnten.

Doch was fällt auf? Die Kinder nannten ganz alltägliche Sachen, Geräusche sowie Wetterarten, die sie mit tollen Erinnerungen in Verbindung bringen, und die sie nicht nur mit den Augen, sondern mit allen anderen Sinnen  fühlen und empfinden können. „Schön“ ist dementsprechend ein Begriff, den man nicht nur Menschen zuschreiben kann, sondern Gegenständen sowie Gefühlen ebenso. Das Monatsthema „Wie sich ‚schön‘ im Laufe der Zeit wandelt“ soll sich allerdings der Ästhetik der Menschen widmen. Auf die Frage „Wer bestimmt, was schön ist?“ gibt es viele Antwortmöglichkeiten. Modemagazine, Kosmetiker, Modelagenturen, Promis, Chirurgen, Freunde oder Familie und viele mehr tragen sicherlich einen großen Teil bei. Der Lebensstandort ist ebenfalls entscheidend. In Teilen Asiens bewundert man Menschen mit blasser Haut, in Deutschland beispielsweise gelten große und schlanke Personen als besonders attraktiv.

So wie sich Schönheistrends gefühlt jährlich wandeln, so ändern auch die Menschen häufig ihre Meinung über das Schönheitsideal. Ebenso ändern sich diese innerhalb einer Kultur. Vielleicht ist es in ein paar Jahren auch wieder modern, eine Figur zu haben, die andere heute als „mollig“ bezeichnen würden.  Auch die Mode ändert sich rasant. Lohnt es sich dann überhaupt, Idealen nachzueifern, die von anderen festgelegt werden? Fakt ist sicherlich, dass man nie der ganzen Welt gefallen wird, denn jeder wird seine ganze individuelle Definition von „Schönheit“ haben.


 

Teil II: Zwischen Beauty-Facefilter und Realität – Junge Menschen werden täglich mit dem Schönheitswahn konfrontiert – und leiden oftmals darunter

(erschienen am 13. Februar 2022)

Öffnet man die App Instagram wird man mit Bildbeiträgen nur so überflutet. Reiseziele, Essensrezepte oder Beautytipps werden zuhauf geteilt. Und gerade bei Influencern muss alles perfekt aussehen. Ob die Kardashian-Töchter oder Fitness-Influencerin Pamela Reif: Jedes Selfie, jedes Ganzkörper-Bild scheint perfekt inszeniert. Als „normaler“ Mensch fragt man sich häufig, wie viele Anläufe diese Personen wohl für das perfekte Bild gebraucht haben. Und ob sie vielleicht immer so aussehen. Mittlerweile wissen die meisten sicherlich, dass gut und gerne mal mit diversen Schönheits-Filtern und Bildbearbeitung nachgeholfen wird. Doch denkt man da wirklich in den ersten Sekunden dran, wenn man solch ein Bild sieht?

Was man definitiv sieht, sind Menschen, die in der heutigen Gesellschaft als „schön“ gelten. Große Augen, volle Lippen, ein schmales Kinn und perfekt gestylte Haare werden auf Internetplattformen gerne präsentiert und generieren eine Menge Likes. Vor allem junge Menschen, oftmals noch in ihrer Selbstfindungsphase, sind Fans von heutigen Influencern. Da bleibt es nicht aus, dass der ein oder andere Trend nachgeahmt wird.

Was aber, wenn die Nachahmung zur Sucht wird? Wenn es nicht mehr nur reicht, die gleiche Haarfarbe des Idols zu besitzen, sondern Nase, Lippen, Augen und Brauen genauso aussehen müssen?

Im vergangenen Teil des Monatsthemas im Februar – „Wie sich ‚schön‘ im Laufe der Zeit wandelt“ – wurde schon festgestellt, dass das als „schön“ angesehen wird, was man selbst auf Anhieb nicht erreichen kann. Das geht nicht nur normalen Bürgern so, sondern den Stars ebenfalls. Nur: Die haben meist das Geld übrig, um sich optisch an die neuesten Trends anpassen zu lassen. Aber Schönheitseingriffe müssen nicht unbedingt die -erstbeste Lösung für das Erreichen des „perfekten Ichs“ sein. Angefangen mit so genannten „Face Filtern“ hat Snapchat, Instagram zog kurz darauf nach. Mit Face Filtern können visuelle Objekte und Elemente auf das Gesicht des Nutzers gelegt werden. Einige sind lustig, andere sind allerdings dafür da, die Haut straffer und reiner, die Lippen voller und die Augen größer, das komplette Gesicht eben „schöner“ wirken zu lassen. Für so genannte Filter Presets, die beispielsweise Voreinstellungen zur Farbgebung beinhalten, nehmen manche Influencer sogar Geld. 

Instagramer verkaufen ihre spezifischen Presets inzwischen an Follower, sodass diese ihren Posts einen favorisierten Look geben können. Für die Influencer ein guter Verdienst, wenn man bedenkt, dass manche Presets für 30 Euro angeboten werden – und das nur, um einen Filter über ein Bild zu legen.

Junge Menschen besser schützen

Allerdings bringt die Anwendung dieser Fotofilter Risiken mit sich. Jugendliche berichten davon, sich ohne Filter nicht mehr schön zu fühlen und deshalb keine „normalen“ Bilder mehr schießen zu können. Der Schönheitswahn setzt jungen Menschen ganz schön zu. 

Auf der Webseite www.kinder-aerzte-im-netz.de, auf der sich deutsche Kinderärzte unter anderem mit den Gefahren zum Thema Schönheit in den Sozialen Netzwerken auseinandersetzen, steht es folgendermaßen beschrieben: „Die intensive Beschäftigung mit sozialen Medien kann das Wohlbefinden senken und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper erhöhen.“ 

Das gelte insbesondere für soziale Medien, die stark auf Bildern basieren, wie zum Beispiel Instagram. Zudem seien nicht nur junge Frauen betroffen: „Auch junge Männer werden tausendfach mit Bildern vermeintlich perfekter, durchtrainierter Körper konfrontiert und verinnerlichen diese Körperideale. Das prägt die eigene Wahrnehmung und die eigenen Ansprüche.“ Um vor allem junge Menschen vor diesem Problem zu schützen, braucht es daher ein Umdenken in der Gesellschaft. So lange Aussehen, der eigene Körper und Fitness eine so herausragende Rolle im Thema Selbstwertgefühl spielen, werden es Jugendliche immer schwerer haben, sich davon abzugrenzen.

Die Wahrheit ans Licht bringen

Es gibt aber tatsächlich Influencer, die dabei helfen, mehr Realität in die virtuelle Welt zu bringen. Rianne Meijer war lange eine typische Influencerin, die ausschließlich schöne Fotos von sich bei Instagram veröffentlichte. Mittlerweile zeigt sie dort auch einige „Outtakes“, und führt vor Augen, wie stark manche Nutzer tricksen.

In einem Bild sieht man Meijers Gesicht aus einem vorteilhaften Winkel, die Haare sind gemacht, ihre Haut strahlt und man könnte meinen, das Bild dient als Cover eines Modemagazins Wischt man nach links, sieht man Meijer ungeschminkt und mit einem leichten Doppelkinn, die Haare ungekämmt. Es ist ein Beweis dafür, wie sehr sich ein Foto durch Selbstinszenierung und Bildbearbeitung ändern kann. 

Eine weitere erwähnenswerte Instagramerin ist Emily Bispo, die sich ebenfalls die meiste Zeit ohne Filter zeigt, und body positivity verbreitet. Denn Bispo zeigt ihren Körper wie er ist, ohne Bildbearbeitung und ohne „vorteilhaftes“ Posieren – für mehr Realität.


 

Teil III: 1990er und 2000er feiern ihr Trend-Comeback – Schönheit hat bekanntlich ihren Preis und so auch „Fast Fashion“ – Wie man die Strategie umgehen kann

(erschienen am 20. Februar 2022)

Schönheits- und Modetrends gibt es seit eh und je. Vor allem der Fashion Bereich ist schnelllebig. Jedes Jahr gibt es neue oder sogar alte Trends zu entdecken, die dann in den Schaufenstern der Modehäuser ausgestellt werden. Auch im Bereich Frisur und Kosmetik ändert sich ständig etwas.  Während in einer Saison lange Haare angesagt waren, ist es in der nächsten der Pixi-Haarschnitt. In diesem Teil des Monatsthemas „Wie sich ‚schön‘ im Laufe der Zeit wandelt“ sollen Trends vorgestellt werden, die in 2022 ihr Revival feiern. 

Jogginganzüge sind wieder da 

„Ich mag den Trend der buschigen Augenbrauen. Plateau und Schulterpolster können bitte wegbleiben“, antwortete eine Leserin des HELMSTEDTER SONNTAG auf die Frage, welche Trends sie vermisst und welche in der Vergangenheit bleiben können. Dabei waren im vergangenen Jahr so genannte „Chunky“ Loafer und Boots angesagter denn je. Die klobigen Schuhe lassen einen nicht nur größer aussehen, sie lassen sich auch zu vielen Outfits kombinieren. 

Welche Trends noch ihr Comeback feiern, wird im beliebten Mode- und Lifestylemagazin „Instyle“ erklärt: „Shirts, Tops und Blusen mit Schnürungen und Cut-Outs zählen zu den absoluten Modetrends 2022. Für all diejenigen, die gerne etwas mehr Haut zeigen, ist dieser Trend genau das Richtige. In Kombination mit einer Jeans lässt sich der Look alltagstauglich stylen. Mit Blazern oder Pencilskirts wirken Tops mit Schnürdetails und Cut-Outs sogar sehr elegant.“ Vor allem im Frühling werde man diese Kombination oft sehen.

„Jorts bezeichnen Jeans-Shorts, die etwa bis zum Knie gehen. Was Sarah Jessica Parker schon 2004 trug, bringen Gigi Hadid und Kim Kardashian nun wieder in Mode“, schreibt Instyle weiter.

Auch farblich abgestimmte Jogginganzüge sowie „Kitten Heels“ sollen 2022 zurückkommen. Doch damit nicht genug, Veränderung auf dem Kopf kündigt sich ebenfalls an…

Comeback der 2000er

Im vergangenen Jahr waren die 1990er Jahre im Beauty-Bereich präsent. Heute ziehen die 2000er nach und ein ultrakurzer Bob erfreut sich großer Beliebtheit. Er reicht gerade so bis zu den Wangenknochen oder ist bis auf Kinnlänge geschnitten. Auf diese Weise bringt er markante Gesichtszüge besonders gut zum Ausdruck. 

Ein weiterer Frisurentrend sind die Baby Braids. Kleine geflochtene Zöpfe setzen Akzente und umspielen die Gesichtspartie.

Im Kosmetikbereich kündigen sich jetzt die in den 2000er Jahren beliebten French Nails an. Heute werden allerdings andere Schwerpunkte gesetzt. Statt der dicken weißen Ränder auf den Nägeln legen Menschen Wert darauf, dass die Nägel möglichst dünn sind. 

Weiß müssen die Ränder auch nicht mehr sein, immer mehr greifen zu farbenfroheren La-cken. 

„Gefahren“ bei Trends

Stilbewusste Menschen lassen sich natürlich die neuesten Trends nie entgehen. Vor allem die Modewelt ist schnelllebig, bringt sie doch für jede Jahreszeit neue Kollektionen heraus. Aber Trends nachzujagen stellt auch eine Gefahr dar: Fast Fashion.

Fast Fashion ist eine Strategie der bekannten Modehäuser, welche eingesetzt wird, um so viele Kollektionen wie möglich in kürzester Zeit herauszubringen. Auch treffen Käufer häufig auf ähnlich aussehende Designerstücke, die natürlich wesentlich weniger kosten. Der Grund für die enorme Geschwindigkeit der Fast-Fashion-Strategie ist die erhöhte Produktivität bei der Herstellung der Billigware. Nur zwölf bis 15 Tage brauchen die Produkte, um im Handel zum Kauf angeboten zu werden. In der Vergangenheit dauerte das Monate. Die Strategie findet vor allem bei jungen Konsumenten Anklang, die sich teurere Kleidung nicht leisten können, aber die Trends dennoch mitnehmen wollen.

Was eigentlich gut klingt, ist schädlich bezüglich anderer Faktoren, zum Beispiel für die Umwelt. Die Umweltmission setzt sich für eine bessere Umwelt und das Klima ein und berichtet auf ihrer Webseite www.umweltmission.de regelmäßig über neue Ereignisse zu diesen Themen. Auch das Fast Fashion-Phänomen wurde unter die Lupe genommen und erklärt, warum es größtenteils negative Effekte verursacht: „In den Industrienationen dominiert das Sprichwort: Kleider machen Leute. Modeliebhaber wenden dieses Sprichwort im wahrsten Sinne des Wortes an. Demzufolge betrachten sie Mode als Hobby. Regelmäßig konsumieren die Bürger der Industrienationen Kleidung. Deutschland belegt zudem in dieser Hinsicht die Spitzenposition: Zwischen zwölf und 15 Kilogramm Kleidertextilien kaufen die Bürger pro Jahr. Weltweit erwerben Menschen deutlich weniger Textilien: Der Durchschnitt beläuft sich auf acht Kilogramm. Der Vergleich zeigt, dass die Mehrheit mehr Kleidung kauft als sie tatsächlich benötigt.“

Mit der schnellen Mode gingen verheerende Auswirkungen einher, so die Umweltmission: „Bevor die Textilien ihren Weg in die Läden oder via Onlineshopping in den eigenen vier Wänden landen, verursachen sie unvorstellbare Schäden. Soziale, ökologische und ökonomische Folgen resultieren aus einem intensiven und unnötigen Kleiderkauf. Weshalb? Weil Textilien überwiegend aus Baumwolle bestehen. Damit diese jedoch gedeiht, setzen lokale Bauern Pestizide ein. Für die Weiterverarbeitung nutzen sie Chemikalien. Während des Produktionsprozesses kommt ein weiterer Faktor ins Spiel, der für den Klimaanstieg verantwortlich ist: Hohe Mengen an CO2 werden freigesetzt. Dieses belastet jedoch die Umwelt und beschleunigt den Klimawandel“, klärt die Umweltmission auf.

Fast Fashion umgehen

Es gibt selbstverständlich Mittel und Wege, um der Fast Fashion-Industrie aus dem Weg zu gehen. Second Hand Läden zum Beispiel bieten getragene Kleidung in einem guten Zustand für meist kleines Geld zum Verkauf an. Auch Flohmärkte sind eine tolle Alternative, um neue Schätze für sich zu gewinnen – und Textilien müssen nicht neu produziert werden. Außerdem findet man sicherlich ein paar tolle Teile aus den 1990er oder 2000er Jahren, die ja, wie schon erwähnt, jetzt wieder ihren Weg in die Gesellschaft finden und besonders angesagt sind. 


 

Teil IV: Den ,,lila Hut“ schon viel früher aufsetzen – Zum Abschluss des Monatsthemas richten wir den Blick auf uns selbst und schauen, ob wir uns unter Druck setzen 

(erschienen am 27. Februar 2022)

„Du bist schön, so wie du bist“ liest man immer öfter in den bekannten Frauenmagazinen, die es in Zeitungsläden zu kaufen gibt. Ironischerweise gibt es zwei Seiten weiter „Tipps zum Abnehmen“. Kein Wunder also, dass kaum jemand den Spruch am Anfang noch ernst nehmen kann. Allerdings ist dieser sicherlich noch nicht einmal böse gemeint.  Im vergangenen Teil des Monatsthemas „Wie sich ‚schön‘ im Laufe der Zeit wandelt“ wurde dargestellt, wie Social Media, und insbesondere die Filterwelt, das Selbstbild eines jeden Individuums verzerren kann.

In diesem Teil werde ich persönlich meine Erfahrungsberichte teilen und was ich aus dem Monatsthema gelernt habe.

Entspreche ich der Norm?

So wie jeder andere Jugendliche auch, fing ich früh an, mich mit meinem Aussehen auseinanderzusetzen. Sehr bald merkte ich, dass ich gar nicht in das typische Schönheitsbild passe. Angefangen bei meiner Größe (mit 1,53 Meter „zu klein“) bis hin zum restlichen Körperbau und meinem Gewicht. Dem Spruch „Als schön wird oft das bezeichnet, was man selbst nicht sofort erreichen kann“ kann ich somit nur zustimmen. An meiner Größe und meinem Körperbau kann ich wohl schlecht etwas ändern, wohl aber an der Art und Weise wie ich mich anziehe. Mit 14 Jahren begann ich, wie andere junge Mädchen heute vermutlich auch, den damaligen Trends hinterher zu rennen. Immer mussten es neue Schuhe, Hosen, Oberteile und sonstige materielle Sachen sein. Habe ich dadurch mehr Anerkennung bekommen? Die Antwort lautet „Nein“.

Eine Zeit lang war ich mit den neuen Gegenständen vielleicht zufrieden, aber je öfter sich die Trends änderten, desto mehr Selbstzweifel überkamen mich. Auf einmal war eine gewisse Farbe nicht mehr angesagt und ich hätte am liebsten alle Kleidungsstücke, die in dieser Farbe waren, aus meinem Schrank verbannt. Gesund war das sicherlich nicht. 

Einsicht ist der erste Weg zur Besserung

Je älter ich wurde, desto „vernünftiger“ wurde ich auch. Ich erkannte, dass der Besitz neuer Sachen mich nicht dauerhaft glücklich machen kann und dass es im Grunde genommen egal ist, ob ich einem Schönheitsideal entspreche oder nicht. Diese Wandlung hatte tatsächlich keine bestimmten Gründe. Vielmehr hing sie mit der Änderung meiner Prioritäten zusammen. Heute mit 22 Jahren interessiere ich mich noch immer für Mode und Make-Up, setze mich deswegen aber nicht mehr so sehr unter Druck. Mit einem Vollzeitjob und einer Familie habe ich andere „Sorgen“, um die ich mich kümmern muss. Was nicht bedeutet, dass ich mich „gehen lasse“. Nach wie vor stöbere ich, hauptsächlich in Second Hand Läden, gerne nach neuen Kleidungsstücken oder blättere durch Modemagazine. Dabei bin ich auf der Suche nach einem ganz eigenen Stil, welcher zu mir passt und mit dem ich mich wohl fühle. Allerdings bin ich der Meinung, dass dies ein Prozess ist, der etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, jedoch Spaß machen und nicht unter Druck setzen sollte.

Eine Leserin des HELMSTEDTER SONNTAG sendete vor einigen Wochen passend zu dieser Thematik eine Kurzgeschichte (Verfasser unbekannt) zu. Diese lautet wie folgt: „Mit drei Jahren schaut sich ein Mädchen im Spiegel an und sieht eine Königin. Mit acht Jahren schaut sie sich an, und sieht ein Aschenputtel. Mit 15 Jahren schaut sie sich an und sieht die hässliche Stiefschwester des Aschenputtels: ‚Mutter, so kann ich unmöglich zur Schule gehen!‘ Mit 20 schaut sich die junge Frau an und sieht sich ‚zu dick, zu dünn, zu klein, zu groß, die Haare sind zu kraus, zu glatt‘. Mit 30 schaut sie sich an und sieht sich ‚zu dick, zu dünn, zu klein, zu groß, die Haare sind zu kraus, zu glatt‘, aber sie findet, sie habe jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Mit 40 sieht sie sich an und sieht sich ‚zu dick, zu dünn, zu klein, zu groß, die Haare sind zu kraus, zu glatt‘, aber sie sagt, sie sei zumindest sauber. Mit 50 schaut sie sich an und findet: ‚Ich bin wie ich bin.‘  Mit 60 schaut sie sich an und erinnert sich an alle Menschen, die sich nicht mehr im Spiegel betrachten können. Sie geht hinaus in die Welt und erobert sie. Mit 70 schaut sie sich an und sieht Weisheit, Lachen und Fähigkeit – sie genießt das Leben. Mit 80 kümmert sie sich nicht mehr darum, in den Spiegel zu schauen… Sie setzt sich ganz einfach einen lila Hut auf und geht, um sich mit der Welt zu vergnügen. Vielleicht sollten wir schon viel früher den lila Hut aufsetzen…“

Diese Geschichte ist natürlich nicht nur auf das weibliche Geschlecht bezogen, selbstverständlich machen sich Männer genauso viele Gedanken über ihr Aussehen.

Was die Geschichte suggeriert, ist doch, dass man viel früher anfangen sollte, man selbst zu sein. Mode ist heute an keine Grenzen mehr gebunden. Viel wichtiger ist, das eigene Selbstempfinden und Wohlsein schätzen zu lernen. Und damit kann man gar nicht früh genug anfangen. 

 

 

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Natalie Tönnies, geboren 1999 in Schönebeck (Elbe), ist das Küken in der Redaktion des HELMSTEDTER SONNTAG und steckt mitten in ihrem Volontariat. Die Danndorferin ist eine leidenschaftliche Sportschützin mit einer kleinen Abneigung gegenüber (Führerschein-)Prüfungen. Sie schreibt unheimlich gerne die Fleischerseite des HELMSTEDTER SONNTAG.