Diesmal geht es um die Behauptung: „Der Vollmond sorgt bei vielen Menschen für schlaflose Nächte“.
Am Donnerstag war es gerade wieder soweit: Der Mond hatte seine volle Größe erreicht und schien in seiner ganzen Pracht am nächtlichen Himmel. Viele Menschen klagen in den Tagen vor und während des Vollmonds über Schlaflosigkeit, innere Unruhe oder geben andere „Nebenwirkungen“ an, die sie auf den Vollmond zurück führen.
Die Meere zeigen zudem durch die Gezeiten, dass der Mond Einfluss auf sie hat. Aber ist es wirklich so, dass die Mondphasen auch das Befinden der Lebewesen beeinflussen?
Faszination seit der Antike
Die Menschheit ist seit jeher fasziniert von den Mondphasen und der Astronomie insgesamt. Beispielsweise besaßen die Maya, die indianischen Ureinwohner einiger Teile Mexikos, eine enorm weitreichende astronomische Erfahrung. Sie entwickelten ein sehr komplexes Verständnis für die Astronomie – ihr Wissensstand während der Blütezeit ihrer Kultur um 500 nach Christus übertraf zu diesem Zeitpunkt den in Europa um ein Vielfaches.
Unter anderem glaubten die Maya an eine Verbindung zwischen dem Menschen, seinem Werk und dem Kosmos. Sie verehrten die Sonne, Venus und den Mond als Gottheiten, welche von den Priestern genau beobachtet und studiert wurden.
Heute ist klar: Aufgrund seiner Masse und Gravitation sorgt der Mond für die Gezeiten. Er zieht das Wasser der Meere unterschiedlich stark an, heißt es auf www.vollmond-heute.de. Das hänge von der jeweiligen Position des Mondes ab. Sind diese Kräfte hoch, wölbt sich der Meeresspiegel, was als Flut wahrgenommen wird. Lassen die Kräfte nach, fällt das Wasser zurück und es ist Ebbe.
Die Mondphasen beeinflussen Menschheit und Natur
Daraus wird eine logische Schlussfolgerung gezogen: „Der einzige natürliche Satellit der Erde beeinflusst mit seinen Mondphasen die Menschheit ebenso wie die Natur. Der Biorhythmus richtet sich nach dem Erdtrabanten, genau wie die Gezeiten.“
Dennoch: Wissenschaftler tun die Empfindung, bei Vollmond schlechter schlafen zu können, als menschlichen Aberglauben ab. Das soll daran liegen, dass das menschliche Bewusstsein gern Beziehungen zwischen sichtbaren Dingen herstellt.
Soll heißen: Wer sich schlaflos im Bett herum wälzt und beim Blick aus dem Fenster einen vollen Mond erspäht, führt die Schlaflosigkeit auf den Himmelskörper zurück. An andere schlaflose Nächte hingegen, in denen kein Mond scheint, erinnert sich der Mensch schlichtweg nicht.
Anders als Wissenschaftler sehen es hingegen Naturheilpraktiker. Die Carstens-Stiftung Natur und Medizin beispielsweise schreibt online: „Von der Wissenschaft als Mythos abgetan, ist ein gestörter Schlaf bei Vollmond für viele Menschen Realität.“ Laut Stiftung haben Schweizer Chronobiologen verschiedene frühere Studien unter dem Aspekt der Mondphasen ausgewertet und daraus neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Mondphasen und Schlafproblemen erschlossen.
Im Verlauf der zur Hand genommenen Studien spielten nicht nur die Schlafstruktur und die per EEG gemessenen Aktivitäten während der Non-REM-Schlafphase, eines der menschlichen Schlafstadien, eine Rolle, sondern auch der aktuelle Hormonstatus der Testpersonen.
Unter www.carstens-stiftung.de heißt es: „Die Wissenschaftler werteten die Daten von 17 gesunden Probanden jüngeren Alters und 16 gesunden älteren Probanden aus, die während der Zeit, die sie im Schlaflabor verbrachten, über die Uhrzeit, die Lichtverhältnisse außerhalb des Labors und die aktuelle Mondphase im Unklaren gelassen wurden.“
Ein Ergebnis war, dass die Probanden während der Vollmondphasen im Mittel um 20 Minuten kürzer schliefen, fünf Minuten länger bis zum Einschlafen benötigten und die Tiefschlafphasen um etwa ein Drittel laut EEG-Messung gemindert worden waren. Auch die Ausschüttung des Hormons Melatonin war bei Vollmond um etwa die Hälfte reduziert. Die Teilnehmer selbst schätzten ihre Schlafqualität in der Vollmondphase als schlechter ein.
Allerdings wurde auch dieses Ergebnis direkt wieder differenziert. Die Ergebnisse bewiesen nichts, räumt Schlafforscher Christian Cajochen beim Bayerischen Rundfunk (BR) ein: Die Studie habe erhebliche Schwächen. Vor allem, weil der Schlafforscher nicht ausschließen könne, dass der eine oder andere Proband vor dem Einschluss ins Labor nicht doch noch einen Blick auf den nahenden Vollmond geworfen habe.
Wie bei einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung könnten sie deshalb schlecht geschlafen haben. Dreieinhalb Tage im Schlaflabor seien viel zu kurz, um einen Monatsrhytmus zu dokumentieren, man müsste die Versuchspersonen mindestens vier Wochen untersuchen, besser noch sechs Wochen.
Beeinflusst der Mond auch das Pflanzenwachstum?
Und was ist dran an den Ratschlägen in Mondkalendern? Beeinflusst der Himmelskörper Flora und Fauna tatsächlich und begünstigt er womöglich sogar Verbrechen?
Augenscheinlich richten Flora und Fauna ihren Lebensrhythmus nach dem Mond aus. Beispielsweise bleiben manche Feldmäuse bei Vollmond nachts in ihren Löchern. Das muss aber keineswegs auf „geheimnisvolle Kräfte“ zurückgeführt werden, sondern auf gesunden Mäuseverstand: Denn in einer helleren Nacht sind die Nager von ihren Jägern natürlich besser zu sehen. Daher verstecken sie sich und warten, bis es wieder richtig dunkel ist.
Frisch gesäte Pflanzen indes können unter der Erde gar nicht „sehen“ in welcher Phase der Mond am Nachthimmel steht, sodass ein Einfluss auf das Pflanzenwachstum ebenfalls wissenschaftlich ausgeschlossen wird.
Untersucht wurde beispielsweise auch, ob es bei Vollmond mehr Geburten gibt als „gewöhnlich“. Der BR berichtet vom Soziologen Edgar Wunder, der bei seinen Recherchen immer wieder Krankenschwestern getroffen habe, die das behauptet haben. „Doch nur eine Einzige war bereit, mit ihm die Daten statistisch auszuwerten. Auch wenn die Krankenschwester felsenfest daran geglaubt hatte, eine Häufung bei Vollmond beobachtet zu haben, so gab es keinen Zusammenhang zwischen Mond-phasen und Geburten. Wenige, selektiv wahrgenommene Einzelfälle hatten das Gesamtbild verfälscht“, schreibt der BR online.
Schließlich hat ein amerikanisches Forschertrio 37 Studien ausgewertet, um herauszufinden, ob es in Vollmondnächten mehr Verbrechen gibt. Ivan Kelly, James Rotton und Roger Culver fanden heraus, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Mondphasen und menschlichem Verhalten gibt. Dies veröffentlichten sie in ihrem passend benannten Aufsatz „The moon was full and nothing happened“.