Heute geht es um die Behauptung, dass es noch immer Unterschiede zwischen dem Osten und Westen Deutschlands gibt und wenn ja, wie sich diese in den nächsten Jahren weiterentwickeln werden.
von Natalie Reckardt
Sind noch Unterschiede da?
Um die Frage vorab zu beantworten: Ja. Diese Unterschiede sind jedoch nicht mehr so gravierend wie vor 30 Jahren. Der Tagesspiegel schreibt in einem Bericht, dass es heute, nach 30 Jahren Wiedervereinigung, so gut wie keinen Ost-West-Gegensatz mehr gibt. Viel entscheidender, ob es den Menschen heute gut geht oder nicht, sollen demnach eher die Unterschiede zwischen Land und Stadt, zwischen dem Norden und Süden Deutschlands sein. Dies belegte eine Studie des „Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung“. Diese Studie sagt aus, dass die Abwanderung aus dem Osten in den Westen gesunken ist und die Kinderzahlen im Osten gestiegen sind. Der Tagesspiegel schreibt auch, dass sich die Lebenserwartungen zumindest bei West- und Ostdeutschen Frauen angeglichen haben. Diese werden im Schnitt 83 Jahre alt.
Unterschiede im Einkommen
Das Studienteam des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung sagt aus, dass die Lebenserwartung aber auch von sozialer Ungleichheit und dem Einkommen abhängen. So verdienen Ostdeutsche 14 Prozent weniger als Westdeutsche. Allerdings ist der Osten in puncto „Gender-Paygap“ also dem Gehaltsunterschied zwischen Mann und Frau, dem Westen weiter voraus. Die Einkommenslücke liegt bei den Geschlechtern bei nur sieben Prozent, anders als im Westen mit 21 Prozent.
Ostdeutsche fühlen sich negativ repräsentiert
Dem Osten fehlt es an Konzernsitzen, geprägt wird er lediglich von mittelständischen Unternehmen. Und auch Medien sollen auf den Osten wie mit einem Tunnelblick vom Westen aus blicken. „Seit der Wende schaffte es Ostdeutschland vor allem als Problem auf die Titelseiten“, heißt es in der Studie. Seit den 2000er Jahren sei der Osten als angeblich abgehängte Region beschrieben worden. Es gebe nach wie vor wenige Köpfe mit ostdeutscher Biografie in den Redaktionen der großen Zeitungen. „Viele Ostdeutsche finden sich somit in den großen Medien kaum wieder, was dazu beitragen könnte, dass die Skepsis gegenüber Rundfunk und Presse höher bleibt“, klärt die Studie auf.
Zukunftsforscher gibt Auskunft
Der Zukunftsforscher Daniel Dettling gab in einem Interview mit dem Magazin „Einsichten“ bekannt, dass sich der Westen dem Osten angleichen wird.
„Ich glaube, dass bald andere Werte zählen werden. Die Labels Ost und West sind bald überholt“, verkündete Dettling. Ferner sagte er auch, dass die Deutsche Einheit in 30 Jahren etwas für Historiker sein dürfte und dass eine Einheit für Deutschland als selbstverständlich angesehen wird.
Auch wird laut Dettling die Kommunalpolitik aufgewertet. Diese werde dann mehr Möglichkeiten haben eigene Steuern zu erheben oder Ansiedlungs-Politik zu machen. Ein Trend der sich schon andeutet ist laut Daniel Dettling die soziale Frage der Zukunft bei den Bürgern, jedoch bei denen, die entweder auf dem Land oder in der Stadt wohnen: „Der Bürger im Thüringer Land wird sich mit den Bürgern in Erfurt oder Jena vergleichen und sich fragen: Wieso bekommen die dort mehr Kitas und bessere Straßen und unsere Region wird abgehängt?“.
Andere wichtige Faktoren in 30 Jahren werden zudem noch der Glücksfaktor und die Geburtenrate sein.
Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.