Hannover. In Niedersachsen sind ab dem heutigen Montag, 11. Mai 2020, aufgrund des aktuell stabilen Infektionsgeschehens mit dem Corona-Virus weitere vorsichtige Lockerungen der bisherigen Auflagen und Kontaktbeschränkungen möglich. Die neue „Niedersächsische Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ basiert auf den Fünf-Stufen-Plan der Landesregierung sowie auf der Bund-Länder-Beschlussfassung vom vergangenen Mittwoch.

Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:

Allgemeines Verhalten, Kontakte & gesellschaftliches Miteinander

So lange es keinen Impfstoff und/oder ein Medikament gegen Covid-19 gibt, ist die Beschränkung der physischen Kontakte das einzig wirksame Mittel, um die Ausbreitung des Virus auf einem niedrigen Niveau zu halten. Daher müssen die physischen Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehören, weiterhin auf ein absolut nötiges Minimum reduziert werden.

In der Öffentlichkeit einschließlich des Öffentlichen Personenverkehrs gilt weiterhin, dass jede Person einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einhalten muss.

Ausweitung der bisherigen Zwei-Personen-Regel

Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum sind auch zukünftig in der Regel auf höchstens zwei Personen beschränkt.

Davon ausgenommen sind allerdings nun Zusammenkünfte von einer Person nicht nur mit den eigenen Angehörigen, sondern auch mit Personen, die einem (einzigen) weiteren Hausstand angehören. Man darf sich also ab heute auch mit den Mitgliedern eines weiteren Hausstandes in der Öffentlichkeit, etwa im Park oder auch mit einer anderen Familie oder einem anderen Paar im Restaurant treffen.

Nach wie vor soll vermieden werden, dass sich Gruppen zum Beispiel zum Grillen treffen. Gerade die Kontaktbeschränkungen haben in den vergangenen Wochen dazu beigetragen, die Zahl der Neuinfektionen in einer gemeinsamen Anstrengung der ganzen Gesellschaft in den letzten Wochen stark zu reduzieren.

Private Feiern

Partys jeglicher Art sind daher leider weiterhin untersagt. Ausnahmen gelten für Hochzeiten und Beerdigungen: Sie können im engsten Familien- und Freundeskreis begangen werden. Die Höchstgrenze liegt in beiden Fällen nun bei 20 teilnehmenden Personen.

Schule

Ab heute kommen mit den zwölften Klassen weitere  Schüler in die niedersächsischen Schulen zurück. Auch die berufsbildenden Schulen nehmen weitere Schüler auf. Das gilt dann auch für Jugendwerkstätten, in denen die Schulpflicht erfüllt werden kann.

Kinderbetreuung / Notgruppen

Um mehr Kinderbetreuung zu ermöglichen, sieht die neue Verordnung eine deutliche Ausweitung der Notbetreuung vor. So besteht für Kita-Träger die Möglichkeit, die Kapazitäten auf bis zu 13 Kinder im Ü3-Bereich (halbe Gruppenstärke) zu erhöhen. In Notgruppen mit überwiegend Krippenkindern können bis zu acht Kinder betreut werden, in Hortgruppen bis zu zehn (ebenfalls halbe Gruppenstärke).

Tagespflegepersonen und Großtagespflegestellen können den Regelbetrieb aufnehmen.

Wirtschaft, Gastronomie & Tourismus

Mit der neuen Verordnung hat die niedersächsische Landesregierung weitere Lockerungen insbesondere für den Bereich Tourismus beschlossen. Ferienwohnungen, Ferienhäuser, Campingplätze, Wohnmobilstellplätze und Bootsliegeplätze können wieder an Gäste vermietet werden. Für Ferienwohnungen und Ferienhäuser gilt dabei eine Wiederbelegungsfrist von sieben Tagen. Das bedeutet, dass Vermieter erst nach sieben Tagen neu vermieten dürfen. Campingplätze, Wohnmobilstellplätze und Bootsliegeplätze dürfen nur zu 50 Prozent belegt werden.

Tagestouristen dürfen dann auf die niedersächsischen Inseln fahren, wenn die jeweiligen Kommunen oder Landkreise dies gestatten.

Außerdem können Restaurants, Gaststätten, Imbisse, Cafés und Kantinen auch zum Vor-Ort-Verzehr wieder öffnen. Allerdings gelten strenge Sicherheits- und Hygieneauflagen. So muss beispielsweise dafür gesorgt sein, dass der Zutritt gesteuert werden kann und Warteschlangen vermieden werden. Gäste müssen dabei keine Mund-Nase-Bedeckung tragen, das Servicepersonal allerdings schon.

Auf ein Missverständnis soll hingewiesen werden: Die Rechtsverordnung sieht keine Reservierungspflicht in Restaurants vor, eine Reservierung wird jedoch dringend empfohlen. Der Betreiber eines Restaurationsbetriebes muss jedoch den Namen und die Kontaktdaten jedes Gastes sowie den Zeitpunkt des Betretens und Verlassens der Einrichtung dokumentieren und drei Wochen aufbewahren, damit eine etwaige Infektionskette nachvollzogen werden kann. Wenn ein Gast seine Kontaktdaten nicht abgeben möchte, muss er den Gastronomiebetrieb leider wieder verlassen. Gäste dürfen nur bedient werden, wenn sei mit der Dokumentation einverstanden sind.

Handel und Wirtschaft

Auch Geschäfte mit einer größeren Ladenfläche als 800 Quadratmeter können wieder öffnen. Somit gibt es in diesem Bereich keinerlei Beschränkungen der Verkaufsflächen mehr – Kunden müssen während des Einkaufs allerdings eine Mund-Nase-Bedeckung tragen.

Nach der Öffnung der Friseursalons können nun auch weitere so genannte körpernahe Dienstleistungen wieder stattfinden. Manikürestudios, Pedikürestudios, Kosmetikstudios und Massagepraxen können mit strengen Hygieneauflagen wieder öffnen.

Nach der ersten Lockerung für den Theorieunterricht kann nun in den niedersächsischen Fahrschulen auch wieder der Praxisunterricht sowie praktische Prüfungen für den Auto- und LKW-Führerschein stattfinden. Auch dabei gelten Hygieneauflagen, wie beispielsweise, dass alle Insassen eine Mund-Nase-Bedeckung tragen müssen.

Soziales & Gesundheit

Im Zuge der Lockerungen wurde viel über Besuchsmöglichkeiten in Pflege- und Altenheimen diskutiert. Die Situation der Bewohner ist der Landesregierung ein besonderes Anliegen, die aktuelle Isolation vieler älterer Menschen macht allen Verantwortlichen große Sorgen. Bereits seit dem 17. April ist der Besuch von Angehörigen und Freunden in Alten- und Pflegeheimen sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen möglich. Bedingung dafür ist jedoch, dass die Heimleitungen dem örtlichen Gesundheitsamt ein entsprechendes Hygienekonzept vorlegen. Einige Heime haben dies bereits getan und Besuche damit möglich gemacht haben. Allerdings haben viele Heimleitungen der Landesregierung mitgeteilt, dass sie mit der Umsetzung noch nicht weit genug seien. Daher können in Niedersachsen Einzelbesuchsrechte für Bewohner in Pflegeheimen noch nicht umgesetzt werden.

In Alten- und Pflegeheimen sowie Heimen für Menschen mit Behinderungen, ambulant betreuten Wohngemeinschaften und in Einrichtungen des betreuten Wohnens, sowie in ambulant betreuten Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege dürfen neue Bewohner aufgenommen werden, wenn die Betreiber eine 14-tägige Quarantäne gewährleisten können.

Inneres & Sport

Der Spielbetrieb der 1. und 2. Fußballbundesliga ist wieder möglich.

Darüber hinaus ermöglichen die neuen Lockerungen die Ausbildung von Rettungsschwimmern in den für die Öffentlichkeit noch gesperrten Schwimmbädern.

Des Weiteren kann der Dienst- und Ausbildungsbetrieb des Brand- und Katastrophenschutzes einschließlich von Dienstveranstaltungen, in denen etwa neue Ortsbrandmeister gewählt werden oder Unterweisungen von Unfallverhütungsvorschriften erfolgen.

Kontaktdatenaufnahme

Die Verordnung präzisiert darüber hinaus den Begriff der „Kontaktdaten“. Dies müssen Kunden bei Friseur- und Restaurantbesuchen hinterlassen, damit sie zur Aufdeckung von Infektionsketten von den Gesundheitsämtern gegebenenfalls schnell kontaktiert werden können.

Es wird klargestellt, dass Name, Vorname und Telefonnummer ausreichen und diese Daten einen Monat nach Erhebung zu löschen sind.

Wissenschaft & Forschung

Die Kurse in den niedersächsischen Volkshochschulen und anderen außerschulischen Bildungseinrichtungen können fortgesetzt werden. Auch Prüfungen dürfen stattfinden. Dies gilt auch für die Musikschulen. Angebote für Bläser und Chöre sind hier allerdings ausgenommen. Es gelten hierfür bestimmte Hygiene- und Dokumentationsvorschriften.

Hintergrund zu den Verordnungen des Landes

In den vergangenen Tagen gab es entsprechend dem Stufenplan der Landesregierung mehrere Verordnungsänderungen in kurzer Abfolge. Mit den am 6. Mai 2020 vorgestellten Änderungen in der Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus wurden die am 30. April zwischen den Ländern und dem Bund geeinten Schritte und die darüber hinaus im Landeskabinett entschiedenen Lockerungen umgesetzt.

Die aus einer weiteren Videoschalte am 6. Mai 2020 zwischen den Länderchefs und der Kanzlerin stammenden Änderungen sowie die gegebenenfalls darüber hinaus für Niedersachsen geplanten Neuregelungen (siehe Stufe zwei im Niedersächsischen Stufenplan) sind bis gestern in einer Neufassung der Verordnung umgesetzt worden. Die neue Verordnung heißt jetzt Niedersächsische Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus vom 8. Mai 2020.

Diese Verordnung wurde noch von Sozial- und Gesundheitsministerin Carola Reimann unterschrieben, am 9. Mai gedruckt und verkündet.

Diese Verordnung gilt ab Montag, 11. Mai 2020. Die Regelungen treten am 27. Mai 2020 außer Kraft.

Wahrscheinlich wird es schon zum 25. Mai die nächste Verordnungsänderung geben, die die im Niedersächsischen Weg beschriebene dritte Stufe umsetzen wird. Aber Vorsicht: Das wird nur möglich sein, wenn sich das Infektionsgeschehen in Niedersachsen weiterhin so moderat gestaltet.

Deshalb ruft die Landesregierung weiterhin alle Bürger auf, sich an die in der Verordnung enthaltenen Vorschriften, insbesondere an die Abstands- und Hygieneregeln zu halten.

Weitere Informationen zum Coronavirus gibt es unter www.niedersachsen.de/coronavirus.

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.