Esbeck. Darf Esbeck weiter träumen? Dies wird sich am Mittwoch, 27. März 2019, klären, wenn Martin Schubert, zu einer Informationrunde in die ehemalige Dorfschänke einlädt, und über die Vorraussetzungen einer freien Schule spricht.
Der Esbecker, selbst Lehrer einer freien-evangelischen Schule im Harz hatte die Idee dazu im Herbst des vergangenen Jahres losgetreten, in Folge dessen eine breite Elternschaft Interesse bekundeten.
Als Standort wird derzeit das ehemalige Grundschulgebäude im Ortskern diskutiert, welches seit knapp fünf Jahren leer steht. Das Gebäude gehört dem Landkreis. Landrat Gerhard Radeck sagte auf Anfrage unserer Zeitung, dass keine Pläne hinsichtliche einer Verwendung als Schule, dem Landkreis bekannt seien. Aktuell stehe das Gebäude für Notfälle, wie 2015, als das Schulgebäude als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden musste, zur Verfügung. Generell sei der Landkreis offen für sowohl Pacht-als auch Kaufangebote.
„Es geht nicht um Abstoßung“, stellte Dietrich Nelle vom Geschäftsbereich Hochbau und Gebäudemanagement des Landkreises in diesem Zusammenhang klar. Eine Nutzungsanfrage müsse zu den Gegebenheiten des Dorfes passen.
Dennoch ist der Leerstand nicht nur den Esbeckern ein Dorn im Auge. Auch der Landkreis sähe es gerne, wenn das Gebäude aus seinem Dornröschenschlaf erwachen würde.
Der Leerstand kommt dem Landkreis teuer: Rund 17.500 Euro wurden 2018 in das Gebäude investiert
Rund 17.500 Euro kostete die Instandhaltung des Komplexes ihren Träger. „Dabei sind Heizkosten gegen Frost, Strom, die Versicherung sowie die Abfallentsorgung und laufende Gebühren die größten Posten“, schlüsselte Nelle auf. Über 6.000 Euro seien dabei alleine in die Ausbesserung und die Reparatur von entstandenen Schäden, wie zerbrochenen Fensterscheiben, geflossen.
Der Betrag könnte Interessenten als Richtschnur dienen, wie viel Geld pro Jahr mindestens in die Betriebnahme fließen müsste. Nelle geht von geschätzten 25.000 Euro jährlichen Kosten aus. Die monatliche Pacht wird vom Landkreis separat erhoben.
Hinzu kommen nicht einzuschätzende Sanierungskosten, die auch von Nelle nicht zu beziffern sind. „Das Hauptgebäude an sich ist in Ordnung; die Wände und das Dach sind dicht, die Heizung sowie die Beleuchtung funktionierten.“ Wie viel seitens des Nutzers investiert werden müsse, hänge von den individuellen Ansprüchen ab.
Was plant die Stadt Schöningen?
Zumindest aus Richtung der Stadt Schöningen gibt es aktuell keinen Anspruch auf Nutzung. Schöningens Bürgermeister Henry Bäsecke bestätigte, dass es keine Überlegungen gebe, das ehemalige Schulgebäude in Esbeck schulisch zu nutzen. Die zur Verfügung stehenden schulischen Kapazitäten seien ausreichend. Bäseckes Stellvertreter Wolfgang Waldau betonte, um sich konkret zu den Plänen aus Esbeck zu äußern, fehle es an handfesten Informationen.
Martin Schubert selbst stellte klar, dass die Gründung einer freien Schule nicht vom Standort Esbeck abhängig sei. Auch wenn der Lehrer vorerst von der Nutzung eines Klassenraums ausgehe und somit auch die Sanierungskosten relativiert, kämen alternativ Gebäude in Hoiersdorf oder in Büddenstedt für eine Schulnutzung in Frage.
Generell wolle Schubert (noch) nichts Konkretisieren: Am Mittwoch, Start de Veranstaltung ist um 17 Uhr, gehe es einzig um das Konzept der freien Schule an sich. Sollte ein ernsthaftes Interesse an der Idee bestehen, stelle er sich und seine Erfahrungen einer engagierten Elternschaft zur Verfügung.
Mindestes fünf Eltern müssten sich finden, um das Projekt „freie Schule“ umsetzen zu können. Welche Schritte genau zu bearbeiten seien, werde ebenfalls am Mittwoch zum Informationsnachmittag geklärt.
Privat und unabhängig oder finanziell steuerbar: Was ist genau steht hinter der Begriffsbezeichnung „freie Schule“?
Prinzipiell ist die Entscheidung für oder gegen eine freie Schule unabhängig vom Fürspruch der Stadt. Immerhin stehen als Träger dieser Schulform die Eltern und nicht die Stadt in der Verantwortung. Die freien Träger – das können Privatpersonen, aber auch Vereine, Sozialwerke, Unternehmen, Organisationen und kirchliche Institutionen sein – sind für das Lehrpersonal wie für die konzeptionelle und finanzielle Gestaltung verantwortlich. Sprich: Es fallen Schulgebühren sowie die eigene finanzielle Pflicht, Schule und Schüler hinsichtlich Lehrmaterial, Ausstattung und Freizeitaktivitäten zu unterstützen. Hinzu kommt der Zeitaufwand; die Elternschaft ist beteiligt an der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten. Nicht selten fällt auch die Vorbereitungen an Unterrichtsmaterialien in den Aufgabenbereich der den Eltern. Im Gegenzug bestimmt der Träger (die Eltern) über das pädagogische Konzept (Umsetzung der Bildungsinhalte), auf den Lehrplan (früher Bildungskanon) kann hingegen keinen Einfluss genommen werden (diese unterstehen den Kultusministerien der Länder). Die Aufsicht einer Privatschule obliegt daher weiterhin dem Staat.
Wie hoch sind die Gebühren einer freien ( privat geführten) Schule?
Wie hoch die Gebühren einer freien Schule / Privatschule sind, hängt davon ab, ob es sich um eine Ersatzschule oder um eine Ergänzungsschule handelt. Ersteres bietet die gleichen Unterrichtsinhalte wie staatliche Schulen, ist aber in ihrer Wahl der Lehr- und Erziehungsmethoden unabhängig. Ersatzschulen erhalten Finanzhilfen vom Staat, wobei die Fördersätze je nach Bundesland und Schulform variieren können. Das von den Eltern geleistete Schulgeld kann sich zwischen 50 und mehreren hundert Euro pro Monat belaufen.
Eine Ergänzungsschule bietet Lehrinhalte, die staatliche Schulen nicht im Lehrplan haben. Als Beispiel dafür können Schauspielschulen oder Kochschulen dienen. Bei dieser Schulform ist das Schulgeld gänzlich privat zu leisten.
Jeder zehnte Schüler in Deutschland besucht aktuell bereits eine Privatschule – Tendenz steigend. Dabei ist der Anteil privater Grundschulen und Gymnasien am größten.
Sind Privatschulen besser als staatliche Schulen? Vor- und Nachteile einer freien Schule:
Immer mehr Eltern wünschen sich eine Mitbestimmung auf das Lehrkonzept und wählen daher für ihr Kind eine freie Schulform aus. Gründe für die Wahl einer Privatschule können auch alternative Lebenseinstellungen sein oder schlicht der Wunsch einer ortsnahen Beschulung. Für die Privatschulen spricht die Unterrichtsgarantie: Im Gegensatz zum Unterricht an staatlichen Schulen, der in der Kritik steht, aufgrund von Personalmangel zu oft auszufallen, wird der Lehrplan an Privatschulen ohne Ausfall bedient.
Bei der Pisa-Studie von 2009 schnitten freie Schulen zudem besser ab als ihr staatliches Pendant. Dies liegt aber eher am Bildungsideal der Schüler als an den Lehrkräften (Schüler einer Privatschule stammen weitaus häufiger aus bildungsnahen Familien).
Das Argument der Klassenstärke, welches besagt, dass Privatschulen kleinere Klassen vorweisen können, ist nicht belegt. Häufig ist die Anzahl der Schüler pro Klasse dieselbe wie an staatlichen Schulen. Im Bundesdurchschnitt lernt an Privatschulen nur ein Kind pro Klasse weniger (Quelle: www.netmoms.de).
Der Nachteil einer Privatschule liegt auf der Hand: freie Schulen kosten Geld und Zeit. Zudem ist eine gut funktionierende Elternschaft die Voraussetzung für den Erfolg der Schule. Wer sich mit den bestimmten Methoden nicht identifizieren kann, ist dort fehl am Platz. Die Leittragenden sind dann oft die Kinder, denn: eine Wiedereingliederung an eine staatliche Schule stellt für das betroffene Kind eine enorme Hürde dar. Ebenso wird auch der Wechsel einer privat geführten Grundschule auf eine staatliche weiterführende Schule als Herausforderung beschrieben.
Zudem stehen Privatschulen oft in der Kritik, käuflich zu sein. Freie Schulen in Deutschland werden auf amerikanische Verhältnisse reduziert, über die es heißt, schlechte Schüler könnten sich den Notenerfolg durch finanzielle Spenden der Eltern erkaufen.
Alle Fakten über Privatschulen gibt es hier.
Infonachmittag zur Gründung einer freien Schule (in Esbeck):
Mittwoch, 27. März, 17 Uhr, Dorfschänke Esbeck.
Katharina Loof, geboren 1980 in Nordrhein-Westfalen, begann ihre journalistische Tätigkeit im Kölner Raum, bevor sie 2010 nach Schöningen zog. Die dreifache Mutter mag Dorf-Klüngel und Pflastersteine auf vollen Marktplätzen. Am Lokaljournalismus schätzt die Esbeckerin die Nähe zum Menschen. Die Karnevalistin tritt gerne mal zu stark auf’s Gas: sowohl im Fahrzeug als auch bei der Freigabe der Autokorrektur.