Diesmal geht es um die Behauptung, dass sich Gegensätze anziehen.

von Katharina Loof

Gegensätze ziehen sich an, so behauptet es zumindest der Volksmund. Aber ist das wirklich so oder gilt in der Liebe vielmehr das Sprichwort „Gleich und gleich gesellt sich gerne“?
Sie ein Sportmuffel, er ein Triathlet; sie ist gesellig, er zappt in seiner Freizeit am liebsten durch das Fernsehprogramm; er ist pragmatisch, sie ein Genussmensch, kulturell interessiert und belesen, während er höchstens zum Sportmagazin greift… Sie mag Katzen, er ist ein Hundefreund. Kann so eine Konstellation gut gehen? Oder: Wie viel Kompromisse verträgt eine Liebe? So wie Menschen unterschiedliche Vorlieben haben und entsprechend verschiedene Bedürfnisse befriedigt haben müssen, um sich glücklich zu fühlen, so gibt es auch auf die Frage, ob sich charakterliche Gegensätze in Beziehungen eher anziehen oder abstoßen, konträre Aussagen: Emotional gesehen, werden in dem Gegenüber anfangs immer die Eigenschaften gesucht, die einem selbst zu fehlen scheinen. Getreu dem Ausspruch „Du vervollständigst mich“, mit dem Tom Cruise alias Jerry Maguire seine Frau um einen Neubeginn bittet, wird die Partnersuche psychologisch als „Komplettierung seiner selbst“ gewertet. Wissenschaftlich gesehen, haben Paare, die durch die gleichen Vorlieben, Ideale und Charakterzüge hervorstechen, allerdings die besseren Aussichten auf eine langfristige Beziehung. Da weiß man, was man hat und böse Überraschungen sind nicht zu befürchten. Stattdessen gründet eine Partnerschaft, die auf sich gleichenden Ausgangspunkten ruht, einen verlässlichen Nährboden für Harmonie und Einklang. Einziger Nachteil an einer solchen Konstellation: Ohne Spannungen wird es mit der Zeit langweilig.

Gegensätze sind interessant, aber nur von kurzer Dauer

Was stimmt nun also: Gleich und gleich gesellt sich gerne? Oder ziehen sich Gegensätze eher an?
Wissenschaftler der tschechischen Karls-Universität befragten vor einigen Jahren 130 Probanden nach ihren Vorstellungen über den perfekten Partner und zeigten ihnen zudem Bilder von Personen, die sie nach ihrer Attraktivität einzuordnen hatten. Dabei wurden jedoch einige Bilder so manipuliert, dass sie optisch den Befragten ähnlich sahen. Im Ergebnis bewerten die Probanden, die ohne Partner waren, Personen eher als attraktiv, die ihnen selbst unähnlich waren. Die Probanden allerdings, die sich in einer Beziehung befanden, wählten diejenigen Bilder aus, die ihnen am ähnlichsten waren.

Gleichheit vermittelt Stabilität

Daraus schlussfolgerten die Wissenschaftler, dass sich die Bedürfnisse im Laufe einer Beziehung ändern. Während zu Beginn nach Partnern als „Gegenpol“ gesucht werde, um unterbewusst sicherzustellen, dass „der gemeinsame Nachwuchs von verschiedenen Gen-Kombinationen profitiert“, wächst das Bedürfnis während einer Beziehung nach Stabilität, weshalb Ähnlichkeiten favorisiert werden.
Gegensätze seien also nur für eine kurze Zeit attraktiv, so das Ergebnis.
Dr. Stefan Woinoff, Psychotherapeut und Beziehungsexperte beim Datingportal Zweisam.de, erklärt, dass Beziehungen sowohl Harmonie als auch Gegensätze bräuchten, um langfristig als befriedigend empfunden zu werden. Er unterscheidet insgesamt vier Persönlichkeitstypen: Den Grenzen-Sprengenden, der stets das Neue und Unbekannte suche; den Ordnend-Kontrollierten, der strukturiert und zuverlässig die Stabilität bevorzuge; den Nähe-Suchenden und den Distanzierten. Innerhalb dieser vier Charaktermerkmale sei Gegensätzliches durchaus vom Vorteil, weil es Spannung bringe. Und dies, sowie auch eine oftmals eher negativ bewertete Reibung, bringe Bewegung in die Beziehung und sorge dafür, dass sich beide Partner weiterentwickeln könnten, sofern sie das Gegensätzliche am anderen respektieren und schätzen könnten. „Langfristiges Glück ist nur durch Arbeit an der Partnerschaft möglich“, resümiert Woinoff.
Gleichzeitig aber sei eine Beziehung erfolgreicher, wenn die Partner aus dem „gleichen Milieu“ stammten. Für eine stabile Partnerschaft sei es wichtig, die gleichen Werte-Vorstellungen zu teilen. Auch die Lebensentwürfe dürften sich nicht zu stark voneinander entscheiden, ebenso die Vorstellung von Freizeit, Geschmack und Kultur. Entsprechend sei ein ähnlicher intellektueller Hintergrund wichtig, damit beide Partner auf Augenhöhe miteinander agieren könnten.

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Katharina Loof, geboren 1980 in Nordrhein-Westfalen, begann ihre journalistische Tätigkeit im Kölner Raum, bevor sie 2010 nach Schöningen zog. Die dreifache Mutter mag Dorf-Klüngel und Pflastersteine auf vollen Marktplätzen. Am Lokaljournalismus schätzt die Esbeckerin die Nähe zum Menschen. Die Karnevalistin tritt gerne mal zu stark auf’s Gas: sowohl im Fahrzeug als auch bei der Freigabe der Autokorrektur.