von Katharina Loof

Helmstedt. Während kommunale Wahlen oft als „Personenwahl“ abgetan werden – die Wähler also meist nach Bekanntheit und Sympathie der Kandidaten entscheiden, stehen bei der Bundestagswahl eher die Parteien im Fokus. Doch das macht die Entscheidung nicht einfacher, denken sich viele verwirrte Wähler und hoffen auf Hilfe diverser digitaler Entscheidungstools, die im Netz zur Orientierung angeboten werden. Wie hilfreich und sinnvoll sind diese wirklich? Kommendes Wochenende gilt es wieder zu entscheiden, welche Kandidaten zum einen in den Bundestag einziehen werden, zum anderen welche Gewichtung den einzelnen Parteien im Bundestag zugesprochen wird. Jeder Wähler hat eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wird der Direktkandidat im jeweiligen Wahlkreis gewählt. Die einzelnen Kandidaten sind auf dem Stimmzettel links abgedruckt. Mit der Zweitstimme wird die Landesliste einer Partei gewählt, auf dem Stimmzettel rechts abgedruckt. Die Zweitstimme ist bei der Wahl zum Deutschen Bundestag die grundsätzlich maßgebliche Stimme für die Sitzverteilung (Bundestagsmandaten) an die Parteien. Mit ihr wird entschieden, welcher politische Kurs die kommenden vier Jahre „gefahren“ wird. Doch welche Richtung ist die richtige für mich? Welche Partei vertritt am ehesten meine Einstellungen und Ansichten; mit welchem kommunizierten Landeskurs kann ich mich am ehesten identifizieren? Nicht selten wiegt die Unsicherheit schwerer als die Gewissheit, mit voller Überzeugung seine Stimmen abgegeben zu haben. Besonders junge Wähler tun sich schwer durch den Dschungel der Parteihefte und Wahlversprechen. Eben aus diesem Grund gibt es mittlerweile ein breites Angebot an digitalen Entscheidungshilfen, die bei der Orientierung helfen sollen. Der Wahl-O-Mat ist sicherlich das bekannteste Tool unter der Masse – und immerhin auch das älteste. 2002 wurde das Frage-Antwort-Tool von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ins Leben gerufen. Es wird Stellung zu mehreren Thesen bezogen, die mit „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ beantwortet, oder aber übersprungen werden. In der anschließenden Auswertung kommt heraus, inwieweit die eigenen Vorstellungen mit denen der Parteien übereinstimmen. In Hinblick auf den Fakt, dass dieses, wie auch die anderen Programme dazu dienen, sich wenigstens Gedanken über politische Themen machen, ist die Nutzung schon mal als positiv zu bewerten. Kritik hagelt es hingegen in punkto der mangelnden Tiefe. Zum einen beziehe sich der Wahl-O-Mat lediglich auf die Programmhefte der Parteien und somit auf Ankündigungen, die bekanntlich vor der Wahl zuhauf verkündet werden. Zum anderen fehle es an Kontext. Entscheidungen könnten nun mal nicht alleine anhand an komprimierten Fakten getroffen werden, sondern bedürfen den Blickwinkel aus verschiedenen Standpunkten. Sprich: Ein digitales Entscheidungstool ohne politische Weitsicht bringe nichts als noch mehr Verwirrung. Vor allem für diejenigen, die sich bislang als sozial eingestuft hätten und plötzlich hohe Übereinstimmungen mit liberalen oder sogar eher rechts orientierten Parteien angezeigt bekämen. Daher sollte man sich als Hilfe nicht alleine auf ein Programm verlassen, ebenso wie nicht nur ein Parteiprogramm gelesen werden sollte. Andere Tools haben die Kritikpunkte aufgegriffen und bieten entsprechende Alternativen an: so können bei dem Uni-Projekt „Wahl-Kompass“ fünf Antwortmöglichkeiten etwas mehr Raum zur Differenzierung geben, wohingegen das privat finanzierte Konzept „DeinWal“ auf die Auswertung von Bundestagsabstimmungen der vergangenen vier Jahre setzt. Und für Tinder-Fans darf der „Wahl-Swiper“ empfohlen werden. Wer bei all den Möglichkeiten immer noch unsicher ist, nutzt bestenfalls das Wahltool des Postillion; um auch im Wahlkampf den Humor zu behalten. 

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Katharina Loof, geboren 1980 in Nordrhein-Westfalen, begann ihre journalistische Tätigkeit im Kölner Raum, bevor sie 2010 nach Schöningen zog. Die dreifache Mutter mag Dorf-Klüngel und Pflastersteine auf vollen Marktplätzen. Am Lokaljournalismus schätzt die Esbeckerin die Nähe zum Menschen. Die Karnevalistin tritt gerne mal zu stark auf’s Gas: sowohl im Fahrzeug als auch bei der Freigabe der Autokorrektur.