Vor allem Kinder gehen in ihrem noch jungen Leben eher unachtsam durch die Welt und stürzen aus diesem Grund auch häufiger, wenn sie zum Beispiel draußen spielen. Darauf folgen oftmals Verletzungen und offene Wunden. Die richtige Wundverheilung ist dann oberstes Gebot. Viele Eltern neigen dazu, ein Pflaster auf die betroffene Stelle zu kleben, um Blutungen zu stoppen. Doch ist das die richtige Vorgehensweise? Ist es besser, eine Wunde frei heilen zu lassen oder braucht die Haut wirklich einen gewissen Schutz? Diese Frage soll in der Reihe „Ist das wirklich so?” des HELMSTEDTER SONNTAG beleuchtet werden. 

Wie heilen Wunden?

Doch zunächst sollte einmal geklärt werden, wie Wunden eigentlich verheilen. 

Eine Wunde entsteht durch eine Schädigung, Zerstörung oder Durchtrennung der Haut und des darunter liegenden Gewebes. Sofort nach einer Verletzung beginnt die Blutstillung. Die Blutgefäße in der Wunde verengen sich, um den Blutverlust zu verringern. Das Blut gerinnt, das heißt, es verfestigt sich und füllt die Wunde aus. Während der Blutgerinnung (Hämostase) entsteht das Eiweiß Fibrin. Es verklebt die Wundfläche und schützt die Wunde vor Krankheitserregern. Feuchtes Fibrin ist ein gelber, durchsichtiger Belag. Ausgetrocknetes Fibrin bildet eine harte, gelbliche Platte. Außerdem wandern nach der Stillung der Blutung Entzündungszellen in die Wunde ein. Sie reinigen die Wunde und schützen sie vor Infektionen. Bakterien und Zelltrümmer werden aus der in dieser Phase nässenden Wunde durch eine Wundflüssigkeit (Exsudat) ausgeschwemmt und abgebaut. Diese Phase der Wundheilung (Reinigungs- oder Inflammationsphase) dauert bei normal heilenden akuten Wunden circa drei Tage. Frühestens ab dem zweiten Tag beginnt sich in der Wunde neues Gewebe zu bilden. 

Erste Zellen – so genannte Fibroblasten – wandern aus dem umgebenden Gewebe und vom Wundgrund in die Wunde ein. Es entsteht nach und nach neues Bindegewebe (Granulationsgewebe). Für die Blutversorgung wachsen kleinste Gefäße (Kapillaren) aus umliegenden gesunden Blutgefäßen in das neue Gewebe ein. In dieser Phase ist die Wunde gut durchblutet, dunkelrot gefärbt und feucht glänzend. Das neue Granulationsgewebe mit den neuen Gefäßen ist sehr empfindlich. Die Wunde sollte besonders vorsichtig behandelt, geschützt und geschont werden.

Die Wunde feucht halten 

Um den optimalen Schutz zu gewähren, ist es also empfehlenswert mit einem Pflaster die Wunde vor äußeren Einflüssen zu beschützen. 

Die Webseite onmeda.de macht es kurz und erklärt: „Eine Wundauflage – im Falle einer kleineren Schürfwunde eben ein Pflas-ter – lässt die Wunde schneller heilen. Sie hält die Wunde feucht und bewahrt sie so vor vollständigem Austrocknen und dickem Schorf.“ 

Weiter heißt es: „Beide Faktoren verzögern die Wundheilung und begünstigen unter Umständen die Narbenbildung. In eine dauerhaft feuchte Wunde dagegen fließt Wundsekret ungehindert nach. Es enthält heilungsfördernde Substanzen wie zum Beispiel Antikörper, bestimmte Enzyme und Wachstumsfaktoren.” 

Doch ein Pflaster alleine würde nicht zur Heilung beitragen. Um Infektionen vorzubeugen, sollte man im Falle einer leicht verschmutzten Schürfwunde diese unter fließendem Wasser säubern, ehe das Pflaster zum Einsatz kommt. Stecken größere Fremdkörper in der Wunde (wie Glasplitter, Rollsplitt oder ähnliches), sollte sich ein Arzt um die Behandlung kümmern. 

Alternative zum Pflaster

Fehlt ein Pflaster, trocknet die Oberfläche der Wunde schnell aus, während sich darunter noch feuchtes Wundsekret befindet. Dieses kann nicht mehr fließen, die Heilung stockt und mit ihr auch die Abheilung. 

„Unter der trockenen Schicht befindet sich dann eine Schicht aus Bakterien, Schmutz und abgestorbenem Gewebe, die nicht mehr abtransportiert wird“, sagt Thomas Horn, Oberarzt an der Klinik für Dermatologie der Helios Klinik Krefeld. „Man kann sich die Wirkung der Kruste ähnlich vorstellen wie die eines Gewächshauses.“ Bedeckt man hingegen die Wunde mit einem Pflaster und wechselt dieses regelmäßig, nimmt man immer wieder die obere Sekretschicht mit allem, was sich darin befindet, weg – und damit den Abfall des Körpers. „Wunden wurden über die Jahrhunderte hinweg immer eher feucht behandelt, historische Dokumente belegen Behandlungen mit Honig, Öl und Weinumschlägen“, erzählt Horn auf der Unternehmenswebseite. 

Im 20. Jahrhundert allerdings habe man die Theorie -entwickelt, dass trockene Wunden Bakterien zum Absterben bringen, und auf feuchte Verbände verzichtet. Bis 1962, denn damals entdeckte der Mediziner George Winter die Vorzüge der feuchten Wundheilung neu. Winter stellte außerdem fest, dass Wunden unter einer Polyurethanfolie – ähnlich einer haushaltsüblichen Frischhaltefolie – schneller abheilen. Heute werden vor allem chronische Wunden, deren Heilung nur verzögert eintritt, mit Hilfe spezieller Verbände gezielt feucht gehalten. Bei kleinen „Bagatellwunden“, wie sie Horn nennt, reiche aber auch ein einfaches, herkömmliches Pflaster aus. Den Rest erledigt der Körper von alleine. 

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Natalie Tönnies, geboren 1999 in Schönebeck (Elbe), ist das Küken in der Redaktion des HELMSTEDTER SONNTAG und steckt mitten in ihrem Volontariat. Die Danndorferin ist eine leidenschaftliche Sportschützin mit einer kleinen Abneigung gegenüber (Führerschein-)Prüfungen. Sie schreibt unheimlich gerne die Fleischerseite des HELMSTEDTER SONNTAG.