Um Übermengen an Plastikmüll in den Straßengräben, in den Meeren und vor allem bereits in der Produktion geht es beim Monatsthema „Alles Plastik, oder was?“.

Die Menschen hassen oder lieben sie, die jungen Aktivisten, die unter dem Motto „Fridays for Future“ auf die Straße gehen, um für ihre eigene umweltfreundlichere Zukunft zu demonstrieren.

Und ganz egal, wie man persönlich zu den Demonstrationen der Schüler steht, ist zu bemerken, dass in punkto Umwelt und Nachhaltigkeit tatsächlich ein Umdenken in den Köpfen der Menschen stattfindet. 

„Fridays for Future“ und andere Aktionen tragen dazu bei, dass ein Umdenken bei den Menschen einsetzt, aber die Industrie muss handeln

In Wien baut der schwedische Möbelgigant IKEA ein Kaufhaus mitten in der Fußgängerzone und ohne Parkplätze, um die Innenstadt autofrei zu halten. 

Ein Rewe-Supermarkt hat in Zusammenarbeit mit einer Schule einen „Baum“ aufgestellt, an den Einkaufstaschen gehängt und mitgenommen werden können. Wer seinen Einkaufsbeutel vergessen hat, nimmt sich eine Tasche von dem Baum und hängt bei nächster Gelegenheit wieder eine daran. 

Dies sind nur zwei Beispiele, die  zeigen, dass es nicht beim Umdenken bleibt, sondern dass auch immer mehr nachhaltig gelebt wird. 

Plastik ist auch für die Menschen eine direkte Gefahr

Eines der größten Probleme weltweit ist und bleibt dennoch der Plastikmüll. Für den grausamen Tod der Meeresbewohner ist Plastikmüll verantwortlich, der die Weltmeere verunreinigt. Die Plastikflut bedroht allerdings auch direkt die Menschen. 

Der World Wide Fund For Nature (WWF) hat zum Beispiel die University of Newcastle in Aus-tralien ausrechnen lassen, wie viel Plastik jeder Mensch weltweit durchschnittlich über Wasser, Nahrung und Atemluft aufnimmt. 

Wie der WWF auf seiner Internetseite berichtet, seien diese Berechnungen nicht ganz einfach, da beispielsweise Nahrungsmittel- und Wasserproben nur stichprobenartig beziehungsweise mit fehlerhaften Methoden untersucht wurden. 

Am Ende hat die australische Universiät über 50 Studien ausgewertet und kam dadurch zu dem Ergebnis, dass pro Woche bis zu fünf Gramm Mikroplastik (das ist in etwa so viel wie eine Kreditkarte wiegt) über die Aufnahme von Wasser, Nahrung und Atemluft in den menschlichen Körper gelangen. Dabei gibt es natürlich von Region zu Region und von Mensch zu Mensch unterschiedliche Werte. 

Noch nicht erforscht ist zwar, ob und wie weit die Aufnahme von Plastik schädlich für die Gesundheit ist, allerdings ist klar, dass Mikroplastikpartikel Chemikalien enthalten. 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich der gesundheitlichen Folgen von Mikroplas-tik im Grundwasser angenommen, steht jedoch erst am Anfang solcher Studien.

Die bereits ausgewertete Studie der University of Newcastle zeigt jedenfalls ganz deutlich: Plastik ist überall. Denn es wurde auch dargestellt, wie weit die Kontamination der Umwelt durch Plas-tik bereits vorangeschritten ist. Für den WWF ist die logische Schlussfolgerung daraus: „Plastik darf nicht mehr in die Umwelt gelangen“. 

Die beste Lösung dafür seien, so der WWF, „starke nationale Gesetze für ein besseres Plastikmanagement. Die weltweiten Regierungen müssen beim Thema Plastikmüll zusammenarbeiten, und Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen für das Plastik, das sie herstellen und nutzen.“

Weltweit 310 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr

In einem Jahr werden weltweit 310 Millionen Tonnen Plastikmüll erzeugt. „Normalerweise“ werden sie deponiert, verbrannt oder bestenfalls recycelt, allerdings gelangen Unmengen in die Umwelt, verschmutzen Strände, Flüsse und Meere. 

Laut WWF gelangt ein Drittel des Plastikmülls in die Umwelt, 2016 entsprach dies 100 Millionen Tonnen. 

Dabei ist Plastik nicht grundsätzlich etwas Schlechtes. Die Gesellschaft und manchmal sogar die Umwelt können von dem künstlich hergestellten Material profitieren. Plastik ist preisgünstig, vielseitig und zuverlässig. Deshalb hat die Nutzung in diesem Jahrtausend enorm zugenommen. Allerdings wird fast die Hälfte der Plastikproduktion zu Wegwerfprodukten verarbeitet.

Weil all dies zu denken gibt, wird der HELMSTEDTER SONNTAG einen Monat lang das Thema unter die Lupe nehmen, unter dem Motto „Alles Plastik, oder was?“ herausfinden, ob es überhaupt funktionieren kann, im Alltag weitestgehend darauf zu verzichten, „Plastiksünden“ ausfindig machen und schauen, welche Maßnahmen weltweit bereits ergriffen wurden, um eine sinnvolle Abhilfe des Problems zu finden. 

Es gibt eine Vielzahl von Projekten zum Schutz der Meere und auch die EU hat Rahmenrichtlinien beschlossen

„Weniger ist Meer“ heißt sie beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), „Stopp die Plastikflut“ beim World Wide Fund For Nature (WWF), „Meere ohne Plastik“ beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) und „Plastikflut stoppen“ bei Greenpeace. Es gibt die „PlastikPiraten“, „Refill Deutschland“, „das „Clean River Project“, die „Gewässerretter“, „The Ocean Cleanup“, „Das Parlament der Fische“, „Fishing for litter“ und noch so viele mehr. 

All diese Aktionen und Projekte kümmern sich um eins: den Plastikmüll in den Weltmeeren zu reduzieren. Da drängt sich die Frage auf, ob es nicht sinnvoller wäre, eine große, schlagkräftige Initiative zu gründen, in der sich alle „Ozeanretter“ vereinen, um eine wirklich wahrnehmbare Stimme in der Welt zu haben. 

Organisationen haben sich verbündet

Allerdings haben sich die Umweltschutzorganisationen – zumindest in Europa – bereits verbündet, wenn es um das Thema Plastikmüll in den Weltmeeren geht. 

Grund dafür war die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), mit der die EU einen rechtsverbindlichen Rahmen geschaffen hat, um Schutz und Nutzung der europäischen Meere in Einklang zu bringen. Ziel der MSRL aus dem Jahr 2015 war das Erreichen des guten Umweltzustands der europäischen Meere bis zum Jahr 2020 und dessen Erhalt darüber hinaus. 

Inzwischen ist das Jahr 2020 schon 40 Tage alt, das Ziel der MSRL aber nicht erreicht. 

Immerhin: Die EU hat sich bereits Ende 2018 dazu durchgerungen, per Richtlinie Einwegplastik zu verbieten. Weil die EU-Kommission von Experten erfassen ließ, was besonders häufig an Stränden angespült wird (Geschirr, Besteck, Strohhalme, Wattestäbchen und Luftballon-Halter) sollen Plastikgegenstände, für die es bereits bessere Alternativen gibt, ab 2021 in allen EU-Mitgliedsstaaten verboten sein. 

Verboten sind dann Plastikbesteck, Plastikgeschirr, Plastikstrohhalme, Verpackungen für warme Speisen und Getränke aus Styropor sowie Wattestäbchen aus Plastik.

Essensverpackungen drastisch reduzieren

Erheblich reduziert werden sollen außerdem Einmal-Essensverpackungen und Einmal-Becher aus Plastik sowie deren Zubehör. Und: Ab 2030 sollen sämtliche Plastikflaschen zu mindestens 30 Prozent aus recyceltem Material bestehen.

Auf einigen Produkten mit gewissem Kunststoff-Anteil soll es ab 2021 Hinweise geben, die über negative Umweltauswirkungen informieren. Zu solchen Produkten zählen zum Beispiel Feuchttücher. 

Ziel all dieser Maßnahmen ist es, die Verschmutzung der Meere einzudämmen. 

Laut der EU-Kommission erzeugen allein die Europäer pro Jahr 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfall. 

Klar ist, dass die Mitgliedsstaaten der EU weitere Maßnahmen ergreifen müssen. Aber allein an einem Plastiktütenverbot zeigt sich, wie uneins man sich ist.
In Deutschland setzt man auf eine freiwillige Mitarbeit des Handels. So sind Plastiktüten nur noch gegen Geld erhältlich. 

Irland hat Plastiktütenpfand erhoben

Irland beispielsweise zeigt, wie es auch gehen kann. Durch eine Abgabe (22 Cent pro Plastiktüte) konnte die Menge benutzter Tüten gesenkt werden. Pro Einwohner und Jahr ging der Verbrauch dadurch von 328 auf nur noch 14 Stück zurück. 

Allerdings sind die dünnwandigen Tüten für Obst, Gemüse und Waren aus der Frischtheke darin nicht eingeschlossen; Kunden erhalten sie nach wie vor kostenlos. 

Immerhin hat die Abgabe dazu geführt, dass sich die irische Bevölkerung stark mit der Meeresverschmutzung durch Plastik beschäftigt…

In Deutschland wurde im November 2018 ein Fünf-Punkte-Plan des Bundesumweltministeriums unter dem Titel  „Nein zur Wegwerfgesellschaft“ veröffentlicht. Der nimmt Bezug auf die EU-Richtlinie. Nach Meinung des NABU allerdings liefere der Plan wenig Neues und greife zu kurz, wenn es um die konsequente Förderung von Mehrweglösungen und Abfallvermeidung geht.

Zum 1. Januar 2019 hat das Verpackungsgesetz die bis dahin gültige Verpackungsverordnung in Deutschland abgelöst.

Darin geregelt werden die Produktion, Rücknahme, Verwertung und die Entsorgung von Verpackungen aus Plastik. Allerdings verhindert dieses Gesetz keine übermäßigen Verpackungen. 

Und die Verbraucher, von denen sich eine Vielzahl weniger Verpackungen wünscht, werden gar nicht darin berücksichtigt. Das kritisierten Verbraucherzentralen bereits Ende 2018 kurz vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes. 

Viele Supermärkte geben sich nachhaltig, setzen es dann aber nicht so umfangreich um, wie es möglich wäre

Zehn Millionen Tonnen Müll landen jährlich im Meer, gibt der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) auf seiner Homepage an. 

Die Quellen und Formen des Mülls in den Meeren seien dabei sehr vielfältig: Zu den bekannten Verursachern gehörten landbasierte Quellen – etwa aus dem Tourismus, der Industrie, von Mülldeponien und aus Städten – sowie seebasierte Quellen wie die Fischerei und Handelsschifffahrt, Freizeitschiffe, Offshore-Anlagen und Aquakultur, also Zuchtgebiete. 

Die Verhältnisse seien unterschiedlich, doch der größere Anteil stamme aus den genannten Landquellen.

Dreiviertel des Mülls wiederum bestehe aus Plastik in allen Größen: von Mikroplastikpartikeln bis zu den so genannten Geisternetzen (abgetriebene, kilometerlange Fischernetze).

Der BUND berichtet weiter, dass der Plastikmüll sich wegen seiner extremen Langlebigkeit (300 bis 450 Jahre) auf der ganzen Welt finden lässt, von den Polarregionen bis hin zur Tiefsee. Inzwischen sei der Meeresmüll sogar schon aus dem Weltraum zu erkennen. „Hochrechnungen gehen in diesen Regionen (Müllstrudeln) von sechsmal mehr Plastikteilen als Planktonorganismen aus“, berichtet der BUND.

Die Auswirkungen auf die Ökosysteme sind immens

Von dem Müll in den Meeren sind mehr als 663 Tierarten bedroht, die Auswirkungen auf die Ökosysteme sind immens. Eine Million Vögel und 100.000 Meeressäuger würden jährlich an Meeresmüll sterben, nennt der BUND konkrete Zahlen und verweist darauf, dass die Tiere sich zum einen im Plastikmüll verhedderten oder Plastikteile im Meer mit Nahrung verwechselten. Verletzungen, Strangulationen und plastikgefüllte Mägen sind die Folgen – die Tiere verhungern mit vollem Plastikmagen. 

Es muss also dringend etwas geschehen, um der Vermüllung Einhalt zu gebieten. Laut Greenpeace produziert allein jeder Deutsche pro Jahr über 220 Kilogramm Verpackungsmüll. 

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) errechnete für das Jahr 2017 sogar 226,5 Kilogramm Verpackungsmüll je Bürger in Deutschland, kamen doch insgesamt 18,7 Millionen Tonnen zusammen. 

Wie kommt es zu so viel Müll?

Darauf hat der Nabu eine Antwort: Allein bei frischem Obst und Gemüse entstünden 93.000 Tonnen Verpackungsmüll, schreibt er auf seiner Homepage. Etwa Zweidrittel des im Supermarkt erhältlichen Obst und Gemüses sei schlichtweg schon „vorverpackt“. 

Mit Inkrafttreten des neuen Verpackungsgesetzes am 1. Januar 2019 hat ein Umdenken bei den Supermärkten stattgefunden. 

So haben Geschäfte beispielsweise die Plastiktüte aus dem Programm genommen.

Dabei gehen einige sogar so weit, dass sie auch an der Obst- und Gemüsetheke nur noch Papiertüten oder wiederverwertbare Stoffnetze für die „lose Ware“ anbieten. 

Doch ist das schon das Maß aller Dinge? Ist das nachhaltig genug?

Es stellt eher eine Krux dar, wenn ein Supermarkt überall damit wirbt, keine Plastiktüten mehr im Sortiment zu haben, aber ganz „nebenbei“ Salat-Schalen aus Plastik und Kaffeebecher „to go“ anbietet. 

Auch nachdenkenwert ist der Umstand, dass es in vielen Märkten Bedientheken für Käse, Fleisch und Fisch gibt, aber gleichzeitig in Ständen davor (dieselbe) Ware, bereits abgewogen und ordentlich von Plas-tik umhüllt, angeboten wird. 

Wenn alle Verbraucher nachhaltig handeln würden…

Die einfachste „Lösung“ wäre natürlich, dass die Verbraucher keine vorgepackte Ware mehr einkaufen. Aber das ist vielen schlichtweg zu unbequem. 

Der HELMSTEDTER SONNTAG wird den Test machen, wie aufwändig es ist, für den alltäglichen Bedarf möglichst plastikfrei einzukaufen und in der nächsten Ausgabe darüber berichten. 

Nachhaltige Ansätze sind in Geschäften und Märkten schon zu finden, sie können aber in allen Bereichen deutlich ausgebaut werden

Es ist alles andere als einfach, möglichst plastik- und verpackungsarm einzukaufen. Das war schon vor dem „Selbstversuch“ des HELMSTEDTER SONNTAG klar, der im Rahmen das Februar-Themas „Alles Plastik, oder was?“ stattfand. Aber: Wer offenen Auges durch die Supermarktregale geht und sich Zeit nimmt, der kann einige nachhaltige Ansätze entdecken. 

Ganz ohne Plastik geht es aber nicht. Gerade im Non-Food-Segment sind Alternativen schwer zu finden. Zum Beispiel gibt es eigentlich keine Reinigungsmittel, die nicht in einer Plastikflasche daher kommen.

Da heißt es zurzeit noch Kompromisse einzugehen. Da, wo eine Plastikverpackung nicht vermieden werden kann, sollte immer die größere „Portion“ gewählt werden. Und bei ökologischen Produkten, wie zum Beispiel „Frosch“, werden die Verpackungen zu 100 Prozent aus Altplastik hergestellt, was natürlich sinnvoller ist. 

Auch eine gute Idee ist die Nachfüll-Variante, die sich gerade in den Drogeriemärkten einen Weg nach oben bahnt. Aus großen Kanistern können dort Duschgel, Shampoo und auch Reiniger  einfach in Mehrwegflaschen gezapft werden. 

Vielleicht setzt sich dies eines Tages auch für Lebensmittel durch, wie Greenpeace in der Broschüre „The Smart Supermarket“ (auf Englisch downloadbar unter www.greenpeace.de) darstellt: Abfüllstationen gibt es im nachhaltigen Supermarkt für fast alles: Nudeln, Nüsse, Körner, Flocken und einiges mehr… 

Einige Leser fordern einmal mehr die – ohne Säcke zu beladene – Gelbe Tonne, andere geben sich selbst viel Mühe  

Die Leser des HELMSTEDTER SONNTAG sind der Ansicht, dass jeder Einzelne dazu beitragen kann, Plastikmüll zu reduzieren. Einige nutzten das Monatsthema auch, um die Entscheidung des Helmstedter Kreistages zu kritisieren, keine Mülltonnen einzuführen, in denen der Verpackungsmüll direkt  entsorgt werden darf. 

„Die Mitglieder des Kreisausschusses beachten nicht die Meinung der Bevölkerung“, kritisierte beispielsweise Hans-Jürgen Krumpelt. „Der Kreisausschuss des Landkreises Helmstedt hat beschlossen und nochmals bestätigt, dass unser Plastikmüll in Plastiksäcken gesammelt und abtransportiert wird. Das ist keine Reduzierung von Plastik, denn dazu müssen Millionen von Plastiksäcken hergestellt werden. Wäre es da nicht sinnvoller, wie die Mehrzahl der Gemeindeverbände es wünscht, Plastikmüll in der Gelben Tonne – ohne Plastiksäcke – zu sammeln?“, erklärte Krumpelt dazu. 

Und Horst Pahlke schrieb erstaunt: „Ich habe bei ALBA Entsorgung eine Gelbe Tonne bestellt, um den Verbrauch von Gelben Säcken einzuschränken. Mit Verwunderung sah ich auf der Gelben Tonne den Hinweis, dass die Tonne nur mit Gelben Säcken zu befüllen ist. Thema Plastikmüll vermeiden verfehlt!“.

Dass die Entsorgung des Verpackungsmüll erst am Ende der Verwertung steht, darauf machte Antje Wahrlich aufmerksam, die mit ihrer Familie sehr nachhaltig agiert. Deshalb drucken wir ihren Beitrag ungekürzt ab.

Antje Wahrlich schreibt Folgendes: „Erst einmal finde ich es toll, dass das Thema Müll in der Zeitung behandelt wird. Jeder kann seinen Beitrag leisten und manchmal fehlt nur ein kleiner Anstoß. Ich habe vor einem Jahr angefangen mir Gedanken zu dem Thema zu machen. Zwei Gelbe Säcke in einer Woche in einem Vier-Personen-Haushalt kamen mir doch recht viel vor. Unsere Familien-Challenge lautete also: Verpackungen sparen. Mit guter Vorbereitung und einigen extra Wegen ist uns das auch gut gelungen. Immerhin ist es jetzt ‚nur‘ noch ein Gelber Sack pro Wochen. Wurst und Fleisch wird ausschließlich beim Schlachter vor Ort gekauft und direkt in eine mitgebrachte Dose verpackt. Käse kaufen wir nach Möglichkeit an der Käsetheke, wo es auch möglich ist, eine eigene Verpackungsdose/Aufbewahrungsbox mitzubringen. Obst und Gemüse landet nur unverpackt in einem mitgebrachten Obst-/Gemüsenetz. Leider ist es nicht möglich im Supermarkt alles verpackungsfrei zu finden. Zum Beispiel Rucola ist immer eine Herausforderung. Auf Wochenmärkten oder Obst- und Gemüse-Verkaufsständen ist das zum Glück möglich. Jedoch ist es für die meisten Arbeitnehmer recht schwierig auf Wochenmärkte zu gehen, da diese vormittags stattfinden. Joghurt und Milch gibt es in Pfandflaschen aus Glas. Bis Dezember gab es noch in Königslutter die Möglichkeit regionale Mich an der Milchtankstelle in mitgebrachte Flaschen bei Edeka zu zapfen. Leider gibt es diese Milchtankstelle nicht mehr, was ich sehr bedauere. Eine weitere befindet sich im Kißleberfeld, aber das liegt für die meisten Verbraucher ja auch nicht mal eben auf dem Weg. Und einen extra Weg dorthin zu machen muss man gegenüber den zusätzlich gefahrenen Kilometern mit dem Auto abwiegen… Wenn ich mal an einem ‚Unverpacktladen‘ vorbei komme, kaufe ich dort Nudeln, Müsli, Nüsse, Rosinen und Reis. Aber auch das muss vorher geplant werden zwecks mitgebrachter Gefäße. Leider sind in unserer Region diese Einkäufe nur mit guter Planung und viel Fahrerei verbunden. Einen Unverpacktladen gibt es zum Beispiel nur in Braunschweig und wenn man nicht sowieso dort ist,  macht es meiner Meinung nach nicht viel Sinn, extra für den Einkauf dorthin zu fahren (CO2-Bilanz…). In vielen Discountern gibt es auch gar keine andere Möglichkeit als Lebensmittel wie Käse, Wurst und so weiter in Plastik verpackt zu kaufen. Da muss sich einiges ändern. Ich würde mir sosehr wünschen, dass sich einiges in der Lebensmittelbrache bezüglich des Einsatzes von Verpackungen tut. Und auch die Möglichkeit, viel mehr unverpackt (zum Beispiel auch Nudeln und so weiter) einzukaufen, wäre toll. Die Stiftung Warentest hat gerade in der Februarausgabe berichtet, dass bei Unverpacktläden 84 Prozent weniger Verpackungsmüll anfallen. Fazit: Jeder kann etwas zum Müllvermeiden tun, nicht nur im Lebensmittelbereich. Aber auch die Anbieter der Waren müssen schnell umdenken und handeln.“

Weg vom Plastikmüll, hin zur Mehrwegnutzung

Passend zum Monatsthema des HELMSTEDTER SONNTAG „Alles Plastik, oder was?“ machte Graslebens Bürgermeisterin Veronika Koch auf Nachhaltigkeit in Fleischereien aufmerksam. Koch schreibt: „Die Landschlachterei Dröge in Grasleben leistet bereits seit einiger Zeit einen Beitrag für die Umwelt.“ Und Inhaber Daniel Grope ergänzt dazu: „Wir erhoffen uns damit, dass auch wir eine Menge Verpackungsmüll und vor allem Plas-tik einsparen können.“

Der Clou in der Fleischerei: Es gibt eine Mehrwegdose zum kleinen Preis zu kaufen, in der die Ware der Fleischerei direkt von der Theke aus verstaut werden kann. Susanne Grope freut sich, dass bereits viele Kunden das Angebot in Anspruch nehmen. Die Mehrwegdose bringt man beim nächsten Einkauf einfach wieder mit und bekommt von der Firma Dröge eine neue Schale.

Bürgermeisterin Veronika Koch freut sich über das Angebot der Familie Grope, die Ware in Mehrwegboxen auszugeben. „Wir müssen alle bei uns selbst anfangen, um Plastikmüll zu vermeiden“, erklärt sie bei ihrem Besuch im Geschäft. Und sie hat sich überzeugt, dass alles gereinigt und desinfiziert ist, so steht dem Verzehr der Hausmacher-Produkte des örtlichen Betriebes guten Gewissens nichts im Wege.

Warum die Verpackung beim Wiegen wichtig ist

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat passend zu diesem Thema eine Dokumentation erstellt, denn immerhin wird die Plastikverpackung beim Einkaufen mitgewogen. Die Darstellung   des Nabu bezieht sich allerdings auf Obst und Gemüse in einem Supermarkt. Und die sind gerade dabei, sich dem neuen Trend – weg von der Einwegverpackung – anzupassen. 

Ein Beispiel zeigt, dass dieses Umdenken funktioniert und immer mehr um sich greift: Im Schöninger Marktkauf werden am Obst- und Gemüsestand nicht nur Papiertüten und wiederverwertbare Netze angeboten, sondern auch Mehrweg-Plas-tikboxen wie bei der Fleischerei Dröge. In diese kann fertig geschnittenes Obst oder Salat von der Selbstbedienungstheke „geladen“ werden, ohne dass die Waage das Gewicht der Box mitwiegt. 

Und bei dem „ganzen“ Gemüse und Obst wird ebenso verfahren. Auf der Waage ist lediglich anzugeben, in was für einem Behälter sich das gesunde „Futter“ befindet (Plastiktüte, Papierbeutel, Gemüsenetz oder lose). 

Zwei Beispiele aus Trier und dem Sauerland

Aber zurück zur Nachhaltigkeit im Fleischerhandwerk. 

Die Deutsche Handwerkzeitung hat bereits im Sommer des vergangenen Jahres einen Erfahrungsbericht zu „Mehrweg beim Metzger“ veröffentlicht und damit darüber informiert, wie Fleischereien eine Menge Verpa-ckungsmüll sparen können.  

Nachzulesen ist der komplette Artikel unter www.deutsche-handwerks-zeitung.de/mehrweg-beim-metzger-so-kann-man-verpackungsmuell-sparen/150/3094/391771 im Internet.

Geschildert werden die Ideen zweier Fleischermeister: Kai Leonhardt von der Fleischerei Martin aus Trier und Bernd Willmes von der Fleischerei Merte aus Schmallenberg im Sauerland haben ausprobiert, wie das Sys-tem der Mehrwegboxen funktionieren kann.

Was mit den Coffee-to-go-Bechern schon vielerorts umgesetzt wurde und wird, sollte auch in anderen Lebensmittelbereichen möglich sein.

Die beiden Fleischermeister, die in der Deutschen Handwerkszeitung interviewt wurden, berichteten jedenfalls von Erfolgen. 

Allerdings waren vor dem Start Abstimmungen mit dem Veterinäramt und zusätzliche Schulungen der Fachverkäufer notwendig. 

In der  Fleischerei Merte im Sauerland können die Kunden eigene Boxen mitbringen oder auf die gratis verteilten Boxen des Metzgers zurückgreifen. Sie alle werden vor dem Bestücken mit Ware leer gewogen, sodass nur der tatsächliche Einkauf bezahlt wird. 

Die Fleischerei Martin in Trier hingegen setzt voll auf ein Pfandsystem und hat Boxen in fünf verschiedenen Größen angeschafft. Die Boxen werden in der Metzgerei professionell gereinigt und so bekommt jeder Kunde bei jedem Fleischeinkauf eine frische Box – genau so wie in Grasleben verfahren wird…

Ein Trend, der um sich greifen kann?

Verbraucherwünsche werden also von immer mehr Anbietern akzeptiert. Denn die meisten Bürger wünschen sich sehnlichst weniger Verpackungsmüll. 

Ob der Trend der Mehrwegboxen in noch weiteren Bereichen um sich greifen kann, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Spätestens zum 1. Januar 2021, wenn in der EU Plas-tikgegen-stände wie Geschirr, Besteck, Strohhalme, Wattestäbchen und Luftballon-Halter, für die es bereits bessere Alternativen gibt, verboten sind, müssen alle umdenken: Beispielsweise auch Restaurants, die es anbieten, das Essen nach Hause zu liefern.

„Unnötige“ (Plastik-)Verpackung ist im Übrigen bereits seit dem 1. Januar 2019 EU-weit verboten… 

Kolumnen zum Monatsthema

Alle mitmachen, bitte!

Von doppelt und dreifach verpackten Leckereien habe ich vor ein paar Wochen an dieser Stelle bereits geschrieben. Das war in weiser Voraussicht auf das Monatsthema des Februar: „Alles Plastik, oder was?“. 

Ich habe nämlich bereits versucht, das Thema nicht nur gedanklich, sondern auch praktisch vorzubereiten. Allerdings ist es bei ein, zwei Versuchen geblieben, muss ich gestehen. 

Denn das, was da nach dem Wocheneinkauf im Einkaufskorb zu finden war, war vor allem eines: Plastikmüll. 

Man kann sich natürlich Mühe geben, nachhaltig einzukaufen, beispielsweise Wurst und Käse „lose“ an der Theke zu erstehen statt in Plastik verpackt, aber bei allem scheint dies unmöglich. 

Natürlich werde ich im aktuellen Themenmonat Februar am Ball bleiben, aber bereits jetzt stelle ich – beinahe ernüchtert – fest: Problemlösungen dürfen nicht (immer) bloß beim Verbraucher „abgeladen“ werden. 

Umdenken müssen alle, auch und besonders die Industrie. Und wenn die sich quer stellt, weniger (Mikro)Plastik zu verarbeiten, muss sie von der Politik gezügelt werden. 

Das Beste zum Schluss

Gefühlt hat er Stunden gedauert, mein Supermarkt-Wocheneinkauf, bei dem ich auf (Plastik-)Verpackung so gut wie möglich verzichten wollte. Aber am Ende war ich doch ein bisschen stolz darauf, ein kleines Stück nachhaltig agiert zu haben. 

Grundsätzlich ist es möglich, umweltfreundlich zu kaufen, allerdings gibt es einige Haken.  

So ist (zumindest während der Eingewöhnungsphase) Zeit notwendig. Die muss investiert werden, um sich über die verschiedenen Produkte beziehungsweise deren Verpackung zu informieren (das geht übrigens super mit der Smartphone-App „CodeCheck“). 

Zeit braucht man auch, um verschiedene Geschäfte aufzusuchen – beispielsweise den Wochenmarkt für das Obst und Gemüse, den Fleischer für die Wurstwaren, die Käsetheke für den aus Milch hergestellten Brotbelag sowie natürlich den Bäcker für eben jenes Brot. 

Ebenso ist Zeit nötig, um „Vorbereitungen“ zu treffen: Soll der Snack für das Büro nämlich nicht ein in Plastik verpackter, bereits geschnittener Happen sein, dann muss dies eben in Eigenarbeit daheim geschehen, bevor der Weg zur Arbeit angetreten wird. 

Ein weiterer Aspekt ist tatsächlich der finanzielle. Mir persönlich ist es unverständlich, warum weniger oder nachhaltigere Verpackung mehr kosten soll, aber es ist tatsächlich so. 

Nudeln im Karton zum Beispiel sind viel teurer als die in der Plastiktüte, Coca Cola in der Glasflasche kostet gefühlt ein Vermögen im Vergleich zum in PET-Flaschen abgefüllten Zu-ckerwasser. 

Und wenn ich die Salatgurke nicht auf dem Wochenmarkt, sondern im Supermarkt kaufe und dabei zur Bio-Gurke greife (weil sie nicht noch extra in Plas-tik eingeschweißt ist), kostet mich das ebenfalls das Doppelte. 

Ich habe in diesem Monat so viel zum Thema Plastik gelesen wie selten zu einem anderen Thema, aber eine Erklärung für die Vervielfältigung der Kosten bei weniger Verpackung habe ich schlichtweg nicht gefunden. 

Auch wenn das ärgerlich ist, so hat die Beschäftigung mit dem Monatsthema Plastikmüll zumindest bei mir für ein Umdenken gesorgt. 

Schließlich kann jeder selbst seinen Teil dazu beitragen, die Umwelt etwas besser zu machen. Man muss sich eben nur aufraffen. Und nun zum Schluss kam für mich das persönliche Highlight: Erstmalig haben sich in Deutschland elf große zivilgesellschaftliche Akteure zum Bündnis zusammengeschlossen und 15 Forderungen an die Bundesregierung formuliert. Die „Wege aus der Plastikkrise“ sind online unter www.exit-plastik.de nachzulesen. Klasse!

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit über 25 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor über 23 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.