von Katja Weber-Diedrich

Teil I: Kann es den einen Traumjob wirklich geben?

erschienen am 2. April 2023

Arbeitnehmerstreiks im öffentlichen Dienst lähmen seit Wochen stellenweise das ganze Land und es scheint einfach kein Ende in Sicht. Gerade am Montag erfanden Medien die utopischsten Steigerungswörter, um den flächendeckenden Streik bei Bussen, Bahnen und Flugzeugen zu beschreiben. Und so manch einer mag glauben, dass sich Deutschland spaltet. „Warum streiken die? Ich müsste auch deutlich mehr verdienen und beschwere mich nicht…“ war beispielsweise so oder so ähnlich in zahlreichen Beiträgen bei Twitter zu lesen, während -mindestens genauso viele andere Meinungen die Forderungen des öffentlichen Dienstes unterstrichen, rechtfertigten und erklärten. 

Arbeit bewegt die Menschen auf der ganzen Welt

Die Arbeit beschäftigt die Menschen. Das ist auch in Frankreich zu beobachten, wo die Menschen seit Wochen auf die Straßen gehen und sich gegen  die Rentenreform auflehnen, die Präsident Emmanuel Macron „durch ein Hintertürchen“ durchgesetzt hat. Die Menschen im deutschen Nachbarstaat sollen nunmehr bis zum Alter von 64 Jahren arbeiten, statt zuvor bis 62. Im „Rente mit 67“-Deutschland kann man -darüber eigentlich nur schmunzeln. 

Das alles macht aber eines deutlich: Das Thema „Arbeit“ bewegt die Menschen auf der ganzen Welt. Dort, wo es aufgrund von (wirtschaftlicher) Armut keine gibt, genauso wie dort, wo Plätze im Überfluss, aber zu wenig Kräfte vorhanden sind. 

Im April soll die Arbeit das Monatsthema des HELMSTEDTER SONNTAG sein. Gemeinsam mit den Leserinnen und Lesern wollen wir uns fragen, wie die Arbeit der Zukunft wohl aussehen kann, woher die Annahme kommt, dass junge Menschen heute „zu faul“ zum Arbeiten seien, warum Streiken ein anerkanntes Recht der Arbeitnehmer ist, ob es wirklich einen (Fach)Kräftemangel gibt, wie Familie und Beruf zu vereinbaren sind und ähnliches mehr. 

Gibt es eigentlich den einzig wahren Traumjob? 

Zunächst geht es heute um die Frage, ob es eigentlich den einzig wahren Traumjob gibt. Dadurch, dass jeder Mensch verschieden ist, ist das natürlich von vornherein Quatsch. 

Aber was ist mit den Ideen der Kindheit, in der sich viele wünschen Feuerwehrmann, Tierarzt, Schauspieler, Profifußballer oder Zauberer zu werden? 

Nun ja, beim Schauspieler und beim Fußballprofi ist klar, dass ein gewisses Talent notwendig ist. Beim Fußball spielt -obendrein tatsächlich auch noch heute das Geschlecht eine Rolle, wenn Frau mit ihrem Beruf Geld verdienen möchte.

Für den Tierarzt ist eine medizinische Ausbildung notwendig, die Zeit kostet, während auch das Lernen, das notwendig ist, um bei der Berufsfeuerwehr arbeiten oder als Zauberer wirklich Geld verdienen zu können, nicht unterschätzt werden darf. 

Klar, die Träume aus den Kindertagen fallen (meistens) der Realität zum Opfer. Erwachsene  wissen, dass (Aufstiegs)Chancen, der Verdienst und die Arbeitszeit wichtige Aspekte der Berufswahl sind. Natürlich soll auch der nötige Spaß dabei sein, um eine bestimmte Arbeit möglichst lange ausführen zu können. Aber es kann eben nicht jeder ein Vollerwerbs-Clown werden… 

Am Ende ist es aber auch wichtig und richtig, dass die Menschen die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Ansprüche haben, wenn es um ihre Berufswahl geht: Die Einen möchten „etwas für andere Menschen“ tun, während die Anderen lieber „im stillen Kämmerlein“, fernab der Öffentlichkeit arbeiten. Das ist sicher auch gut so, schließlich gibt es heute die unterschiedlichsten Berufe und ebenso vielfältige Ansprüche an den Arbeitsplatz.


Teil II: Sind die „Millennials“ einfach cleverer?

erschienen am 9. April 2023

Selbstverständlich hat jeder Mensch seine eigene Persönlichkeit und Lebensgeschichte – wir sind alle unterschiedlich. Aber oft lassen sich in den verschiedenen Generationen Gemeinsamkeiten erkennen, die sich auf das Leben auswirken können. 

In Zeiten zunehmenden Fachkräfte- und Nachwuchsmangels wird regelmäßig darüber diskutiert, wie die Generationen die Arbeitswelt sehen. Darauf wird im Rahmen des Monatsthemas „Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus?“ in dieser Woche ein Blick geworfen.

Reibereien zwischen Boomern und Millennials

Insbesondere zwischen „Boomern“ (Personen, die zum Babyboom geboren wurden, also zwischen Mitte der 1950er und Ende der 1960er Jahre) und „Millennials“ (die zwischen 1981 und 1995 geborenen Jahrgänge) kommt es dabei häufig zu Konflikten. Ganz grob können diese so zusammengefasst werden: Boomer arbeiten viel zu viel. Sie haben damit die Zukunft aller folgenden Generationen auf eine Art vorgeschrieben, die nicht mehr zeitgemäß ist. 

Denn die Millennials – auch „Generation Y“ genannt – haben alternative Sichtweisen, Prioritäten und Lebensentwürfe, die sich besonders auf die Arbeitswelt auswirken. Menschen dieser Generation wird nachgesagt, dass sie im Job konsequent alles Traditionelle anzweifeln und es entsprechend verändern wollen. 

Eigentlich ist das gar nicht so unlogisch, bilden die Millennials doch die erste Generation, die mit der digitalen Technik aufgewachsen ist. Internet und Co. sind für sie ganz selbstverständlich und quasi eine Grundvoraussetzung des Lebens. 

Die Generation Y zeichnet sich obendrein durch ein hohes Bildungsniveau aus. Ein Großteil von ihnen kann einen akademischen Hintergrund vorweisen. 

Auf der anderen Seite sind die Boomer. Diese „Nachkriegsgeneration“ zeichnet sich durch besonders starken Arbeitseifer aus. Oftmals wird das ganze Leben um die Arbeit herum aufgebaut und nicht anders herum. 

Die Gründe dafür sind verständlich. Nach dem Krieg gab es viel zu tun in Deutschland. Deshalb gelten Babyboomer generell als „Anpacker“. 

Wiederaufbau, Gleichstellung der Frauen und viele andere große Projekte wurden von den Boomern durchgesetzt. Deshalb sind die Menschen dieser Generation viel optimistischer. Sie glauben an ein Weiterkommen im Unternehmen ebenso wie daran, dass sie mit ihrer Arbeit etwas bewirken können. 

Boomer leben, um zu arbeiten

Deshalb hat der Job die höchste Priorität im Leben der Boomer. Sie leben, um zu arbeiten. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass viele von ihnen es gar nicht so eilig mit der Rente haben und auch nach der eigentlichen Pensionierung noch einer Arbeit nachgehen, zumindest stundenweise. 

Und dann sind da deren Enkel, die hinterfragen, warum sie eine bestimmte Arbeit machen und den Sinn dafür suchen. 

Dass das nicht zusammenpasst, ist im Prinzip logisch. 

Für Arbeitgeber kann eine Mischung aus beiden Generationen hingegen viele Vorteile bringen. Während die Boomer durch ihre umfangreiche Berufserfahrung punkten, ist es bei den Millennials die hohe Bildung. 

Millennials arbeiten, um zu leben

Allerdings sind auch seitens der Arbeitgeber Herausforderungen zu bestehen, denn die Generation Y nimmt nicht einfach alles so hin, wie es angeordnet wird. Millennials stellen so manches Mal Hierarchien in Frage und streben stattdessen nach Selbstbestimmung. Sie wollen eigenständig handeln, ihre Tätigkeit mobil und mit flexiblen Arbeitszeiten erledigen. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist ihnen am wichtigsten. Sie arbeiten, um zu leben. 

Nicht nur für die Generation Y, sondern auch die folgenden, die inzwischen den Arbeitsmarkt beherrschen, ist das gute Miteinander von Arbeit und Leben das A und O; die Familiengründung spielt oftmals eine besonders große Rolle dabei. 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist heute wichtig

Daher achten heutige „Nachwuchs“-Arbeitnehmer darauf, wie es im Unternehmen um die Familienfreundlichkeit bestellt ist. Punkten können Arbeitgeber heute mit  flexiblen Arbeitszeiten, dem Angebot eines Home-Office oder unternehmenseigenen Kindergärten. 

Wie genau sich junge Menschen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorstellen, das soll nächste Woche betrachtet werden.


Teil III: Sind Beruf und Familie miteinander vereinbar? 

erschienen am 16. April 2023

Charilaos Avrabos ist „Head of Communication“ bei der Firma Philip Morris und promovierter Neurowissenschaftler. In einem Beitrag bei turi2.de schreibt er darüber, wie wichtig die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit für die Gesellschaft als Ganzes, aber auch für die Attraktivität von Arbeit-gebern ist.

Seine Auffassung ist: „Arbeits- und Familien-leben stehen in einer Konkurrenz-beziehung zueinander, denn beide benötigen dieselben Ressourcen: Aufmerksamkeit und Zeit.“ Den Unterschied sieht der Neurowissenschaftler in der Lautstärke, wie die Aufmerksamkeit eingefordert wird: Bei der Arbeit geschieht dies zumeist lautstark, während es in der Familie die Kinder sind, die Vernachlässigung oft still ertragen und darunter leiden, bis es womöglich irgendwann knallt. 

Daher müsse ein Kind „bedingungslosen Zugang zu Eltern und Bezugspersonen“ haben, um sich gut entwickeln zu können. 

Richtig mit den Kindern über die Arbeit sprechen

Laut Aussage des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Martin Kutzner in der „Zeit“ sei es deshalb wichtig, dass die Eltern mit den Kindern über die Arbeit sprechen. Aber das müsse kindgerecht geschehen, damit auf beiden Seiten Verständnis erreicht wird. 

Im „Zeit“-Interview sagt Kutzner: „Für Eltern bedeutet Arbeit meistens: Ein Gehalt und dafür Aufgaben und Abgabefristen. Für Kinder haben Berufe noch etwas Romantisches. Ein Tierarzt hilft eben kranken Tieren. Wie können Mütter und Väter ihren Kindern erklären, was Arbeit wirklich bedeutet? Warum müssen sie sich jeden Morgen beeilen und das Kind in der Kita abgeben? Und warum sind sie abends zu müde zum Spielen?“

Das zu verstehen sei wichtig, um Beruf und Familie – auf privater Seite – miteinander zu vereinen. 

Auf der anderen Seite muss heutzutage aber auch der Arbeitgeber dazu beitragen, dass es möglich ist, eine Familie zu unterhalten, selbst wenn beide Elternteile Vollzeit arbeiten (müssen). 

Denn das inzwischen altbackene Modell, dass ein Partner (die Frau) daheim bleibt, um sich um Haushalt und Kinder zu kümmern, während der andere Partner (der Mann) dafür zuständig ist, das Geld herbeizuschaffen, wird kaum noch angewendet.  

Aber wie kann es denn nun gelingen, beide wichtigen Aspekte im Leben – die Familie und den Beruf – miteinander zu verbinden? 

Gutes Angebot steigert die Zufriedenheit

Laut Charilaos Avrabos ist dies mit flexiblen Arbeitszeiten, Remote Work und Teilzeit möglich. Ein solches Angebot steigert in seinen Augen die Zufriedenheit der Arbeitnehmer und wirkt sich damit direkt und positiv auf die Arbeitsleitung aus. 

Es stellt sich dabei jedoch die Frage, ob es beim ohnehin schon existierenden Fachkräftemangel überhaupt möglich ist, die auflaufende Arbeit auf noch mehr Schultern verteilen zu können, damit alle flexibler agieren können…

Natürlich sollten aber nicht nur Eltern eine ausgeglichene Work-Life-Balance haben, sondern auch kinderlose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 

Und dafür kann, so heißt es, jeder selbst etwas beitragen. Das Magazin „Avantgarde Experts“ nennt zum Beispiel zwölf Punkte, die dazu führen sollen, ein ausgeglichenes, zufriedenes Leben zu führen. 

Unter anderem  sollten demnach Freundschaften und Familie als fester Bestandteil des Arbeitsalltags gelten. Feste Termine für Treffen sind einzuhalten und dürfen nicht „wegen der Arbeit“ abgesagt werden. 

Freude hilft, dem Alltag zu entkommen

Nach der Arbeit sollten Dinge getan werden, die Freude bereiten. Denn freudige Erlebnisse würden helfen, dem Alltag zu entkommen.

Auch das Schmieden von Plänen verbessere die Laune. Vorfreude soll einen tristen Tag direkt aufhellen, meinen die „Avantgarde Experts“. Neben all dem sollte genügend Zeit für sich selbst sein. Denn mit freier Zeit nur für sich entstehe eine Balance von innen heraus. 

Eine der effektivsten Arten, vom Arbeitsalltag abzuschalten, ist natürlich der Sport, durch den der Körper Endorphine ausschüttet. Auch dabei gilt allerdings, fixe Termine einzuhalten.

Wichtig sei zudem, klare und realistische Wochenziele zu setzen – keine überzogenen – und unangenehme Aufgaben lieber direkt zu erledigen. 

Schließlich sollen bewusst gesetzte Pausen die Produktivität steigern. Ein kurzer Import von Freizeit in den Arbeitstag steigere die Konzentrationsfähigkeit und reduziere den Stress, ist sich das Magazin sicher.


Teil IV: Es mangelt überall an Fachkräften – oder?

erschienen am 23. April 2023

Ob es die Post ist, die nicht zugestellt wird, oder der Müll, der am Straßenrand stehen bleibt. Ob es unmöglich scheint, einen Handwerker- oder einen Facharzttermin zu bekommen. Ob Patienten nicht richtig versorgt werden oder Oma im Altenheim unbetreut vor sich hin vegetiert: All diese Probleme werden darauf zurückgeführt, dass es wegen des allgemeinen Fachkräftemangels zu wenig Personal gibt.

Stimmt das? Oder sind die betroffenen Arbeitsplätze beziehungsweise deren Bedingungen so unattraktiv, dass niemand sie übernehmen möchte? Trägt womöglich das Bürgergeld eine Mitschuld am Arbeitskräftemangel, weil es „so einfach ist“ zuhause zu bleiben und trotzdem Geld im Portemonnaie zu haben? Und kann womöglich Künst-liche Intelligenz Abhilfe verschaffen? 

Diese Fragen sollen in dieser Woche beim Monatsthema „Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus?“ beleuchtet werden. 

Probleme gibt es dort, wo viel Arbeit für zu wenig Menschen zu erledigen ist

Eins ist klar: Wo viel Arbeit von zu wenig Menschen erledigt werden muss oder soll, gibt es Probleme. Zum einen bei der ordentlichen Erledigung der Arbeiten, zum anderen auf der gesundheitlichen Seite. Gerade hat die Krankenkasse DAK in einem Report herausgestellt, dass sich Personalnot auf die Gesundheit von Mitarbeitenden auswirkt.

Von Personalmangel Betroffene fühlten sich laut DAK stark unter Termin- und Leistungsdruck gesetzt, machten Überstunden und ließen Pausen ausfallen. Daraus folge zwangsläufig, dass mehr als die Hälfte der insgesamt 7.000 befragten Beschäftigten häufig müde und erschöpft ist. 35 Prozent von ihnen litten unter Schafstörungen, 23 Prozent unter Kopfschmerzen.   

Natürlich ist das Bild in verschiedenen Berufsgruppen unterschiedlich. So fand die DAK heraus, dass 74 Prozent der Kranken- sowie 65 Prozent der Altenpflegekräfte ihr Arbeitspensum nur unter großen Anstrengungen schaffen würden. Die Krux daran ist, dass sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Berufsgruppen, die unter Personalmangel leiden, dabei viel seltener krank melden. So hätten gegenüber der Krankenkasse 70 Prozent angegeben, in den vergangenen zwölf Monaten krank gearbeitet zu haben. 

Dass das nicht sinnvoll ist, dürfte jedem klar sein. Es macht aber andererseits deutlich, wie frappierend der Fachkräftemangel an manchen Stellen ist. 

(Noch) kein flächendeckender Fachkräftemangel

Wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz angibt, könne in Deutschland (noch) kein flächendeckender Mangel ausgemacht werden. Allerdings könnten schon heute in bestimmten Regionen und Branchen offene Stellen nicht mit geeigneten Fachkräften besetzt werden. Dies betreffe vor allem die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) und den Gesundheitsbereich. 

Potenzial, den Fachkräftemangel doch noch in den Griff zu bekommen, ihn zu decken, sieht das Wirtschaftsministerium bei Frauen, die künftig eher ganztags arbeiten sollten. Denn aktuell befinde sich der größte Teil in einer Teilzeitbeschäftigung.

Ebenso zur Verstärkung des Personals beitragen könnten Migrantinnen und Migranten, ältere, aber noch „fitte“ Menschen, Fachkräfte aus dem Ausland, Menschen mit Behinderung sowie zu einem kleinen Teil Un- und Angelernte. 

Womöglich ist der Ausbau Künstlicher Intelligenz (KI) zudem eine Lösung. So schilderte der Ökonom Jens Südekum in einem ZDF-Interview erst kürzlich, dass sich die Arbeitswelt durch KI ändern werde. Sie könne sogar ganz neue Jobchancen eröffnen, sagte er. „Ich glaube, das geht in vielen Bereichen, wo es Routine-Tätigkeiten gibt, die relativ gut und einfach automatisiert werden können,  im Bankenwesen, im Versicherungswesen, im Journalismus vielleicht. Das Muster ist ja dann, bei Berufen, die aus vielen Tätigkeiten zusammengesetzt sind, dass dort die langweiligen Routinearbeiten automatisiert werden können. Dafür können die Menschen mehr Energie auf die Dinge verwenden, mehr Zeit auf die Berufssachen, die spontaner, interaktiver sind. Und dadurch kann in vielen Bereichen ein viel besseres Produkt herauskommen“.

Zum Ende des Monatsthemas „Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus?“ wollen wir einen Blick auf die Realität werfen. Über den Beruf oder Job zu reden, ist leicht. Aber ihn tatsächlich zukunftssicher und attraktiv zu machen, womöglich nicht.

In der Betreuung und Pflege fehlen bekanntlich die meisten Fachkräfte und inzwischen sogar in der Bauelektrik. Quelle: IW Köln via Statista

In der Betreuung und Pflege fehlen bekanntlich die meisten Fachkräfte und inzwischen sogar in der Bauelektrik. Quelle: IW Köln via Statista


Teil V: Hat Corona die Arbeit attraktiver gemacht?

erschienen am 30. April 2023

„Telearbeit, erreichbar unter der Telefonnummer…“ So oder so ähnlich lauten die Hinweisschilder, die heutzutage an manch einer Bürotür zu finden sind. Sie weisen darauf hin, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer von  daheim aus berufstätig ist. Das, was mancherorts noch vor fünf Jahren undenkbar gewesen wäre, ist heute Alltag. 

Dabei wurde aus der Not eine Tugend gemacht. Denn die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben die Arbeitgeber regelrecht dazu gezwungen, Heimarbeit zu ermöglichen, wo es denn geht. 

Dass natürlich ein Autobauer nicht von zuhause aus arbeiten kann, ist klar. Wohl aber ist die Entwicklung dieses Autos via Homeoffice heute ganz real. Zumindest dort, wo es eine stabile Internetleitung gibt.

Aber ist die Heimarbeit ein Modell, das sich nachrückende, junge Berufstätige wünschen? Jein müsste die Antwort lauten. 

Mindes-tens während der Ausbildung sollte ständig ein Betreuer in direkter Nähe der Berufsstarter sein. Und viele wünschen sich den direkten Kontakt zu Kollegen und/oder Kunden. Auf der anderen Seite bringt das Homeoffice oft die Möglichkeit mit sich, nebenbei die Spül- oder Waschmaschine anzuwerfen. Viele schätzen außerdem die Ruhe, die sie in den eigenen (wenn kinderfreien) Wänden zum Arbeiten haben und geben an, sogar effektiver zu sein als im Büro.  

Fest steht auf jeden Fall, dass Arbeitgeber heute als modern und aufgeschlossen gelten, wenn sie Möglichkeiten wie das Arbeiten von zuhause aus anbieten. 

Doch das allein reicht nicht aus, um in die Liga der Top-Arbeitgeber aufzusteigen. 

Kaffee, Wasser und auch noch Wellness sollten schon vorhanden sein

Viele Menschen erwarten inzwischen praktische Dinge wie kos-tenlosen Kaffee und Wasser am Arbeitsplatz oder gar Wellness- Angebote. Ist das frech oder einfach nur der Wandel der Zeit? 

Der Grund liegt schlichtweg darin, dass früher die Arbeitgeber die Bedingungen diktierten, während das inzwischen die Arbeitnehmerinnen tun.

Über Jahrzehnte hinweg muss-ten schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und lange  Fahrtwege zur Arbeit einfach hingenommen werden. Es gab Arbeitskräfte im Überfluss und so konnten die Unternehmen die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt bestimmen und dabei sogar teilweise nach dem Motto „friss oder stirb“ agieren. 

Das Blatt hat sich gewandelt. Es häufen sich die Berufsgruppen, in denen es kaum noch verfügbares Fachpersonal gibt. Entsprechend können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Forderungen stellen, die viele Chefs bereitwillig eingehen, um Personal zu halten. 

Reicht es aus, wenn das Arbeiten „okay“ ist

Die abschließende Frage zum Monatsthema „Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus?“ soll aber sein, ob der Beruf tatsächlich der Traumjob, die Berufung oder die Erfüllung sein muss oder ob es ausreicht, dass die Arbeit „okay“ ist.

Natürlich ist es am schönsten, das Hobby zum Beruf zu machen oder seinen Traum leben zu können. Allerdings beschreibt beispielsweise das schweizer Magazin „talendo“, warum es in Ordnung ist, im Job keine Erfüllung zu finden. 

In dem Artikel wird provokant gefragt: „Was soll daran Versagen oder Resignation sein, wenn man täglich seinen Job gut und (einigermaßen) gerne macht, pünktlich nach Hause geht und sich seinem Leben widmet? Seit wann ist Zufriedenheit an eine steile Karriere gekoppelt? Warum soll jeder einen Sitz in irgendeinem Vorstand anstreben? Und kann überhaupt jeder Beruf auch Berufung sein?“

Würde etwas davon zutreffen, hätte die Mehrzahl der Berufsrätigen ein großes Problem, denn es können schließlich nicht alle die wenigen begehrten Jobs machen. 

Es ist schlussendlich einfach so, dass der Arbeit meist zu viel Stellenwert eingeräumt wird. Sie sollte aber gar nicht so wichtig genommen und stattdessen andere Interessen in den Fokus gerückt werden. Für die einen ist dies das Reisen, für andere die Zeit mit der Familie. Nur wenn all das ausgewogen ist, kann auch der Job in Zufriedenheit ausübt werden. 

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit über 25 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor über 23 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.