Esbeck / Helmstedt. Als ein Meilenstein kann der unterschriebene Mietvertrag zwischen dem Landkreis Helmstedt und dem Schul- und Unterstützunsgverein Esbeck für die Immobilie in Esbeck gewertet werden. Als offizieller Mieter kann der Verein weitere Planungen für seine Grundschule starten. Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf. Dem afrikanischen Sprichwort Folge leistend, hat sich eine Gruppe Esbecker vorgenommen, zumindest die pädagogische Erziehung ihrer Kinder selbst in die Hand zu nehmen. Ziel des Schul- und Unterstützungsvereins Esbeck ist es, das seit Jahren leer stehende Gebäude der ehemaligen Grundschule wieder für den Schulbetrieb zu öffnen.
Dass es mehr Unterstützung als die eines – wenn auch sehr engagierten – Dorfes braucht, um eben dieses Gebäude aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken, wurde schnell nach der ersten vorsichtigen Zielformulierung vor rund zwei Jahren klar.

Schulbetrieb soll bereits ab September 2021 starten

Umso größter ist die Freude über den jüngst unterzeichneten Mietvertrag mit dem Landkreis Helmstedt, der Eigentümer der nun seit vielen Jahren leer stehenden Immobilie ist.
Für den Verein, der bereits seit zwei Jahren auf diesen Tag hingearbeitet hat, bedeuteten die Unterschriften der Vorstandsvorsitzenden Ramona Christ und Markus Göbecke einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Etablierung des Schulbetriebs, der bereits mit dem kommenden Schuljahr aufgenommen werden soll.

Genügend Anmeldungen für zwei Klassen vorhanden – Ausschreibungen für Lehrerpersonal laufen

Gestartet werden soll mit einer ersten und einer zweiten Klasse mit jeweils maximal 20 Kindern. Interessenten, um beide Klassen zu füllen, seien mit aktuell regis­trierten 35 Anmeldungen ausreichend vorhanden, betont Christ optimistisch – auch im Hinblick auf die Schülerentwicklungszahlen, die entgegen der Prognosen seit zwei Jahren und auch für die kommenden fünf Jahre kontinuierlich ansteigen.
Auch potenzielles Lehrpersonal sei bereits gefunden, wobei die offiziellen Ausschreibungen für mindestens zwei pädagogische Fachkräfte – so sieht es die Landesschulbehörde vor – aktuell noch laufen. Der Schulverein selbst würde am liebsten direkt vier Stellen zum 1. September besetzen, um eine optimale Betreuung sicherstellen zu können.
Darin sieht Christ jedoch kein Problem. Als einzige wirkliche Hürde, zumindest vorerst, nennt sie hingegen die Finanzierung, deren Antrag die kommende Woche der Bank zugestellt werden soll. Dies konnte erst mit dem nun vorliegenden Mietvertrag angegangen werden. Nach entsprechendem positiven Bescheid, wozu auch die Beteiligung zahlreicher Bürgen zählt, die für die Darlehenssicherung unabdingbar sind, könne mit der „eigentlichen Arbeit“ begonnen werden. Damit ist vor allem die Brandschutzsicherung mit den nötigen Trockenbauarbeiten, dem Einsetzen neuer Fenster und Türen gemeint. Des Weiteren gelte es bis zu den Sommerferien sowohl die IT sicherzustellen als auch die groben Renovierungsarbeiten abschließen zu können, bevor der „Feinschliff“ von den Eltern und Schulkindern selbst übernommen werde.

„Meine Wunschplanung ist es, bis spätestens August die benötigten Räume im Groben fertig gestellt zu haben“, erklärt die Vorstandsvorsitzende. „Nachdem die Böden eingesetzt und die Wände verputzt sind, ist es an den Kindern, die Räume nach ihren Wünschen zu gestalten.“ Die damit eingeforderte Eigeninitiative sowohl von den Kindern als auch (vor allen) von den Eltern dient der Bindung und Identifikation mit dem Schulverein – ein Kriterum, mit dem sich klar von öffentlichen Schulkonzepten abgegrenzt wird.

Vielfalt als Bereicherung: „Alle Kinder sind willkommen!“

„Ja, es ist noch viel zu tun“, lenkt Christ ein. Doch wenn alle gemeinsam anpacken, stünde der Eröffnung der Schule im September nichts im Wege. Gemeinschaftlichkeit, auch ein wichtiges Standbein des Schulprogramms, gefestigt durch die christliche Ausrichtung, der sich die Schule in freier Trägerschaft verschrieben hat. Dieses dürfe nicht als Aufnahmekriterium verstanden werden, sondern stütze sich auf Nächstenliebe und gegenseitiger Wertschätzung. Um zu verdeutlichen, dass sich hinter dem Kredo keine Floskel verstecke, solle auch das obligatorische Schulgeld, welches sich laut Christ auf 1oo Euro pro Monat für jeden Schüler einpendeln wird, kein Hindernis für eine überlegte Anmeldung sein. Dabei orientiert sich das Esbecker Modell stark an der Sankt Laurentius Grundschule aus Halberstadt, wo fehlende finanzielle Mittel durch ein erhöhtes Engagement im Schulalltag ausgeglichen werden können. Grundsätzlich seien alle Kinder willkommen, versichert der Verein, der in der Vielfalt eine Bereicherung sieht.

Dankbar für die Unterstützung seitens des Landkreises

Eine Bereicherung nennt auch Landrat Gerhard Radeck die Ambitionen des Vereins und bewertete das abgeschlossene Mietverhältnis als eine „große Freude“. Der Landkreis sieht in der Etablierung eines freien Angebots nicht nur einen Gewinn für die Schullandschaft, sondern insbesondere auch eine Entwicklungschance für den Ortsteil Esbeck sowie einen weiteren Baustein für die nachhaltige Zukunftsausrichtung des Landkreis Helmstedt.
„Ich bin sehr dankbar für die enorme Unterstützung, die uns seitens des Landkreises, aber auch von der Stadt Schöningen, speziell von Bürgermeister Malte Schneider, und vom Ortsrat Esbeck geschenkt wird“, betont Christ.

Neue Crowdfunding-Aktionen geplant, auch Schulmöbel werden noch benötigt

Ohne tatkräftige Förderer sei das Konzept zum Scheitern verurteilt, insbesondere die aktuelle Pandemielage mache eine entsprechende Akquise schwierig, weiß die selbstständige Finanzberaterin. Deshalb wird sowohl auf Sachspenden, wie die noch benötigten Schulmöbel, als auch auf Crowdfunding-Aktionen gesetzt. Darüber berichtet der Verein regelmäßig über seine ­Homepage unter www.schulverein-esbeck.de. Über die Internetseite sind zusätzlich alle Anträge zur Mitgliedschaft oder zur Schulanmeldung als Download bereitgestellt; auch die weiteren Kommunikationskanäle wie der Facebook-Auftritt, Instagram– und Twitter-Kanäle sind dort verlinkt.

Nach der erfolgreichen Unterzeichnung des Mietvertrages soll es Schlag auf Schlag gehen. Anfang März werden bereits das neue Schulllogo und der Schulname der Schule in freier Trägerschaft verraten.

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Katharina Loof, geboren 1980 in Nordrhein-Westfalen, begann ihre journalistische Tätigkeit im Kölner Raum, bevor sie 2010 nach Schöningen zog. Die dreifache Mutter mag Dorf-Klüngel und Pflastersteine auf vollen Marktplätzen. Am Lokaljournalismus schätzt die Esbeckerin die Nähe zum Menschen. Die Karnevalistin tritt gerne mal zu stark auf’s Gas: sowohl im Fahrzeug als auch bei der Freigabe der Autokorrektur.