Im Monatsthema geht es um vielfältige Sportarten – aber (fast) nicht um den Fußball…

Wenn in Deutschland von Sport die Rede ist, kommt an „König Fußball“ niemand vorbei. Jeder kennt die Sportart, mindestens eine Hand voll Teams und mit großer Wahrscheinlichkeit sogar jemanden, der selbst aktiv im Verein spielt oder gespielt hat. Kein Wunder, sind im DFB, dem Deutschen Fußball Bund, doch rund sieben Millionen Mitglieder verzeichnet. Mit anderen Worten: jeder zwölfte Deutsche ist im DFB Mitglied. 

Aufmerksamkeit bringt nicht nur Mitglieder, sondern auch Geld

Die Bekanntheit wiederum sorgt nicht nur für umfangreiche Medienpräsenz, die dafür Garant ist, dass eben jene Bekannt- und Beliebtheit so hoch bleibt, sondern auch für sprudelnde Geldquellen. Das wurde unlängst im Zusammenhang mit der Corona-Krise noch einmal deutlicher als sonst. Während in der Deutschen Eishockey-Liga nicht lange über einen Saisonabbruch nachgedacht und dieser schließlich auch frühzeitig vollzogen wurde, tut man sich im Fußball deutlich schwerer. Schätzungen zufolge rechnen alleine die Vereine der ersten Fußball-Bundesliga mit Verlusten in Höhe von 750 Millionen Euro – für die verbleibende „Restsaison“ wohlgemerkt. 

Von solchen Summen können andere Sportverbände nur träumen. Der Deutsche Turnerbund, hinsichtlich der Mitgliederstärke auf Rang zwei, sowie der Deutsche Tennis- oder der Deutsche Schützenbund, die mit etwa gleichen Mitgliederzahlen Platz drei belegen, sind weit von solchen Summen und noch mehr von der Medienpräsenz des Fußballs entfernt.

Große Erfolge im Kleinen

Und dennoch: Fragt man in seinem Bekanntenkreis herum, kennt irgendwie fast immer jemand jemanden, der eine Sportart betreibt, die eher ungewöhnlich zu sein scheint. Und nicht selten ist derjenige auch noch sehr erfolgreich darin.

Genau diesen Sportarten und den Menschen dahinter soll sich das Monatsthema für den April im HELMSTEDTER SONNTAG widmen. 

Die wohl populärste der „kleinen“ Sportarten stellt hier das Schwimmen dar. Nimmt man die Mitgliederzahlen des Deutschen Schwimm-Verbandes und der DLRG zusammen, erreichen sie gemeinsam immerhin etwas über eine Million Mitglieder (von denen allerdings eine nicht unerhebliche Zahl in beiden Verbänden gemeldet ist). 

Daraus stechen die Helmstedter Masters-Schwimmer hervor, die immer wieder mit deutschen und europäischen Erfolgen von sich Reden machen. 

Doch Beachtliches kommt auch aus einer ganz anderen Richtung: Dass Dirk Bertram vor einigen Jahren noch ein Schöninger bei den Special Olympics in der Disziplin Schwimmen auf dem zweiten Platz landete, wissen nur wenige Menschen.

Konkurrenz belebt das (Sport-)Geschäft

Ein prominentes Beispiel für eine nicht ganz so präsente Sportart, zumindest abseits der lokalen Berichterstattung, dürfte ebenfalls in Schöningen zu finden sein. Das Stichwort dazu lautet „Jazz- und Modern-Dance“. Der Kreishelmstedter dürfte die Sportart wohl am ehesten mit der Formation „Imagination“ vom TC Schöningen in Verbindung bringen. Eine gefühlte Ewigkeit als Bundesliga-Team geehrt, mit Teilnahmen an Deutschen, Europa- und Weltmeisterschaften.

Mit gerade einmal 210.000 Mitgliedern ist der Deutsche Tanzsportverband geradezu winzig im Vergleich zum Fußball. Der FC Bayern München (als Gesamtverein) hat allein mehr Mitglieder. Doch die Erfolge der Schöninger sprechen für sich. So sehr, dass die Sparte des Vereins mit dem Erfolg der Mannschaft wuchs. Und auch „in der Nachbarschaft“ ihre Samen setzte, wo Jazz- und Modern-Dance im Landkreis heute in guter Gesellschaft ist. Frei nach dem Motto: Konkurrenz belebt das Geschäft. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus erwähnenswert, dass in der Kreisstadt beim Turnklub Helmstedt ebenfalls auf Landesliga und höheren Niveaus getanzt wird.

Unentdeckte Talente

Der Landkreis Helmstedt hat in dieser Hinsicht aber noch viel mehr zu bieten. Bundesliga-Titel im Radpolo, Deutsche Meister im Billard oder in verschiedensten Schießdisziplinen sind nur ein Einblick in die große Welt der  „kleinen“ Sportarten. 

Einige der Einzelsportler oder Mannschaften dahinter werden in den kommenden vier Wochen im Portrait vorgestellt. 

Vom Muskeln-spielen-lassen bis hin zu Fingerspitzengefühl: Die Sportbandbreite im Landkreis ist riesig

Von großen, bundes- oder sogar weltweit beachteten Sportereignissen ist zurzeit in den Medien keine Rede. Bestenfalls dann, wenn sie aufgrund der Corona-Situation ausfallen. Viel mehr Beachtung bekommen einige Sportarten, wenngleich sie es verdient hätten, da auch dort großartige Leistungen erbracht werden, allerdings auch unter normalen Umständen nicht. 

Das soll das Monatsthema im HELMSTEDTER SONNTAG im April ein wenig ändern. Daher werden an dieser Stelle drei Beispiele erfolgreicher Sportler aus eher wenig beachteten Sportarten vorgestellt.

Auf dem Rücken der Pferde…

Am wohl ehesten im Blick in der eher ländlich geprägten Region im und um den Landkreis Helmstedt herum ist der Reitsport. Eine erfolgreiche Nachwuchssportlerin in diesem Bereich ist die Schöningerin Milena Strauß. Seit 2017 bildet die 16-Jährige, die sich seit Kindheitstagen für Pferde begeistert, ein Team mit ihrer siebenjährigen Stute Mia. 

Als aktive Reitsportlerin im RSV Ausleben wurde sie vor der Saison 2019 in den Landeskader Vielseitigkeit Sachsen-Anhalt berufen und hat seitdem schon zweimal das Bundesland Sachsen-Anhalt beim Bundesnachwuchschampionat in Warendorf vertreten. 

Ihren größten Erfolg feierte sie im August 2019, als sie den Landesmeistertitel mit Mia in der Vielseitigkeit Junioren gewann.  Das nächste große Ziel der beiden ist der Start bei den Deutschen Meisterschaften.

Weltmeisterliche Zwillinge

Wer an „Armwrestling“ denkt, dem kommt vermutlich der Film „Over the top“ mit Sylvester Stallone in den Sinn. Oder aber die eigenen Versuche im Kraftmessen mit Freunden bei einem bierlastigen Abend. 

Letzteres dürfte bei den Zwillingen Fabian und Jan Täger aus Grasleben jedenfalls nicht der Fall sein. Seit über elf Jahren trainieren sie für ihren Sport beim VfL Wolfsburg, die „professionelle Art des klassischen Armdrückens“, wie Fabian Täger es beschreibt.

Und das mit beachtlichem Erfolg: Beide sind mehrfache Deutsche Meister und nehmen seit Jahren an internationalen Wettbewerben teil, stehen dort regelmäßig auf den Treppchen. Fabian Täger erreichte 2015 den Europameistertitel, konnte den Vizeweltmeister-Titel in Malaysia wenig später ebenso feiern.

Den bisherigen Höhepunkt der Karriere fand das Duo im vergangenen Jahr bei der Weltmeis-terschaft in Polen. „Dort standen mein Bruder und ich uns mit dem linken sowie mit dem rechten Arm im Finale gegenüber.

Jan ist mit dem linken Arm Weltmeister geworden und ich mit dem rechten“, berichtet Täger stolz über die „Powerbrüder“.

Geselliger „Spitzen“-Sport

Während sie die Weltmeisterschaften eher als Zuschauer denn als Teilnehmer erleben, erfreut sich eine eher wenig beachtete Sportart dennoch wachsender Beliebtheit: E-Darts. 

Über ein Dutzend „Teams“ gibt es davon allein in Schöningen, sogar eine Dartsjugend ist aktiv. 

Es wurden bislang mehrere Stadtmeisterschaften im E-Darts als offenes Turnier über zwei Spieltage angeboten. Der Liga-Betrieb findet in der Harz-Liga von der 2. Kreisklasse bis in den Bezirk hinein im Liga-Betrieb mit mindestens sechs Spielern pro Team statt. Auch Spieler mit Bundesliga-Erfahrung wie zum Beispiel Carsten Homann und Michael Berndt gehören zu den Aktiven.

Spannend in der Corona-Zeit: Die Darts-Fans haben ein Einladungsturnier, das über WhatsApp und Facebook läuft, organisiert. Ganz ohne Notwendigkeit für „echte Treffen“.

Aufmerksamkeit für wenig beachtete Sportarten

Wie wenig man selbst weiß, ist einem oft erst dann klar, wenn man es direkt vor Augen geführt bekommt. Zum Beispiel im Rahmen einer Stadtführung in der eigenen Heimatstadt: Immer wieder gibt es Dinge zu entdecken, die so noch nicht bekannt waren. 

Ähnlich ist es beim Blick über den Tellerrand hinsichtlich anderer Sportarten. Dabei ist es allerdings nicht nur so, dass es Sportarten gibt, die an sich wenig bekannt sind, sondern auch in der direkten Nachbarschaft Sportler aktiv sind, die wahrhaft großartige Erfolge erzielen. 

Das Monatsthema April im HELMSTEDTER SONNTAG widmet sich einmal mehr genau diesen Sportlern.

Spitzensport auf zwei Rädern

Beim Thema Zweirad denken die meisten wohl zu allererst an Rad-Rennen, im Landkreis Helmstedt vielleicht sogar im direkten Kontext eines Triathlons. Dass sich auf dem Fahrrad – in diesem Fall einer Spezialanfertigung – auch ganz anderer Sport betreiben lässt, beweisen seit Jahren schon die Radpolo-Spieler der RSV Frellstedt. 

Bereits 1920 wurde die Radsport-Vereinigung gegründet und ist in zwei Sportarten aktiv: den Hallensportarten Radball und Radpolo. Während im Radball durchaus beachtliche Erfolge in Verbands-, Ober- und Landesliga erreicht wurden, ist die Spitze des Vereins beim Radpolo. Die Damenmannschaft RSV Frellstedt I steht aktuell auf Rang zwei der ersten Bundesliga, die zweite RSV-Damenmannschaft auf Platz eins in der zweiten Bundesliga. 

Körper und Geist im Einklang

So genannter Kampfsport ist in den Köpfen der meisten Menschen, vor allem durch populäre Kino-Filme, tief verankert. In der öffentlichen Wahrnehmung fris-ten die unzähligen Sportarten, die dazu gehören, meist dennoch ein Nischendasein. 

Das allerdings hält die Sportler keineswegs davon ab, Erfolge zu feiern. Das „Goshin – Jutsu – No – Michi“-Dojo, das unter anderem aus dem TSV Bahrdorf hervor ging, behauptet sich seit Jahren bei den Ju Jutsu Einzel- und Gruppenmeisterschaften auf Landesebene. 

Auch die Süpplinger Judoka von „Tatami“ beweisen ihre Stärke immer wieder auf‘s Neue: Bei den Niedersachsenmeisterschaften sind sie bekannte und erfolgreiche Teilnehmer.

Ein echter Meister, nämlich im Kung Fu, kommt zwar nicht aus dem Landkreis Helmstedt, dafür aber aus der direkten Umgebung. Sifu (väterlicher Lehrer) Peter Graun gibt bundesweit Kurse im Wing Chun Kung Fu. Er selbst hat die Kampfkunst bei den Großmeistern erlernt. 

Kugeln, statt Bälle

Wer die Sportlerehrungen in Schöningen aufmerksam verfolgt hat, wird es mitunter ahnen: Die wohl unangefochtene „Meisterin der Kugel“ des MTV Schöningen ist  Christine Piehozki, die seit Jahren schon Erfolge, nicht nur bei den Deutschen Meisterschaften, im Hammerwurf verbuchen kann.

Auch in Helmstedt dreht sich weit mehr „Rundes“ als ins „Ecki-ge“ passt: Die Kegler des TSV Germania Helmstedt hatten bereits ausgiebig Gelegenheit Bundesliga-Luft zu schnuppern und sind aktuell in der Verbandsliga auf einem guten dritten Platz. Ganz andere Kugeln bewegt der Helmstedter Joachim Wendland. Er hat in seiner Sportkarriere viele Pokale im Billard, vor allem bei Seniorenmeisterschaften, gesammelt.

Aufmerksamkeit für den Sport

Im ersten Teil des Monatsthema war die Fußball-Bundesliga mit ihren Superlativen der Einstieg. Nun ist sie es wieder, ganz aktuell. Zurzeit wird diskutiert, den Liga-Betrieb in einer neuen Form wieder aufzunehmen. Mit einer Art „Geisterspiele“, maximal 300 Personen in den Stadien, permanenten Gesundheitstests für die Spieler. Ein gigantischer logistischer und finanzieller Aufwand, bedenkt man alleine die rund 20.000 Corona-Tests die bis zum Saisonende notwendig wären und an anderer Stelle vielleicht ebenso benötigt würden.

„König Fußball“

Demgegenüber stehen – das muss auch jedem klar sein – natürlich eine Vielzahl von Jobs auf dem Spiel. Über 60.000 Menschen leben abseits des eigentlichen Geschehens auf dem Spielfeld in Deutschland von „König Fußball“. 

Doch was ist mit den „kleinen Vereinen“? Während Teile des Individualsports (vor allem im Bereich Freizeitsport) noch vergleichsweise unberührt von der Corona-Krise sind, fallen in den allermeisten Mannschaftssportarten nicht nur Spiele und Wettbewerbe, sondern auch Trainings komplett aus. Und zwar auf noch nicht absehbare Zeit. 

Gerade in Sportvereinen, die nicht im Fokus der großen Sponsoren und TV-Verträge stehen, ist die derzeitige Situation aber ebenso heikel wie im großen Bundesliga-Betrieb. Dort ist es vielleicht nicht in erster Linie der finanzielle Aspekt, der Kummer bereitet – klamme Kassen sind bei kleinen Vereinen ohnehin gut bekannte Situationen -, sondern eher das fehlende Sozialgefüge. Das sind dann eben nicht nur Wettbewerbe, Trainings, sondern auch gemeinschaftliche Aktionen, die den Zusammenhalt der Vereinsmitglieder fördern. Während die Braunkohlzeit noch unkompliziert verlief, ist an Spargelwanderungen derzeit nicht zu denken.

eFootball für die Zukunft?

Andere wiederum arbeiten an kreativen Lösungen, nutzen neue Möglichkeiten wie zum Beispiel eFootball. Was die Zukunft bringt, bleibt abzuwarten.

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.