Diesmal geht es um die Behauptung, dass der Spruch „Ich kann dich nicht riechen“ manchmal tatsächlich zutrifft. 

Manch einer hat schon einmal so eine Geschichte gehört: Ein frisch verliebtes Paar ist eigentlich total glücklich miteinander, beide können ihre Charakterzüge und Eigenarten gegenseitig gut leiden, aber irgendwas ist „nicht richtig“: Einer der Partner kann den Geruch des anderen nicht ertragen. Stimmt das wirklich oder ist das eine lasche Ausrede, warum die Beziehung so rasch in die Brüche geht? 

Auf menschenswetter.de heißt es in einem Artikel: „Wenn Liebespaare gegenseitig den natürliche Körperduft als angenehm empfinden, ist die Beziehung glücklich und stabil.“ Die Internetseite bezieht sich dabei auf eine kleine schwedische Studie. 

Dabei sei nicht nur das subjektive Urteil abgefragt, sondern auch die Körperreaktionen gemessen worden. „In stabilen Paarbeziehungen sank bei den Frauen der Stresslevel, wenn sie ein Duftprobe des Mannes schnuppern konnten“, schreibt menschenswetter.de dazu. Die Forscher hätten vermutet, dass dies durch das Vertrauen auf Unterstützung in schwierigen, stressauslösenden Situationen motiviert sei. Der durch den Duft als nah empfundene Partner vermittele Sicherheit. 

Die Internetseite spektrum.de führt dieses Phänomen auf Pheromone zurück. 

Botenstoffe schwirrten durch die Lüfte und könnten so manchen Kopf verwirren, heißt es dort. „Diese Pheromone kennen Wissenschaftler aus bestimmten Bereichen der Tierwelt schon lange: etwa bei den Lachsen, die sogar stromaufwärts schwimmen, um alljährlich zu ihren Laichplätzen zurückzugelangen“, schreibt spektrum.de und erklärt weiter: „Um eine solch bestimmende Wirkung auszuüben, müssen die heranfliegenden Duftmoleküle zunächst an ihre Andockstelle – spezifische Proteinstrukturen auf empfindlichen Nervenzellen – binden. Das angeregte Neuron leitet dann die Information an eine bestimmte Region im Gehirn weiter, das so genannte vomeronasale Organ. Dieser Bereich des olfaktorischen – also für das Riechen zuständige Gehirnteil – gilt seit langem als Spezialist in der Entdeckung ankommender Pheromone.“

Alle Sinne müssen angeregt sein, um sich zu mögen

Im Buch „Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt“ schreibt Autor Bas Kast unter anderem: „Nicht nur das Aussehen, sondern auch der Geruch eines Menschen entscheidet darüber mit, ob wir uns in den anderen verlieben oder nicht.“ In einer guten Partnerschaft müssten alle Sinne angeregt sein, statt nur einige wenige. 

Der Nachrichtensender n-tv berichtete 2017 auf seiner -Internetseite, dass Liebe durch die Nase gehe und kommt ebenso wie die bei spektrum.de dargestellten Forschungen auf das vomeronasale Organ zu sprechen. „Die richtige Körperchemie und der eigene Geruch sind absolute Voraussetzungen für die wahre Liebe“, heißt es wörtlich bei n-tv.de und weiter: „Wir haben 350 unterschiedliche Typen von Riechrezeptoren, mit denen wir etwa 10.000 Gerüche wahrnehmen, von denen wir wiederum gerade mal ein paar Dutzend unterscheiden können. Ein feines Rezeptorsystem für Körpersubstanzen, das so genannte vomeronasale Organ, hilft uns quasi dabei, den Geruch des anderen in uns aufzusaugen und dann zu entscheiden, ob aus der optischen Anziehung auch mehr werden kann.“

„Wir riechen besser als wir denken“

Auf styria.com wird zur Untermauerung der Thesen auf das Buch „Wir riechen besser als wir denken“ des Neurowissenschaftlers Johannes Frasnelli verwiesen. Auf die Frage „Warum können wir manche Menschen nicht riechen?“ antwortete Frasnelli: „Hier muss man sich Sender und Empfänger ansehen. Einerseits hat jeder Einzelne von uns seinen ganz eigenen Körpergeruch – nur eineiige Zwillinge haben denselben Geruch. Beim Empfänger gelangt die Duftinformation über die Nase ins Gehirn und wird dort in Regionen des Gehirns verarbeitet, die zum limbischen System gehören. Sie sind nicht nur fürs Riechen zuständig, sondern vor allem auch für Gefühle, Emotionen, Gedächtnis, Lernen und die Belohnung. Und das ist die Besonderheit des Geruchssinns. Das bedeutet, dass wir jedes Mal, wenn wir riechen, diese Regionen aktivieren. Wenn Gerüche mit starken Emotionen verbunden sind oder andersherum, wenn wir bei starken Emotionen einen Geruch wahrnehmen, dann kreiert unser Gehirn eine Verbindung zwischen beidem. Und das kann dann dazu führen, dass wir gewisse Menschen aufgrund ihres Körpergeruchs nicht mögen. Es kann sein, dass wir das gelernt haben. Es kann aber auch sein, aber das wissen wir noch nicht genau, dass da wirklich eine Inkompatibilität besteht zwischen Empfänger und Sender.“

Fazit: Redewendung stimmt

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die Nase und der Geruchssinn sehr sensibel sind. Daher stimmt der Ausspruch „Ich kann dich nicht riechen“ manchmal nicht nur im übertragenen Sinn („Ich kann dich nicht leiden“), sondern eben auch im wahrsten Sinne des Wortes. 

Chefredakteurin at Helmstedter Sonntag | + posts

Katja Weber-Diedrich, geboren 1976 in Helmstedt, ist seit fast 30 Jahren Lokaljournalistin durch und durch. Der Legende nach tippte die ehrenamtlich Engagierte vor 25 Jahren den ersten HELMSTEDTER SONNTAG an einer Bierzeltgarnitur. Sowohl die Tiefen der deutschen Grammatik als auch die Wirren der Helmstedter Politik sind der Chefredakteurin nicht fremd; ihr Markenzeichen sind ehrliche Kommentare und Hartnäckigkeit.