Warum überschätzen so viele Menschen ihre Intelligenz und ihre Kompetenzen? Beim Monatsthema im November „Alle doof, außer mich“ geht es um den Dunning Kruger Effekt und weitere Erkenntnisse…

Teil I: Von Narzissten wie Donald Trump und anderen Selbstüberschätzern

(erschienen am 1. November 2020)

In den USA wird es spannend: Am Dienstag entscheidet sich, ob Donald Trump ein weiteres Mal zum Präsidenten gewählt wird oder ob er seinem Kontrahenten Joe Biden unterliegt. Der aktuell (noch) amtierende „mächtigste Mensch der Welt“ ist ein Paradebeispiel für das Monatsthema des HELMSTEDTER SONNTAG im November. 

Unter dem Titel „Alle doof außer mich“ soll es um Eigenschaften gehen, wie sie Donald Trump gern nachgesagt werden: Sich als allwissend darzustellen, die eigenen Fähigkeiten und das eigene Wissen zu überschätzen und allen Gegnern zu attestieren, dass sie schlichtweg zu dumm wären, diese Großartigkeit zu erkennen. 

Gerade Anfang der Woche machte Trump mit dem Zitat „Ich werde die Wahl nur bei massivem Wahlbetrug verlieren“ aufmerksam. 

Was steckt dahinter, dass sich manche Menschen für großartig halten, obwohl sie es gar nicht sind, dass sie sich zu Experten erklären, obwohl sie nur Halbwissen besitzen, dass schlichtweg ihre Selbsteinschätzung völlig konträr zur Realität ist? 

Im November soll diesen Fragen mit Hilfe verschiedener Typologien auf den Grund gegangen werden. Der Dunning-Kruger- sowie der Hubris Humility-Effekt sollen dabei ebenso zur Sprache kommen wie Narzissmus und die klassische Selbstüberschätzung. 

In der Krise zeigen sich die wahren Charakterzüge

Eine größere Plattform als eine weltweite Pandemie könnte es wohl für Selbstdarsteller nicht geben. Dabei sind Fehleinschätzungen gerade in einem so heiklen Bereich tödlich. Das zeigt sich einmal mehr am Beispiel Trump: Ein entschiedenes, abgestimmtes und nachvollziehbares Regierungshandeln, das Vertrauen schafft, damit die Menschen sich an die harten Auflagen halten und so Schlimmeres verhindern, hätte er von Anfang an umsetzen müssen. Aber dazu hätte Trump seinen Egoismus zurückfahren, sich weniger mit sich selbst und umso intensiver mit dem „gemeinen Volk“ beschäftigen müssen. 

In der Krise zeigen die Menschen ihre wahren Charakterzüge. Während der Corona-Pandemie wurde schnell deutlich, dass der amerikanische Präsident ein Narzisst ist. Der Begriff „Narzissmus“ bedeutet so viel wie Selbstverliebtheit oder Selbstbewunderung. Demzufolge ist ein Narzisst ein sehr stark auf sich selbst fixierter Mensch mit einem über alle Maße positiven Selbstbildnis. Derlei Menschen überschätzen sich, interessieren sich nicht für andere und agieren rücksichtslos sowie kalt. 

Womöglich hat Trump während der Corona-Pandemie doch noch die Kurve gekriegt. Allerdings hat die ganze Welt ihm dabei zugesehen, dass er die Krise zunächst heruntergespielt und dadurch wertvolle Zeit hat verstreichen lassen, die tausenden Menschen das Leben kostete. 

Man denke nur zurück an die Empfehlung Trumps, sich Desinfektionsmittel zu spritzen, um das Coronavirus abzuwehren. Wenn jemand so etwas in der Weltöffentlichkeit vor laufenden Kameras behauptet (und Hunderte ihm auch noch glauben), zeugt das davon, wie überzeugt er von sich selbst sein muss. 

Über Nacht sind alle zu Experten geworden

Aber zurück auf europäischen Boden. Auch hierzulande deckt die Krise nämlich so manchen Charakterzug auf. Es muss irgendwann im März dieses Jahres gewesen sein, als unzählige Menschen auf einmal zu Experten geworden sind. Epidemiologie war über Nacht „schick“ geworden und wurde von jedem beherrscht. 

Vor allem Verschwörungstheoretiker, aber auch einige Gegner der staatlichen Auflagen, wissen bereits seit Beginn der Pandemie alles besser als die wahren Experten, wie beispielsweise Infektiologe Chris-tian Drosten. Weil er zu Beginn der Krise in manchen Bereichen eine andere Meinung vertrat als heute, wird ihm gern nachgesagt, keine Ahnung zu haben. So genannten „Corona-Leugnern“ kommt das Umdenken Dros-tens oder auch einiger Politiker genau recht. Sie vergessen dabei, dass niemand im realen Leben je mit einem Virus  eines solchen Ausmaßes zu tun hatte.

Auch würden die Behauptungen  der selbsternannten Virologen bedeuten, dass sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie Dutzende führende Forscher, die sich seit Jahren mit Viren und Pandemien beschäftigen, irren. Eben jene Partei wird übrigens genauso wenig akzeptieren, was die „gelenkte, lügenhafte Mainstream-Fake-Presse“ hier schreibt. Obwohl sie den Beruf des Redakteurs nicht gelernt haben, wissen viele scheinbar doch besser, wie Nachrichten vermittelt werden.

Dabei zeigt sich auch der so genannte Dunning-Kruger-Effekt, um den es in der nächsten Woche gehen soll: Die Tendenz von wenig kompetenten Menschen, das eigene Können zu überschätzen und die Kompetenz anderer zu unterschätzen. 

++++ Dazu ein Leserbrief +++

(erschienen am 29. November 2020)

Normalerweise bin ich kein Mensch der Leserbriefe verschickt. Ihr Artikel des HELMSTEDTER SONNTAG fordert mich geradezu dazu auf. Das Thema: Corona.

Sie stoßen leider in das gleiche Horn, was offensichtlich von Merkel und Co. vorgegeben ist.

Ich bin kein Virologe, sondern Physikingenieur. Aus diesem Naturell heraus möchte ich Dingen immer auf den Grund gehen, soweit das möglich ist.

Nur am Rande: kennen Sie den Durchmesser des Virus? Nein? Dann kann ich Ihnen das sagen: circa 160 Nanometer.

Und wissen Sie wie groß eine Pore einer normalen Maske ist? Nein? Die Pore ist so groß, dass etwa 4.000 Viren durch EINE Pore gleichzeitig wandern könnten, ohne von irgendetwas aufgehalten zu werden. Da kann man nur sagen: wie blöd kann ein Volk sein!

Warum darf man keine andere Meinung haben? Im Gegensatz zu Ihnen (wahrscheinlich), habe ich in den vergangenen Monaten Stunde um Stunde vorm PC gesessen und habe mir die Meinung von Andersdenkern angehört. Keine Spinner, keine Rechtsradikalen, keine Reichsbürger, wie es immer so schön (weil einfach) geschrieben wird. Sondern Wissenschaftler aus den verschiedens-ten Fachrichtungen. Alles Professoren oder mindestens  Doktoren.

Wie kommt es denn, dass man bei Lanz oder Will nur Lauterbach oder seinesgleichen sieht und hört? Alle anderen werden einfach nur ignoriert, und Sie machen jetzt auch mit, weil es so einfach ist im Mainstream zu schwimmen.

Einer der führenden Gegner dieser Merkel Politik ist Professor Bhakdi. Zusammen mit seiner Frau (ebenfalls Professor)  hat er ein kleines Buch geschrieben: „Corona – Fehlalarm?“. 

Ich lege es Ihnen ans Herz, dieses zu lesen – und dann zu urteilen. Ich leihe Ihnen gern mein Kindle, sodass Ihnen durch den Erwerb des Buches keine Kosten entstehen. Und noch etwas: Sie haben – wie viele andere auch – den smarten Herrn Drosten erwähnt. Ist Ihnen entgangen, dass er schon zweimal eine Bauchlandung hingelegt hat (Vogelgrippe, Schweinegrippe)? Damals wurden Impfstoffe für hunderte von Millionen Euro beschafft und wenige Zeit später für ähnliche Beträge wieder entsorgt.

Das ist meine Kurzkritik. Echten Journalismus stelle ich mir anders vor, nicht nachplappern und abschreiben, sondern die eigenen selbst recherchierten Tatsachen auf den Tisch bringen.

Manfred Richert, Rottorf/Klei

Teil II: Vom (manchmal umstrittenen) Running-Kruger-Effekt und weiteren Übermutsbekundungen

(erschienen am 8. November 2020)

„Es gibt drei Dinge, die extrem hart sind: Stahl, Diamant und sich selbst zu kennen.“ Das soll der amerikanische Politiker und Erfinder Benjamin Franklin im 18. Jahrhundert gesagt haben. 

Ist es tatsächlich so, dass die Selbstwahrnehmung der Menschen nicht funktioniert und sie sich gerne besser dastehen lassen als sie es sind?

Im ersten Teil des Monatsthemas im November „Alle doof außer mich“ ging es in der vergangenen Woche um Narzissten wie zum Beispiel Donald Trump. 

Ein weiteres Feld der Selbstüberschätzung ist der so genannte „Dunning-Kruger-Effekt“: Die Tendenz von wenig kompetenten Menschen, das eigene Können zu überschätzen und dabei die Kompetenz anderer zu unterschätzen. 

Zwar ist der Dunning-Kruger-Effekt in der Wissenschaft nicht unumstritten, allerdings stimmten laut spektrum.de selbst Kritiker dem Aspekt zu, dass Experten die eigenen Fähigkeiten auf dem Gebiet ihrer Expertise besser einschätzen können als Laien die ihren.  

„Wenn man inkompetent ist, kann man das nicht wissen“

Im Jahr 1999 hatten dies David Dunning und sein damaliger Mitarbeiter Justin Kruger publiziert: Die beiden Sozialpsychologen hatten in vorausgegangenen Studien bemerkt, dass etwa beim Erfassen von Texten, beim Schachspielen oder Autofahren Unwissenheit oft zu mehr Selbstvertrauen führe als Wissen. Sie erforschten diesen Effekt an der Cornell University in weiteren Experimenten und kamen schließlich zum Resultat, dass weniger kompetente Personen dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen, überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht erkennen, das Ausmaß ihrer Inkompetenz nicht richtig einschätzen sowie durch Bildung oder Übung nicht nur ihre Kompetenz steigern, sondern auch lernen können, sich und andere besser einzuschätzen.

Wikipedia.de zitiert David Dunning dazu mit: „Wenn man inkompetent ist, kann man nicht wissen, dass man inkompetent ist […] Die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um eine richtige Antwort zu geben, sind genau die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um zu erkennen, was eine richtige Antwort ist.“

Die Universität Graz hat aktuell untersucht, ob und wie ein verzerrtes Selbstbild von der Persönlichkeit eines Menschen abhängt. Psychologe Aljoscha Neubauer und seine Mitarbeiterin Gabriela Hofer berichten von ihrer Arbeit mit 300 Jugendlichen unterschiedlicher weiterführender Schulen auf spektrum.de. 

So sollten die Probanden einschätzen wie es um ihre Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen geht. Zuvor wurden anhand eines beantworteten Fragebogens Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Schüler gezogen. 

Spektrum.de berichtet dazu: „Dabei offenbarte sich ein starker Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Selbstbild. So attestierten sich Schüler, die sich als sehr offen beschrieben, oft auch große Kreativität und sprachliche Intelligenz. Mit den gemessenen Werten stimmte die Selbsteinschätzung aber nicht unbedingt überein.“

Aljoscha Neubauer kommentierte dies mit dem Satz: „Wie wir uns in bestimmten Bereichen sehen, hängt eher von unserer Persönlichkeit ab als von unseren tatsächlichen Begabungen.“

Wer ein großes Ego hat, soll sich also entsprechend für unfehlbar halten. 

Der so genannte „Hubris-Humility-Effekt“ soll übrigens belegen, dass es eher Männer sind, die ihre Geistesgabe höher einschätzen als sie wirklich sind, während Frauen eher „tief stapeln“.

Übermut tut selten gut: der Overconfidence-Effekt

Und schließlich gibt es noch den „Overconfidence-Effekt“ – die klassische Selbstüberschätzung.

Die Internetseite karrierebibel.de führt die englische Bezeichnung auf die beiden Ökonomie-Nobelpreisträger Daniel Kahnemann und Amos Tversky zurück, die erforscht haben, dass die Menschen davon ausgehen, viel mehr zu wissen und zu können als es tatsächlich der Fall ist. 

Dahinter steckt laut Kahnemann und Tversky ein psychologischer Mechanismus, der sich in allen Bereichen des Lebens ausdrü-cken kann: Man glaubt, im Job mehr drauf zu haben als andere, ist ein leidenschaftlicher Liebhaber und der beste Autofahrer auf den Straßen der Republik. 

Laut karrierebibel.de soll die Hybris umso höher sein, je schwieriger die Aufgabe wird. Je mehr Selbstvertrauen man hat, umso mehr neige der Mensch zur Selbstüberschätzung. 

Damit kommt die Internetseite zurück zum Narzissmus, indem sie schreibt: „Wo die Selbstverliebtheit grassiert, da blüht auch schon bald die Selbstüberschätzung.“

Teil 3: „Wie schlau sind wir selbst?“ Die Redaktion testet sich

(erschienen am 15. November 2020)

Neigen alle Menschen unter einer gewissen Selbstüberschätzung? Die Redaktion des HELMSTEDTER SONNTAG hat es anlässlich des Monatsthemas im November „Alle doof außer mich“ selbst erprobt: Vor einem Online-IQ-Test (iqtest.sueddeutsche.de) wurde gesagt, wie man seine eigene Intelligenz einschätzt. 

Extra „tief gestapelte“ Aussagen wie „Mein IQ liegt bei 87 oder so“, waren im Voraus genauso zu hören wie „Hab‘ ich schon dreimal gemacht, mein IQ ist 128.“

Die Ernüchterung oder aber auch Begeisterung folgte auf dem Fuß, fiel das Ergebnis doch auch mal komplett anders aus als vorhergesagt. 

Das Positive, das die Redaktion aus dem kleinen Versuch zog, war, dass niemand unter 100 lag, also alle mindestens dem Durchschnitt entsprachen. 

Zugleich aber bildeten sich die, die „schlechter“ abgeschnitten hatten als prognostiziert, ihre eigene Meinung, die da lautete: So ein IQ-Test mag ja in bestimmten Bereichen zu Rate gezogen werden können, aber über Allgemeinbildung und tatsächliches Wissen sagt das nichts aus. 

Ging die Tendenz da zum Dunning-Kruger-Effekt?

Derlei „Schönrederei“ passt eigentlich zum Monatsthema wie die Faust aufs Auge. Erinnert sei an den Dunning-Kruger-Effekt, der in der vergangenen Woche beschrieben wurde. Wikipedia fasst dazu kurz zusammen:  „Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet die kognitive Verzerrung im Selbstverständnis inkompetenter Menschen, das eigene Wissen und Können zu überschätzen.“

Womöglich ging die Tendenz in der Redaktion teilweise in diese Richtung, weshalb zum Monatsthema „Alle doof außer mich“ bereits ein Zwischenfazit gezogen werden kann: Das Thema kann schlichtweg jeden betreffen.

Intelligenz und Wissen – gehört das zusammen?

Aber zurück zur vermuteten These, dass der Intelligenzquotient nichts über das (Allgemein-)Wissen einer Person aussagt. 

Ein Redaktionsmitglied schnitt beim IQ-Test weit unter dem erwarteten Ergebnis ab; mit 108. Statt sich damit zufrieden zu geben, wurde aber direkt recherchiert, ob Intelligenz und Allgemeinbildung überhaupt verglichen werden können. 

Bei absolventa.de ist im Internet eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Thematik nachzulesen. Zusammengefasst geht daraus hervor, dass es viele verschiedene Arten von Intelligenz gibt, von der musikalischen über die interpersonelle, die räumliche, die existenzielle und die naturbezogene bis hin zur körperlich-kinästetischen Intelligenz. 

Absolventa schreibt dazu: „Diese Fähigkeiten werden in klassischen IQ-Tests nicht geprüft, weswegen der Begriff Intelligenzquotient unter anderem auch in der Kritik steht.“

Und die Bestätigung folgte ebenfalls. Denn beim Allgemeinwissenstest schnitt oben genannte Person sehr viel besser ab als beim IQ-Test…

Zwei Fragen sollen schon ausreichen

Beim von der Redaktion gewählten IQ-Test handelt es sich um ein umfangreiches „Werk“, das einige Zeit in Anspruch nimmt. 

Dabei sind laut „Merkur“ allein zwei Fragen wichtig, um die Intelligenz eines Menschen bestimmen zu können. 

Auf der Internetseite merkur.de  wird dieser superkurze IQ-Test vorgestellt. Begründet wird die Funktion damit, dass Wissenschaftler vermuten, dass zwei relevante Eigenschaften einen Hinweis auf die Intelligenz geben können. 

Es geht dabei um jene Eigenschaften, die einer im „British Journal of Psychlogy“ veröffentlichten Studie der Wissenschaftler Norman P. Li und Satoshi Kanazawa zufolge ein Zeichen hoher Intelligenz sind. 

Der kürzeste IQ-Test der Welt zum direkten Nachmachen

Die erste Frage dieses Testes lautet „Finden Sie es deprimierend, an einem Ort zu leben, an dem Sie von vielen Menschen umgeben sind?“ und die zweite „Treffen Sie Ihre Freunde gerne so oft es geht – anstatt nur ab und an?“.

Kurz geantwortet, sollen die Menschen am intelligentesten sein, die zweimal mit Nein antworten. 

Als Begründung heißt es bei merkur.de bezogen auf die erste Frage: „Intelligente Menschen haben, behaupten zumindest die Verfasser, grundsätzlich kein Problem damit, in Städten mit hoher Bevölkerungsdichte zu leben. Oder anders gesagt: Intelligente Menschen hätten sich dem modernen Leben angepasst.“

Bei der zweiten Frage deute der Studie von Norman P. Li und Satoshi Kanazawa zufolge das Nein sogar auf besondere Intelligenz hin. 

Je intelligenter der Mensch, umso weniger Freunde hat er

„So hätten besonders intelligente Menschen, so der Tenor der Studie, in der Regel weniger Freunde und würden auch gerne Zeit allein verbringen. Das sagt allerdings noch nichts über die Qualität der Freundschaften aus; die wenigen Freundschaften könnten dafür umso inniger sein“, schreibt merkur.de.

Teil IV: War ist denn nun wirklich intelligent? Die unordentlichen, verschlafenen Menschen sind es

(erschienen am 22. November 2020)

Beim lautstarken Mitsingen eines Liedes im Autoradio oder beim Pfeifen unter der Dusche – die Menschen überschätzen sich oft schon bei Kleinigkeiten. Denn in den eigenen Ohren klingt alles schön harmonisch, während Außenstehende den Gesang eher als Katzenjammer wahrnehmen. 

Ganz anderes Beispiel: Wenn die Fußball-Nationalmannschaft auf dem Platz steht, sitzen vor dem heimischen Fernseher tausende Bundestrainer. Sie wissen viel besser als Jogi Löw und sein Team, wie die richtige Aufstellung sein müsste, welche Spieltaktik gegen welchen Gegner gefragt ist und so weiter und so fort. 

Doch wenn der Bundestrainer tatsächlich abtreten würde, wie es gerade in der vergangenen Woche eifrig diskutiert wurde, stellt sich die Frage, wer in der Lage wäre, die jungen Spieler zum Erfolg zu führen. Und da scheidet „Heinzchen Meier“, der Spieler und Team nur von der heimischen Coach aus kennt, sicherlich als erster aus…

Die kleinen Größenwahne sind unschädlich

Aber das sind die kleinen, alltäglichen Dinge, die wohl in jedem Menschen schlummern und nicht einmal schädlich für die Allgemeinheit wären.

Ganz anders sieht es da bei denen aus, die sich wirklich für etwas Besonderes halten – im Beruf wie im Alltag -, es aber am Ende gar nicht sind. 

Die Lebensauffassung „Alle doof – außer ich“, wie das Monatsthema korrekt formuliert heißen würde, soll darauf zurückzuführen sein, dass diejenigen, die so denken ohne Selbstzweifel und rücksichtslos anderen gegenüber durchs Leben gehen. 

Das ist besonders oft im Berufsleben zu beobachten. Das „Handelsblatt“ fasst das zumindest in einem Artikel aus dem Jahr 2006 so auf. Bezogen auf die Arbeitswelt nennt die Zeitung Beispiele, die zu dem Schluss führen, dass Streitigkeiten und Missverständnisse im Job leicht vermieden werden könnten, wenn dem Gegenüber doch nur ein bisschen Vertrauen entgegengebracht würde: Bevor Vorgesetzte schimpfen oder sogar abmahnen, sollten sie erst einmal nachfragen, was der Mitarbeiter sich bei seinem Handeln gedacht hat. Soweit die Schlussfolgerung des „Handelsblattes“. 

Quarks.de hingegen hat eine entgegengesetzte Auffassung dazu. Zwar gingen Fehleinschätzungen schonmal nach hinten los, allerdings könne Selbstüberschätzung auch zum Erfolg verhelfen, heißt es dort. 

Selbstbewusstsein macht das Ziel leichter erreichbar

In einem Artikel aus dem Mai dieses Jahres schreibt die Internetplattform unter anderem: „Wer im Job (…) selbstbewusst auftritt, ist seinen Zielen oft schon einen großen Schritt näher. Manchen Forschern zufolge gilt das auch für Menschen, die sich selbst überschätzen.“ 

Das liege daran, dass der Glaube, besser zu sein als man wirklich ist, Ehrgeiz, Moral, Ausdauer, Entschlossenheit oder auch das Talent zu bluffen steigere. Letztlich könnten Menschen trotz fehlender Kompetenz Erfolge nachweisen, was sich schon beim Bewerbungsgespräch zeige. „Bei der Bewerbung auf eine neue Stelle wirkten Versuchspersonen kompetenter, je überzeugter sie von sich waren (auch wenn sie eigentlich keinen Grund dazu hatten)“, schreibt quarks.de.

Nichtsdestotrotz heißt es in einem geflügelten Wort: „Klugscheißer kann keiner leiden“ – und das nicht ohne Grund. Denn zum Beispiel im Berufsleben ist kein Kollege so anstrengend als der inkompetente, der sich selbst für wahnsinnig begabt hält: Seine großspurig formulierten Ergebnisse sind am Ende eher mau und schlimmstenfalls müssen es die Kollegen ausbaden und gerade rücken, was der vermeintliche Alleskönner verzapft hat. 

Wer ist denn nun wirklich schlau? 

Aber wer hat den nun wirklich „was auf dem Kasten“? Die Krux ist, dass wahre Intelligenzbestien ihr Wissen nicht unbedingt zur Schau stellen. Überhaupt werden einige in der Gesellschaft als negativ angesehene Eigenschaften eher intelligenten Menschen zugeschrieben: Sie sollen unordentlicher sein als andere und weniger Freunde haben (darüber wurde in der vergangenen Woche ja bereits berichtet). Intelligente Menschen machen laut miss.at zudem gerne öfter ein Schläfchen, sie können gut zuhören und sind immer wissensdurstig. Schlaue Menschen sind außerdem vielseitig begabt, sie sind empatischer, eher ängstlich und haben bessere Reaktionszeiten als weniger Intelligente. 

Ein Beispiel gefällig? Der ohne Zweifel hoch intelligente Albert Einstein war ein Tagträumer mit wenigen Freunden, der allerdings eine Menge von Interessen und Fähigkeiten besaß. Geige spielen, Segeln gehen, Bücher lesen und Geschicklichkeitsspiele: Damit verbrachte das Genie seine freie Zeit. 

Teil V: Und wie soll man nun mit sich selbst überschätzenden Menschen umgehen?

(erschienen am 29. November 2020)

Familienmitglied, Kollege, Mitschüler, Kommilitone, Nachbar… Die Personen, die sich selbst überschätzen, können in allen Bereichen des Lebens „auftauchen“. 

In den vergangenen vier Wochen wurde dargestellt, wie anstrengend der Umgang mit Narziss-ten, sich selbst überschätzenden Kollegen oder unter dem Dunning Kruger-Effekt leidenden Bekannten sein kann. Zum Abschluss soll nun noch einmal ein anderer Blick auf diese „Makel“ geworfen werden. Denn Selbstüberschätzer oder Selbstverliebte können auch positive Eigenschaften haben. 

„Narzisstische Eigenschaften sind durchaus gesund“

Eitel bis in die Haarspitzen und schwer selbstverliebt, das sind Narzissten. Deshalb ist der Umgang mit ihnen natürlich anstregend; wenn er denn überhaupt ertragbar ist. 

Die Internetseite karrierebibel.de zitiert dazu allerdings Professor Claas-Hinrich Lammers, Narzissmus-Experte und Chefarzt für Psychiatrie am Asklepios-Klinikum Nord in Hamburg, der in der Apotheken-Umschau gesagt habe: „Viele Eigenschaften, die man heute gern narzisstisch nennt, sind durchaus gesund.“ Überdies gebe es sogar einige positive Seiten des Narzissmus. 

Von sich selbst Überzeugte wirke offen und kompetent

Laut karrierebibel.de fand der Psychologe Delroy Paulhus zum Beispiel bei einem Experiment heraus, dass narzisstische Gruppenmitglieder bereits beim ers-ten Treffen von allen anderen als besonders offen, kompetent, gewissenhaft, kontaktfreudig oder unterhaltsam empfunden wurden. 

Als weiteren Vorteil des Narzissmus führt die Seite auf, dass Narzissten allein durch den Glauben, besser zu sein als andere, sich gut in Teams einbringen würden. 

So hätten Forscher bei einem Experiment herausgefunden, dass Narzissten über sich und ihre Werke so euphorisiert seien, dass sich diese Euphorie und der Impetus, großartig zu sein, auf die gesamte Gruppe übertrug. 

Positiv betrachtet könne Narzissmus den Einsatz erhöhen, den jemand im Job zeigt. Getrieben von dem Wunsch, von anderen bewundert zu werden, sollen Höchstleistungen erbracht werden. 

Findet sich der Narzissmus auf der Chefetage, steige die Bereitschaft für Innovationen und neue Technologien. Das leitet karrierebibel.de aus dem Ergebnis von Studien an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ab. 

Wie umgehen mit schwer selbstverliebten Kollegen?

Die WirtschaftsWoche gibt im Internetbericht „So verstehen Sie die Inkompetenz Ihrer Kollegen“ Tipps, wie mit narzisstischen Kollegen und vor allem Chefs umgegangen werden kann. Das Gegenüber soll so akzeptiert werden, wie es ist, weil sich manche Menschen einfach nicht ändern (lassen). 

Kritik am Handeln des Narziss-ten sollte tunlichst unterlassen und zugleich kein Lob für die eigene Arbeit erwartet werden. Außerdem rät die WirtschaftsWoche „Bieten Sie keine Angriffsfläche“ und „Passen Sie auf, wie Sie formulieren“. 

Einem Narzissten gegenüber sollte man sich professionell verhalten und die eigenen Gefühle sowie Emotionen nicht mit ihm teilen.

Zur allgemeinen Selbstüberschätzung indes beschreibt quarks.de auch dazu die positiven Aspekte und wie damit umgegangen werden kann. „Selbstüberschätzung kann auch zum Erfolg verhelfen“ heißt es dort in einem Artikel aus dem Mai dieses Jahres. 

Sich selbst überschätzende Menschen könnten laut Forschern eine Art selbsterfüllende Prophezeiung erleben. „Der Glaube, besser zu sein, als man wirklich ist, steigert demnach Ehrgeiz, Moral, Ausdauer, Entschlossenheit oder auch das Talent zu bluffen“, schreibt quarks.de und weiter: „Fähigkeiten also, die den Ausgang eines Ereignisses positiv beeinflussen können.“

Das eigene Selbstbild mit der Realität abgleichen

Alle zitierten Internetberichte haben ein Fazit, wie am besten ein abgeglichenes Selbstbild herbeigeführt werden kann. Zwar könnten Fremde jemanden auch nicht besser einschätzen als man sich selbst, aber die Rückmeldung anderer lasse sich gut dazu nutzen, die Selbstwahrnehmung mit der Außenwelt abzugleichen. Ein möglichst spezifisches Feedback, das auf eine konkrete Situation detailliert geschildert werden kann, helfe dabei, sein Selbstbild mit der Realität abgleichen zu können, heißt es bei quarks.de. 

Die Karrierebibel rät zu drei Schritten, um an sich selbst zu arbeiten: „Hinterfragen Sie sich selbst“ heißt der erste davon, „Holen Sie sich Feedback“ der zweite und „Gestehen Sie sich Fehler ein“ der dritte und wichtigste. 

Denn: „Sich selbst einzugestenen, nicht alles zu wissen oder zu können und nicht perfekt zu sein, ist leichter gesagt als getan – vor allem vor Publikum. Zu den eigenen Schwächen zu stehen ist aber ein wichtiger Teil der charakterlichen Reife. Nur so gelangen Sie zu einem gesunden Selbstbild. Kein Mensch besteht nur aus Stärken.“

Nach dem Gesamteindruck ist eine Bewertung möglich

Und in einem Blog der Frankfurter Allgemeine aus dem Jahr 2008 wird ein Tipp für die „andere Seite“ gegeben. „Bevor Sie eine Person bewerten (wenn überhaupt, denn es ist nicht nötig), verschaffen Sie sich einen Gesamteindruck und versuchen sie zu verstehen. Erst dann entsteht ein klares Bild“, heißt es wörtlich im Blog „Alle doof außer mir?“ aus dem Jahr 2008. 

Zum Schluss ein kleines Fazit

Das Schlussfazit zum Monatsthema „Alle doof, außer mich“ lautet: Vielleicht sind am Ende gar nicht so viele doofe Menschen um einen herum, wie man meint, wenn man einmal in sich geht, sich selbst reflektiert und schaut, was das Gegenüber eigentlich drauf hat. Denn schließlich ist es auch schon ein wenig narzisstisch zu denken, dass man selbst die Weisheit mit dem Löffel gegessen hat, während alle anderen zu dämlich sind, „um aus dem Busch zu winken“… 

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit über 25 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor über 23 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.